Moderne Hochhäuser mit begrünten Fassaden
Bildrechte: MDR / Skidmore, Owings & Merill, Miysis

Smarter bauen Hochhäuser, die gut fürs Klima sind

07. April 2022, 16:24 Uhr

Die Baubranche boomt – vor allem in den Städten. Eine schlechte Nachricht fürs Klima, denn Zement und Stahl, die beiden Top-Baumaterialien, sind extrem emissionsreich. Aber: Die Forscherinnen und Forscher sind dran! Und überbieten sich derzeit mit Visionen. Vielleicht haben wir also bald Hochhäuser, die nicht nur eine gute CO2-Bilanz haben, sondern sogar aktiv Emissionen aus der Luft entfernen.

Acht Prozent der globalen CO2-Emissionen sind alleine auf Zement zurückzuführen. Das ist gewaltig: Wäre die Zementindustrie ein Staat, wäre es die Nation mit dem dritthöchsten CO2-Ausstoß. Und Deutschland hat daran einen erheblichen Anteil: Alleine im vergangenen Jahr 2020 haben wir über 30 Millionen Tonnen Zement verbraucht. Und das ist gleich in zweifacher Hinsicht ein Klimakiller: Bevor Zement auf einer Baustelle genutzt werden kann, muss er gebrannt werden – bei etwa 1.450 Grad Celsius. Ein energieintensiver Vorgang! Und bei diesem Vorgang wird Kohlendioxid aus dem Kalkanteil des Zements freigesetzt – was die CO2-Bilanz des Zements weiter verschlechtert.

Alternativen müssen also her! Besonders in unseren Städten, denn schon jetzt lebt hier über Hälfte der Weltbevölkerung – Tendenz steigend. 25 internationale Megastädte haben sich vorgenommen, bis 2050 CO2-neutral zu werden. Der Druck, etwas zu verändern ist also da. Der naheliegendste Gedanke: Baumaterialien verwenden, die weniger CO2-intensiv sind.


Holz hat eine negative CO2-Bilanz

Das Forschungsprojekt "Carbon Counts“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, auszurechnen, welchen CO2-Fußabdruck bestimmte Baumaterialien haben. Beton liegt bei 550 kg pro m³ Material, Aluminium sogar bei 25 650 kg. Aber es gibt auch Baumaterialien mit einer negativen CO2-Bilanz, beispielsweise Holz. Ein Kubikmeter Sperrholz hat die verblüffende CO2-Bilanz von Minus 600 kg. Das liegt daran, dass der entsprechende Baum vor seiner industriellen Nutzung circa 40 Jahre gewachsen ist – und dabei kontinuierlich CO2 aufgenommen hat.


Holzhochhäuser gibt es schon

Dass man auch mit Holz sehr hoch und sehr stabil bauen kann, beweisen Holzhochhäuser auf der ganzen Welt. Und auch Mitteldeutschland hat sein eigenes Holzhochhaus: In Leipzig steht seit 2017 ein fünfgeschossiges Hochhaus aus dem nachwachsenden Material.

Im internationalen Vergleich ist das natürlich recht unspektakulär. Fünf Stockwerke sind quasi nichts – gegen das 18-geschossige Holzhochhaus "Mjøstårnet" in Norwegen oder den 84 Meter hohen Holz-Wolkenkratzer "Hoho“ in der Wiener Seestadt. Zwei Projekte, die beweisen: Mit Holz lässt sich stabil bauen – auch in die Höhe.


Gebäude könnten wie Bäume funktionieren

Holz als Baumaterial ist eine mögliche Voraussetzung für CO2-neutrales Bauen. Einige Architekten und Architektinnen gehen nun sogar noch weiter: Ihr Hochhaus ist nicht nur CO2-neutral, sondern reduziert sogar aktiv Emissionen, behauptet das Architektur- und Designbüro Skidmore, Owings & Merill. Die Idee: Was, wenn Gebäude wie Bäume funktionieren könnten – und CO2 aufnehmen?


Graue Infrastruktur wird grüne Wand

Skizze eines Hochhauses, Pfeile zeigen, wie CO2 aus der Luft absorbiert wird.
Bildrechte: Skidmore, Owings & Merill, Miysis

Der Prototyp ihres Projekts mit dem Namen "Urban Sequoia“ soll jährlich 1.000 Tonnen CO2 aufnehmen – äquivalent zu 48.500 Bäumen. Ein ehrgeiziges Ziel! Um das zu erreichen, wird zum einen mit lokalen und CO2-ärmeren Materialien wie Holz, Bio-Ziegeln und Hanfbeton gebaut. Zum anderen soll das "Urban Sequoia“-Hochhaus, wenn es einmal steht, nebenbei als Biomasse-Kraftwerk arbeiten. Indem die Gebäudefassaden mit Algen und anderen Pflanzen begrünt werden, soll "graue Infrastruktur“ in eine grüne Wand verwandelt werden. Außerdem soll das Gebäude mit CO2-Filtern ausgestattet werden, die das Gas anschließend an die Industrie abführen.


Das können wir aus dem Projekt lernen

Alle Technologien, die die Architekt*innen für ihr CO2-neutrales Hochhaus verwenden, existieren bereits. Sie wurden nur noch nie in einem Hochhaus kombiniert. Und genau diese Kreativität ist nötig, wenn das Leben in unseren Städten auch in 50 Jahren noch lebenswert sein soll – trotz Klimawandel. Wenn Städte künftig stärker auf ihre Emissionswerte achten müssen, werden Projekte wie das CO2-negative Hochhaus reizvoller – und bekommen möglicherweise dann auch leichter die nötige Finanzierung. Denn daran hapert es bislang noch: Um aus der Idee einen entsprechenden Prototypen zu bauen, braucht es Investitionen –  so das Statement des Architekturbüros.

iz

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