Ausbildung 1.000 Verträge: Firmen in Ostthüringen gewinnen wieder mehr Azubis für sich
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27. Juli 2024, 06:00 Uhr
Schulabgänger haben auch in diesem Jahr wieder die Qual der Wahl des richtigen Ausbildungsberufes. Viele Unternehmen suchen händeringend Nachwuchs. In Ostthüringen wurde am Freitag der 1.000. Ausbildungsvertrag unterschrieben.
Staunend steht Michelle Gruner vor der riesigen Bandsäge, die gerade einen tonnenschweren Aluminiumblock in kleine Teile schneidet. Die 18-Jährige beginnt am 1. August eine dreijährige Ausbildung zur Industriekauffrau beim Aluminium-Spezialisten Bikar in Korbußen im Landkreis Greiz.
Heute zeigt ihr Niklas Heinike die Produktion. Er ist ebenfalls 18 Jahre alt und lernt bereits seit zwei Jahren bei Bikar. "Durch mein Schülerpraktikum konnte ich damals die Menschen hier kennenlernen", sagt er. "Die Stimmung ist einfach super hier."
Ausbildung: Früh eigenes Geld verdienen
Im Juni hat Michelle Gruner ihr Abitur in Gera abgelegt. Eigentlich, erzählt sie, wollte sie Grundschullehrerin werden. Auch über einen sozialen Beruf oder eine Ausbildung im Handwerk hat sie nachgedacht, sich dann aber doch für eine klassische Berufsausbildung entschieden. "Ich finde es schön, jetzt schon mein eigenes Geld zu verdienen", sagt sie. "Und hier bei Bikar fühlte ich mich von Anfang an willkommen."
Erste Kontakte gab es bei der Studienmesse in Gera. Dann absolvierte Michelle ein Praktikum in Korbußen. Heute kann sie ihren Ausbildungsvertrag unterzeichnen. Es ist der 1.000. im Bereich der Industrie- und Handelskammer Ostthüringen in Gera. Bei den Ausbildungsplätzen in der Industrie bedeutet das einen Anstieg von 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Klassische duale Ausbildung als attraktiver Einstieg
Für IHK-Ausbildungsleiter Matthias Säckl ein Zeichen, dass immer mehr junge Leute die klassische duale Ausbildung als attraktiven Einstieg ins Berufsleben sehen. Michelle Gruner kann das bestätigen. Auch in ihrer Klasse wählten einige Abiturienten eine Ausbildung in der Industrie. "Viele sagen, sie wollen erst einmal einen Beruf lernen“, sagt Michelle. "Und man kann ja später auch noch eine Meisterausbildung machen oder ein duales Studium."
Solche Weiterbildungsmöglichkeiten gibt es auch bei Bikar, die aktuell 27 junge Leute in verschiedenen Berufen ausbilden. Allein elf Azubis beginnen am 1. August ihre Ausbildung. Gern würde Ausbilder Marcel Herzog noch mehr Plätze besetzen.
Wir haben schlicht nicht genug Platz für so viele Azubis.
Das scheitert derzeit nicht an Interessenten, sondern an den Kapazitäten im Unternehmen. "Wir haben schlicht nicht genug Platz für so viele Azubis", sagt er. "Mit unserer neuen Produktionshalle wollen wir auch in Sachen Ausbildung wachsen." Schon im Herbst sollen am Standort die Arbeiten für die neue 20.000 Quadratmeter große Halle beginnen.
Nachwuchs kommt nicht von selbst
Bikar wächst und will vor allem im Bereich Luftfahrt in den nächsten Jahren einen großen Schritt nach vorn machen. Das zeigt sich auch im neuen Namen "Bikar Aerospace". Flugzeugbauer schätzen die Qualität aus Korbußen. Die 280 Mitarbeiter in Ostthüringen liefern zum Beispiel Rohmaterialien für Tragflächen und Flugzeugtürrahmen.
Mit dem Thema Luftfahrttechnik können die Mitarbeiter von Bikar auch bei jungen Leuten punkten. Bei der Azubi-Suche sind die Ausbilder viel in Sozialen Medien unterwegs, bieten außerdem Praktika an. Trotzdem ist die Nachwuchsgewinnung kein Selbstläufer.
Man darf ja nicht vergessen, dass wir damals viel mehr Schulabgänger hatten als heute.
Das merken auch die beiden anderen Industrie- und Handelskammern in Erfurt und Suhl. Dort stagniert die Zahl der Neuverträge auf dem Niveau des Vorjahres. In Ostthüringen dagegen rechnet die Kammer mit rund 2.000 Verträgen in diesem Jahr - erstmals seit mehr als 15 Jahren.
Matthias Säckl ist begeistert. "Man darf ja nicht vergessen, dass wir damals viel mehr Schulabgänger hatten als heute", sagt er. Also eine hervorragende Bilanz für die Ostthüringer Ausbildungsbetriebe.
Firmen locken mit Übernahme
Vor allem in den Industrieberufen konnte die IHK Gera zulegen. Dafür bieten die Ausbildungsfachleute ein breites Spektrum an Maßnahmen. Gemeinsam mit den Betrieben werden Messen und Praktika angeboten - wie das "IHK-Schülercollege", bei dem sich die jungen Leute in den Ferien bei vielen Unternehmen ausprobieren können.
Manche Unternehmen bieten auch Arbeitsgemeinschaften an. Fast alle werben inzwischen auch in den Sozialen Netzwerken um Nachwuchs. Viele Firmen locken auch mit Übernahmegarantien und Weiterbildungsangeboten für die Zeit nach der Ausbildung.
Das gefällt auch Michelle Gruner. "Dadurch, dass der Beruf der Industriekauffrau so vielfältig ist, bin ich am Überlegen, danach vielleicht doch noch zu studieren", sagt sie, und nimmt den Stift in die Hand. Mit der Unterschrift unter ihren Ausbildungsvertrag ist für die nächsten drei Jahre erstmal alles klar.
MDR (adr/lou)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 26. Juli 2024 | 19:00 Uhr
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