Wissen-News Den Urzeitmenschen beim Namen nennen: Von "Ötzi" zu "Hauna"
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04. Oktober 2024, 09:18 Uhr
Wissenschaftler aus Chemnitz, München und Frankfurt wollen archäologischen Funden mehr Persönlichkeit durch Eigennamen geben. Das kommt bei Befragten gut an. Auch für die Namensgebung haben sie bereits eine Idee.
Die wohl bekannteste Mumie im deutschen Sprachraum kennt fast jeder. Doch wenn man "Ötzi" als den "Mann vom Tisenjoch" bezeichnet, werden die wenigsten etwas damit anzufangen wissen. In Zeiten, in denen naturwissenschaftliche Methoden tiefe Einblicke in die Lebenswelt von urzeitlichen Menschenfunden geben, erschien Forschenden aus Chemnitz, München und Frankfurt am Main das bisherige Nummerierungssystem in der Wissenschaft nicht mehr zeitgemäß. "Archäologen bezeichnen steinzeitliche Menschenfunde meist nur mit Nummern. Menschen haben aber üblicherweise Namen – das gehört zum Menschsein irgendwie mit dazu", sagt die Sprachwissenschaftlerin Christina Sanchez-Stockhammer von der TU Chemnitz.
Verniedlichung à la "Ötzi" kommt nicht gut an
Die Forscherin aus Sachsen führte daher mit einem Kollegen und einer Kollegin eine Online-Umfrage durch. "Je etwa zwei Drittel der 319 Befragten fanden das bisherige System zwar gut, waren aber sogar noch ein bisschen mehr dafür, Namen zu vergeben", fasst der Archäologe Philipp W. Stockhammer von der LMU München die Ergebnisse zusammen. Das bisherige System sei zu unpersönlich und zu schwer zu merken. Ablehnend standen die Befragten dagegen dem Namensmuster à la "Ötzi" – Fundort Plus "I" als Koseform – gegenüber, sagt die Archäologin Kerstin P. Hoffmann aus Frankfurt: "Solche verniedlichenden Formen auf Grundlage der ersten Silbe des Fundortnamens lehnten viele unserer Befragten jedoch als respektlos ab."
Allein schon, weil an einem Ort auch mehrere Funde möglich sind, sei der vom Mann von Tisenjoch bekannte Diminutiv ungeeignet, erklärt Sanchez-Stockhammer: "Darum haben wir ein umfassenderes System entwickelt und beispielsweise die erste Silbe des Fundortnamens 'Haunstetten' mit verschiedenen Namensendungen kombiniert", berichtet Sanchez-Stockhammer. Das Ergebnis sind in diesem Fall Namen wie "Hauna", "Haunrid" oder "Haunika" – welche für die meisten Befragten wie Menschennamen oder sogar vertraut klangen. Kurze Namen kamen dabei am besten an.
Links/Studien
Die Studie Ötzi und Hauna: Ein linguistisches Modell zur Namengebung bei ur- und frühgeschichtlichen Menschenfunden erschien im Magazin "Beiträge zur Namensforschung"
idw/jar
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 26. September 2024 | 16:47 Uhr
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