Der Redakteur | 11.04.2023 Wie sollte Tee in der Gaststätte serviert werden?
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11. April 2023, 19:13 Uhr
Ein bisschen stiefmütterlich werden Teetrinker schon behandelt. Man stelle sich vor, ein Kaffeetrinker bekommt Wasser und Kaffee getrennt serviert und soll sich daraus einen lauwarmen Mix zubereiten. Genau das wird Teetrinkern aber mitunter zugemutet. Aber warum?
Solche Dinge passieren oft aus Unkenntnis oder Unsicherheit, formuliert Maximilian Wittig vom Teeverband ganz im angemessen eleganten Stil nahezu vorwurfsfrei. Dabei ist eine Tasse Tee schon lange jenseits eines Pfennigartikels in Gaststätten und dafür kann der Kunde durchaus zumindest heißes Wasser verlangen. Das wird aber schwierig, wenn das Wasser im Trinkgefäß zum Tisch gebracht wird und sich vorher tröpfchenweise aus dem Automaten gequält hat.
Gerade Früchte- und Kräutertees verlangen danach, sprudelnd übergossen zu werden und auch alle anderen Teesorten, die in "normalen" Gaststätten angeboten oder zu Hause getrunken werden sind fern von dem, was zur Aromavollendung nach einer speziellen Zubereitungstemperatur unter 100 Grad ruft. Vereinzelt danken es bestimmte Grüntee-Sorten mit einem besonderen Aroma, wenn sie je nach Sorte bei 80, 90 oder 95 Grad Celsius ziehen dürfen. Aber die sind so selten anzutreffen wie Rotweine, die nach zehn Jahren noch an Qualität zunehmen.
Welche Temperatur für welchen Tee?
Wasser kocht zwar nicht in jeder Höhelange bei 100 Grad Celsius, aber wenn es blubbert im Wasserkocher, ist für 99,9 Prozent der Teetrinker genau der richtige Moment erreicht, den Tee aufzugießen. Bei Früchte- und Kräutertee schon aus Gründen der Lebensmittelsicherheit, denn es ist bei der sehr schonenden Trocknung nicht ausgeschlossen, dass sich noch ein paar Keime im Tütchen aufhalten, die bei knapp 100 Grad und mindestens fünf Minuten Ziehzeit keine Chance mehr haben.
Bei Schwarztee ist nicht ganz so dramatisch mit den Keimen, diese Teesorten werden bei bis zu 120 Grad Celsius getrocknet und sind so quasi "sterilisiert". Trotzdem entfalten sie ihr bestes Aroma nun nicht gerade, wenn man einen Teebeutel in lauwarmes Wasser taucht. Ansonsten rät Maximilian Wittig dazu, den eigenen Geschmack zu erforschen. Also ruhig zu experimentieren mit den Teesorten, mit den Ziehzeiten und den Mengen.
Ich habe irgendwann damit begonnen, mehr Tee zu nehmen und ihn dafür kürzer ziehen zu lassen, das schmeckt ganz anders.
Woher weiß ich, wie lange der Tee gezogen hat?
Ein Hintergrund für die Trennung von Wasser und Tee in der Gaststätte könnte sein, dass man dem Kunden ermöglichen möchte, gemäß seiner Gewohnheit die Ziehzeit selbst zu bestimmen. Allerdings spielt das bei Früchte- und Kräutertees nicht die große Rolle, weil es hier nicht auf die Minute ankommt.
Die elegantere Lösung - besonders für stilvoll servierte Schwarz- oder Grüntees - ist die Eieruhr. Dann kann der Tee tatsächlich kochend übergossen werden, die Eieruhr wird gestartet und mit aufs Tablett gestellt. Dann kann der Kenner erkennen, wie lange der Tee bereits im Wasser ist und entsprechend eingreifen. Diese Variante wirkt auch sehr edel und rechtfertigt vielleicht gefühlt eher eine gewisse Preisstufe als das Glas Wasser.
Ich habe es schon erlebt, dass der Beutel bereits im Glas war und ich die Information bekommen habe, dass der schon eine Minute drinhängt. Das ist eigentlich der ideale Fall.
Wie "igittigitt" ist der Teebeutel?
Nun muss man wissen, dass der Teeverband nahezu fast alle vertritt, die professionell Tee herstellen, importieren oder vertreiben in Deutschland. Von daher würden die Hersteller von Teebeuteln dem Geschäftsführer des Dachverbandes auf selbiges steigen, wenn der ihre Produkte schlechtredet. Als etwas Minderwertiges jedenfalls will Maximilian Wittig den Teebeutel nicht bezeichnen. Er ist praktisch und hat seinen Platz, sei es beim Wandern oder wenn es doch mal schnell gehen muss.
Letztendlich ist auch die Frage, ob der Tee sehr fein ist oder erkennbar als Blatt aufgebrüht wird, nicht zwingend ein Qualitätskriterium. Es gibt am Ende des Verarbeitungsprozesses eben mehr oder weniger feine Teebestandteile. Die großen wären für die kleinen Teebeutel übrigens ohnehin zu groß, sie könnten sich gar nicht richtig entfalten. Wer den Tee als Lebensart genießen will, der nimmt sich ohnehin die Zeit, "richtigen" Tee aufzugießen, meidet raffinierten Zucker und achtet punktgenau auf die Zeit. Tee ist ein Genussmittel und nichts, das man lauwarm hinunterstürzt oder eben so serviert bekommt.
MDR (dvs/thk)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 11. April 2023 | 16:40 Uhr