Fachkräftemangel Ausbildungsplatz garantiert durch neues Gesetz

05. August 2024, 10:42 Uhr

Unbesetzte Ausbildungsplätze und junge Menschen ohne Ausbildungsplatz: Das gibt es beides. Mit der Ausbildungsgarantie per Gesetz will die Bundesregierung gegensteuern. Was heißt das in der Praxis für junge Menschen?

An wen richtet sich die Ausbildungsgarantie?

Für Fachkräfte von morgen braucht es auch die Berufsausbildung. Um mehr junge Menschen in eine Ausbildung zu bringen, weitet die Bundesregierung ab August das Recht auf eine Ausbildungsgarantie aus. Ab 1. August haben alle junge Menschen ohne Berufsabschluss Anspruch auf eine außerbetriebliche Ausbildung, die in einer Gegend wohnen, in der es kaum Ausbildungsplätze gibt. Hier spricht die Bundesagentur von Arbeit von "marktbenachteiligten Jugendlichen" durch eine Unterversorgung mit Ausbildungsstellen. Welche Regionen das sind, wird laut Bundesagentur für Arbeit festgelegt.

"Marktbenachteiligte" Jugendliche: Welche Regionen sind das?

Haben sich in einer Region zehn Prozent mehr Bewerber und Bewerberinnen bei der Arbeitsagentur gemeldet, als Unternehmen Ausbildungsplätze zur Suche eingestellt haben, spricht der Gesetzgeber von "einer erheblichen Unterversorgung". "Dadurch werden junge marktbenachteiligte Menschen, die in dieser Region wohnen, förderberechtigt", so die Bundesagentur für Arbeit. Darüber hinaus werde den Jobcentern jedoch ein Ermessenspielraum für Einzel- und Grenzfälle eingeräumt.

Wie die Bundesagentur für Arbeit auf MDR-Nachfrage mitteilt, hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zur Beurteilung weitere Kriterien vorgeschlagen: "Die Bewerber-Stellen-Relation, das betriebliche Ausbildungsangebot je Schulabgänger und die Noch-Suchende-unbesetzte-Stellen-Relation." Daneben solle auch die Arbeitslosenquote von Jugendlichen ohne Abschluss und die Pendlerrate von Auszubildenden eine Rolle spielen.

Welche Kriterien müssen noch erfüllt werden? Gefördert durch die Ausbildungsplatzgarantie werden junge Menschen, die sich nachweislich erfolglos um einen Ausbildungsplatz beworben und die Beratungsangebote der Agentur für Arbeit wahrgenommen haben, aber bislang nicht vermittelt werden konnten.

22 Regionen wurden bereits benannt: Die Liste aller Agenturbezirke finden Sie hier

"22 Agenturbezirke haben bisher gemeinsam mit ihren Verwaltungsausschüssen, den lokalen Sozialpartnern und den Jobcentern eine erhebliche Unterversorgung aufgrund der lokalen Gegebenheiten festgestellt. Dies sind: Wiesbaden, Offenbach, Wetteraukreis und Kreis Gießen im Agenturbezirk Gießen, Bad Homburg, Frankfurt a. M., Berlin-Mitte, Berlin-Nord, Berlin-Süd, Gelsenkirchen, Duisburg, Jobcenter und Agentur für Arbeit Herne im Agenturbezirk Bochum, Recklinghausen, Essen, Solingen-Wuppertal, Kreis Herford im Agenturbezirk Herford, Mettmann, Hannover, Hildesheim, Landkreis Harburg im Agenturbezirk Lüneburg-Uelzen, Landkreis Cuxhaven im Agenturbezirk Stade und Bremen-Bremerhaven", erklärt die Bundesagentur für Arbeit auf MDR-Nachfrage.

2023 erfolgte erstmals eine Kategorisierung, 2024 muss sie bis November 2024 vollzogen sein, wie eine Sprecherin auf MDR-Anfrage erklärt. Die Beurteilung müsse zudem jährlich neu überprüft werden.

Ausbildungsgarantie für junge Menschen gab es schon

Bisher gab es die Ausbildungsgarantie auf einen außerbetrieblichen Ausbildungsplatz bereits für sozial benachteiligte Jugendliche. "Das sind lernbeeinträchtigte und sozial benachteiligte junge Menschen, die auch unter Einsatz der ausbildungsfördernden Instrumente eine betriebliche Berufsausbildung nicht beginnen, fortsetzen oder erfolgreich beenden können", führt die Bundesagentur für Arbeit auf MDR-Nachfrage aus.

Ziel ist es, sowohl bei den sozial- als auch bei den marktbenachteiligten Jugendlichen, sie in eine betriebliche Ausbildung zu überführen. "Sollte ein Wechsel klappen, sollen die Jugendlichen durch denselben Träger weiter betreut werden", erklärt die Bundesregierung auf ihrer Homepage. Der Unterschied im Großen und Ganzen ist: Bei der außerbetrieblichen Berufsausbildung beauftragt die Bundesagentur für Arbeit ein Unternehmen als Bildungsträger, die Ausbildung durchzuführen und trägt auch die Kosten dafür. In beiden Fällen wird eine vollqualifizierte Ausbildung in einem anerkannten Beruf absolviert. Die Ausbildungsgarantie ist ein Teil des Gesetzes zur Aus- und Weiterbildung, das im Juli 2024 darum erweitert wurde.

Weitere Teile der Ausbildungsgarantie seit April bereits in Kraft: Unterstützung bei Praktika und Fahrtkosten

Ein Baustein zur Umsetzung der Ausbildungsgarantie sind Beratungsangebote zur Berufsfindung und Hilfestellungen, um eine Ausbildung aufnehmen zu können.

Angehende Azubis, die vor der Ausbildung in den Job und seine Aufgabenfelder schnuppern wollen, können seit April finanziell bei bis zu sechswöchigen Berufsorientierungspraktika bei den Fahrt- und Unterkunftskosten unterstützt werden. Der Förderantrag muss vorab bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder dem zuständigen Jobcenter gestellt werden. Auf MDR-Nachfrage teilte die Bundesagentur für Arbeit mit, dass 565 Berufsorientierungspraktika bis 1. Juli in der Form gefördert worden sind. Voraussetzung dafür ist unter anderem, dass die Jugendlichen als ausbildungsplatzsuchend gemeldet sind. Ob sich Anschlussausbildungen ergeben haben, sei noch nicht zu beantworten: " Das Berufsorientierungspraktikum ist zum 1. April 24 in Kraft getreten. Auf Grund der kurzen Einführungszeit liegen noch keine Informationen zu Einmündungen in Ausbildungen vor. Erste statistische Auswertungen wird es Ende 2024 geben."

Junge Menschen ohne Berufsabschluss 2024 Nach Angaben der Bundesregierung haben nach aktuellen Zahlen 1,6 Millionen Menschen zwischen 20 und 29 Jahren in Deutschland keinen Berufsabschluss.

Ob und wie das Unternehmen und der potentielle Auszubildende zusammenpassen, kann auch durch eine Einstiegsqualifizierung (EQ) herausgefunden werden. Diese wird durch sozialversicherungspflichtige Praktika erbracht, welche seit April auch in Teilzeit möglich sind. Die Mindestdauer wurde um ein Drittel verkürzt und beträgt nun nur noch vier Monate. Maximal darf eine EQ zwölf Monate dauern.

Wer eine "wohnortferne" Ausbildung beginnt, kann seit April auch einen Mobilitätszuschlag erhalten, bei dem im ersten Jahr zweimal pro Monat die Fahrtkosten nach Hause bezahlt werden. Auch hier sind die Agentur für Arbeit oder das Jobcenter für die Bewilligung zuständig.

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Noch keinen Ausbildungsplatz? - Tipp: Berufsberatung nutzen

Auch dieses Jahr sind wieder Tausende Ausbildungsplätze noch unbesetzt. "Es gibt auf jeden Fall noch Chancen, auch jetzt noch einen Ausbildungsplatz zu finden. Die Berufsberaterinnen und Berufsberater der Agenturen für Arbeit zeigen Möglichkeiten auf", erklärt eine Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit auf MDR-Nachfrage. Auch kurz vor dem Ausbildungsjahrbeginn kann es sich noch lohnen, die Hilfe in Anspruch zu nehmen und nach Fördermöglichkeiten wie die Einstiegsqualifizierung oder berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen zu fragen. "Unser Ziel ist es, jedem Jugendlichen ein Ausbildungsangebot zu machen. Dabei ist eine außerbetriebliche Ausbildung eine Möglichkeit, aber nicht die einzige", so die Sprecherin.

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MDR (cbr)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 31. Juli 2024 | 12:00 Uhr

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