Bewaffnung des Weltalls Plant Russland, nukleare Anti-Satellitenwaffen im All zu platzieren?

06. Mai 2024, 17:48 Uhr

Die USA fürchten, dass Russland nukleare Anti-Satellitenwaffen für den Weltraum entwickelt. Ein russisches Veto bei dem UN-Sicherheitsrat verstärkte die amerikanische Angst vor einer Atomdetonation in der erdnahen Umlaufbahn.

Porträtfoto von Patrick Klapetz
Bildrechte: privat

Die Regierung der USA zeigt sich zunehmend besorgt, dass Russland nukleare Anti-Satellitenwaffen (Asat) entwickelt und im Weltall positioniert. Am 24. April 2024 beriet der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen über eine Resolution gegen die Stationierung von nuklearen Waffen im Weltall. Russland stimmte als einziges Land gegen diese Resolution und legte damit ein Veto ein. 

Asat-Waffen: Atomare Detonationen im All gegen Satelliten

Japan und die Vereinigten Staaten hatten die Resolution als Reaktion auf Berichte aus dem Februar 2024 ausgearbeitet. Darin war die Rede von der Entwicklung einer nuklearen Anti-Satellitenwaffe (Asat) durch Russland. Eine Asat-Waffe könnte einen großen Teil der Satelliten in der erdnahen Umlaufbahn beschädigen oder zerstören und die Sicherheit der Astronauten gefährden. 

Mittlerweile hat auch der stellvertretenden Verteidigungsminister für Weltraumpolitik, John Plumb, in einem Bericht vom 1. Mai 2024 vor dem Ausschuss für bewaffnete Dienste des Repräsentantenhauses eine Einschätzung zur Situation abgegeben.

ein Panzer wird auf Zug verladen 44 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Nuklearexplosion könnte erdnahen Orbit für rund ein Jahr blockieren

"Mehrere Analysten sind überzeugt, dass eine Detonation im Weltraum in der richtigen Größenordnung und am richtigen Ort den erdnahen Orbit für eine gewisse Zeit unbrauchbar machen könnte", erklärte Plumb am Mittwoch (1. Mai 2024) bei einer Anhörung im Repräsentantenhaus. Die Detonation einer russischen Nuklearwaffe im Weltraum könnte den erdnahen Orbit schätzungsweise für ein Jahr blockieren.

Putin 5 min
Bildrechte: picture alliance/dpa/TASS | Sergei Bobylev

In dem Bericht werden russische Cyberangriffe auf kommerzielle Satellitenkommunikationsnetze erwähnt. Zudem heißt es, dass Russland auch eine Anti-Satelliten-Fähigkeit im Kontext eines neuen Satelliten, der einen nuklearen Sprengsatz trägt, entwickelt. Laut US-Beamten wurde eine solche Waffe von Russland bisher nicht eingesetzt. Die Regierung in Moskau dementiert die Vorwürfe, dass sie an einer solchen Waffe arbeitet.

Die Resolution gegen Atomwaffen im Weltraum

Die Resolution wies die Mitglieder an, Artikel 4 des Weltraumvertrags einzuhalten. Dieser verbietet es Ländern, Atomwaffen in der Umlaufbahn oder auf Himmelskörpern zu platzieren. Außerdem werden die Länder aufgefordert, keine Atomwaffen oder andere Massenvernichtungswaffen zu entwickeln, die speziell für die Platzierung im Weltraum bestimmt sind.

Atomwaffen-Test Bikini Atoll
Atomwaffen-Test Bikini Atoll. Die genauen Auswirkungen im Weltall können nur berechnet werden. Bildrechte: IMAGO/Heritage Images

Noch vor der Abstimmung erklärte Linda Thomas-Greenfield, die US-Botschafterin bei der UNO, dass unter anderem "angesichts der schwerwiegenden Folgen für die langfristige Nachhaltigkeit des Weltraums", die "heute vorliegende Resolution nicht umstritten sein" sollte.

Doch es kam anders. Zwar stimmten dreizehn Mitglieder des Sicherheitsrates für die Resolution und China enthielt, sich – doch dadurch, dass Russland gegen die Resolution stimmte, wurde die Annahme verhindert.

Russland: Wettrüsten im Weltraum verhindern

Der russische Botschafter bei der UNO, Wassili Nebenzya, wies die Resolution während der Debatte im Sicherheitsrat als "skrupelloses Spiel" der Vereinigten Staaten und Japans zurück.

"Der Versuch, Russland als einen Akteur darzustellen, der kein Interesse daran hat, ein Wettrüsten im Weltraum (PAROS) zu verhindern und der sich nicht an die entsprechenden Verpflichtungen aus internationalen Verträgen hält, ist völlig absurd", so Nebenzya.

Gegenvorschlag aus Russland und China: Keine Waffen im Weltraum

Stattdessen schlugen Russland und China eine Änderung der Resolution vor. Sie wollen, dass Waffen jeglicher Art im Weltraum verboten werden. Beide Länder setzen sich bereits seit Jahren für einen solchen Vertrag ein.

Die Vereinigten Staaten und viele andere westliche Länder lehnen diesen Ansatz wegen Fragen des Geltungsbereichs – er würde keine bodengestützten Anti-Satellitenwaffen umfassen – und der Verifikation ab. Der Änderungsantrag wurde mit sieben Ja-Stimmen, sieben Nein-Stimmen und der Enthaltung der Schweiz abgelehnt.

Schlagabtausch zwischen USA und Russland

Nachdem Russland gegen die Resolution gestimmt hat, kritisierte Thomas-Greenfield die russische Regierung dafür scharf: "Präsident Putin hat selbst öffentlich erklärt, dass Russland nicht vorhat, Atomwaffen im Weltraum zu stationieren." Nach der Sitzung bekräftigte auch der nationale US-Sicherheitsberaters Jake Sullivan die Aussagen von Thomas-Greenfield in einem Bericht vom Weißen Haus.

Wolke nach Test der ersten sowjetischen Atombombe der UdSSR 1949
Wolke nach Test der ersten sowjetischen Atombombe der UdSSR 1949 Bildrechte: IMAGO / ITAR-TASS

Für Thomas-Greenfield wirft das Veto viele Fragen auf: "Warum sollten Sie, wenn Sie sich an die Regeln halten, eine Resolution nicht unterstützen, die diese bekräftigt? Was haben Sie möglicherweise zu verbergen? Es ist verwirrend. Und es ist eine Schande."

Nebenzya argumentierte nach der Abstimmung, dass der Sicherheitsrat nicht das geeignete Forum für die Erörterung von Fragen der Weltraumsicherheit sei: "Die Diskussion über Fragen der Weltraumsicherheit und die getroffenen Entscheidungen sollten umfassend sein, alle UN-Mitglieder einbeziehen und sich darauf konzentrieren, die Gefahr eines Wettrüstens im Weltraum und das Entstehen bewaffneter Konflikte dort zu beseitigen."

Keine Fortschritte bei Fragen zur Weltraum-Sicherheit

Jedoch blockiert Russland auch in anderen UN-Gremien die Fortschritte bei der Weltraumsicherheit. Eine durch eine Resolution der UN-Generalversammlung eingerichtete offene Arbeitsgruppe zur Verringerung von Bedrohungen aus dem Weltraum trat in den Jahren 2022 und 2023 viermal zusammen.

Bei allen Treffen ging es um die Entwicklung von Normen und Regeln für ein verantwortungsbewusstes Verhalten im Weltraum. Durch den russischen Widerstand konnte letztendlich kein abschließender Konsensbericht vorgelegt werden.

China für friedliche Nutzung des Weltraums

Abseits davon spricht sich jedoch die Volksrepublik China für die friedliche Nutzung des Weltraums aus. In einer Stellungnahme für den UN-Ausschuss Copuos (Committee on the Peaceful Uses of Outer Space) erst im März 2024 ging es vor allem um Weltraumressourcen. Ein positiver Schritt nach vorn, den man bei den Vereinten Nationen seitens Russland weniger sieht.

In einer gemeinsamen Erklärung nach der UN-Abstimmung vom 24. April erklärten die USA und Japan, dass sie "unglaublich enttäuscht" über das Ergebnis seien. "Die heutige Abstimmung stellt eine verpasste Gelegenheit dar, das dringend benötigte Vertrauen in die bestehenden Rüstungskontrollverpflichtungen wiederherzustellen. Jetzt beginnt die Arbeit, dieses Unrecht zu korrigieren." In der Erklärung wurden keine näheren Angaben zu künftigen Plänen gemacht.

Links

Erklärung von John F. Plumb vom 1. Mai 2024 vor dem Ausschuss für bewaffnete Dienste des Repräsentantenhauses.

Bericht vom Weißen Haus vom 24. April 2024: Statement from National Security Advisor Jake Sullivan on Russia’s Veto of the UN Security Council Resolution on the Outer Space Treaty (Erklärung des nationalen Sicherheitsberaters Jake Sullivan zum Veto Russlands gegen die Resolution des UN-Sicherheitsrats zum Weltraumvertrag).

Spacenews-Bericht vom 15. Februar 2024: White House confirms it has intelligence on Russia’s anti-satellite weapon, but says no immediate threat (Weißes Haus bestätigt, dass es Informationen über Russlands Satellitenabwehrwaffe hat, sagt aber, dass keine unmittelbare Gefahr besteht).

Spacenews-Bericht vom 25. April 2024: Russia vetoes U.N. resolution on nuclear weapons in space (Russland legt Veto gegen U.N.-Resolution zu Atomwaffen im Weltraum ein).

Defence-One-Bericht vom 1. Mai 2024: Russian space nuke could render low-Earth orbit unusable for a year, US official says (US-Beamter: Russische Weltraumbombe könnte erdnahe Umlaufbahn ein Jahr lang unbrauchbar machen).

Chinas Stellungnahme zur Weltraumnutzung: Submission by the Delegation of China to the Working Group on Legal Aspects of Space Resource Activities of the Legal Subcommittee of the Committee on the Peaceful Uses of Outer Space (Vorlage der Delegation Chinas in der Arbeitsgruppe "Rechtliche Aspekte der Aktivitäten im Bereich der Weltraumressourcen" des Unterausschusses "Recht" des Ausschusses für die friedliche Nutzung des Weltraums).

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Nachrichten | 20. Februar 2024 | 21:25 Uhr

404 Not Found

Not Found

The requested URL /api/v1/talk/includes/html/c9b3bdc0-9ecb-4f08-a108-e77919eb1f89 was not found on this server.

Mehr zum Thema

Ein Atom-U-Boot der Astute-Klasse, neuste Generation der britischen Royal Navy, liegt auf der Militärbasis in Gibraltar.
Statt sich eigene Atomwaffen anzuschaffen, müsse Deutschland und die EU laut Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) unter anderem enger mit Großbritannien kooperieren, das bereits Kernwaffen wie dieses Atom-U-Boot besitzt. Bildrechte: picture alliance/dpa/EUROPA PRESS | Nono Rico
Drei Kampfflieger in der Luft 5 min
Bildrechte: IMAGO/ZUMA Wire