Abgesägte Holzstämme, die auf einen Haufen gestapelt sind.
Die Nachfrage nach Holz als Rohstoff liegt weit über den Möglichkeiten der Wälder. Bildrechte: Susanne Winter/WWF

Holzverbrauch Unser Hunger nach Holz entwaldet den Planeten

03. April 2024, 10:19 Uhr

Ob zum Bauen, zum Heizen oder für Verpackungen: Holz gilt als nachhaltiger, klimaverträglicher Rohstoff und wird deshalb immer beliebter. Unser Hunger nach immer mehr Holz überfordert aber offenbar die Wälder unseres Planeten. Eine Studie der Universität Kassel und der Umweltschutzorganisation WWF belegt jetzt, dass der weltweite Holzverbrauch die nachhaltige Erntemenge deutlich übersteigt. Und die Deutschen verbrauchen ganz besonders viel Holz.

Der Rohstoff Holz ist einer der großen Hoffnungsträger in Sachen Klimaschutz. Nicht nur, weil Wälder das Kohlenstoffdioxid binden, sondern vor allem, weil die Industrie Holz recht einfach als Ersatzstoff nutzen kann – zum Beispiel für den Bau von Häusern, für Plastik in Verpackungen oder für Kohle und Gas beim Heizen. Holz als das Allheilmittel in Sachen Nachhaltigkeit. Doch offenbar ist das überhaupt nicht nachhaltig: Eine aktuelle Untersuchung von WWF Deutschland und der Universität Kassel zeigt nämlich, dass schon jetzt viel zu viel Holz verbraucht wird. Weder in Deutschland noch weltweit gebe es ausreichend Holz, um die riesige Nachfrage nachhaltig zu decken. Das Ergebnis: Die globalen Waldbestände werden weniger.

Mehr Holznutzung, als verträglich wäre

Damit der Wald und die Biodiversität darin nicht geschädigt werden, dürften pro Jahr etwa 3 bis 4,2 Milliarden Kubikmeter Holz geschlagen werden, so das Forschungsteam. Tatsächlich seien es aber bis zu zwei Milliarden Kubikmeter Holz pro Jahr mehr. Im Jahr 2020 etwa seien weltweit 4,3 bis 5 Milliarden Kubikmeter geschlagen worden. Zum Vergleich: Die zwei Milliarden Kubikmeter zu viel entsprechen etwa der Hälfte aller Waldbäume in Deutschland. Das Forschungsteam hat diese Werte erhoben, indem es Satellitenbilder, Handelsströme sowie nationale und globale Verbrauchs- und Waldstatistiken analysiert hat. Das heißt auch, dass der illegale Holzeinschlag noch hinzukommt.

Momentan nutzt die Industrie den Wald, als gäbe es kein Morgen. Wenn wir Klimakrise und Artensterben stoppen wollen, brauchen wir jetzt eine Trendwende in der Art wie wir unsere Wälder behandeln.

Dr. Susanne Winter, WWF

In Deutschland ist die Nachfrage nach Holz ganz besonders groß, erklärt das Forschungsteam. Demnach verbrauchen die Deutschen rund 1,2 Kubikmeter Holz pro Kopf und damit mehr als doppelt so viel wie der weltweite Durchschnitt. Der liegt der Analyse zufolge bei 0,5 Kubikmeter Holz.

Wald-Killer Energiegewinnung

Um die Waldbestände zu schützen und die "Entwaldung" des Planeten zu stoppen, fordert der WWF die Politik zum Handeln auf. Der Holzverbrauch muss sinken, mahnt die Naturschutzorganisation an und Holz dürfe nicht automatisch als nachhaltig gelten.

Besonders die energetische Nutzung von Holz, also zum Heizen und zur Energieerzeugung, frisst ein massives Loch in die Waldbestände.

Dr. Susanne Winter, WWF

Das gelte besonders für die energetische Nutzung – also etwa für Holz als Energieträger, der verheizt wird, um Wärme zu gewinnen. Das fresse ein massives Loch in die Waldbestände, sagt Dr. Susanne Winter vom WWF. Die energetische Nutzung von Holz sollte deshalb auch in der EU-Tanonomie nicht als nachhaltig eingestuft werden. Denn dadurch werde Holz als Energieträger noch attraktiver für die Finanzmärkte. Dabei gibt es der Analyse zufolge gar nicht genug Holz auf der Welt, um den weltweiten Energiebedarf zu decken. Für ein einziges Jahr müssten dafür nämlich fast alle Wälder der Welt abgeholzt werden. "Es ist ein Teufelskreis, der die unersetzlichen Wälder weiter zerstört", sagt Winter.

Holzernte im Thüringer Wald
Auch im Thüringer Wald wird intensiv Forstwirtschaft betrieben. Bildrechte: imago/VIADATA

Forschende für Kreislaufwirtschaft und Monitoring

Das Forschungsteam kommt in seiner Analyse zu dem Schluss, dass es beim Umgang mit Holz ein Umdenken geben muss, um die globalen Wälder nicht zu zerstören. "Der Wald ist keine Holzfabrik, er ist unsere Lebensgrundlage", sagt Winter und ergänzt: "Die Studie zeigt, wie dringend wir eine Diskussion in Politik und Gesellschaft über die sinnvollste Verwendung von Holz brauchen. Schädliche Subventionen für die energetische Nutzung von Holz, wie das Erneuerbare-Energien-Gesetz, gehören überdacht."

Statt Holz im Kraftwerk oder Kamin zu verfeuern, sollte es kreislauf- und kaskadenartig genutzt werden, regen die Forscherinnen und Forscher an. Dann würde es zunächst für langlebige Zwecke eingesetzt. Denn zum Beispiel als Ersatz für den klimaschädlichen Beton im Baugewerbe sieht das Team durchaus Potential im Rohstoff Holz. Doch damit das funktioniert, müsse zunächst die Bundesregierung einen gesetzlichen Rahmen für mehr Kreislaufwirtschaft schaffen, so Winter.

"Holz kann der Rohstoff der Zukunft sein. Aber um ihn nicht zu übernutzen, müssen wir die Verschwendung beenden, die wir durch unsere Geschäftsmodelle, Anreizsysteme und soziale Normen betreiben", ergänzt Dr. Meghan Beck-O´Brien vom Center for Environmental Systems Research der Universität Kassel. Die aktuelle Analyse liefere den Anlass, unseren Lebensstil, den Zustand der Wälder und den Klimawandel in einem sich gegenseitig beeinflussenden Kontext zu betrachten. Dafür schlägt das Forschungsteam ein Monitoring vor. So könne man den Zustand der Wälder und die Art und Menge des Holzkonsums genau beobachten. "Die Menge macht's, auch bei unserem Holzkonsum", sagt Beck-O´Brien. Mit wachsender Weltbevölkerung werde aber auch der Holzbedarf weiter steigen und deshalb müsse der Mensch darauf achten, dass die unersättliche Nachfrage nicht zu einer "gravierenderen Übernutzung" der Wälder führe.

Links/Studien

Hier lesen Sie eine Deutsche Kurzfassung der Studie "Everything from Wood – The resource of the future or the next crisis?".

(kie)

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