Stimmdiagnostik Stimme weg: Wann sollte man unbedingt zum Arzt?
Hauptinhalt
21. August 2024, 05:00 Uhr
Den Kehlkopf brauchen wir nicht nur zum Schlucken, sondern auch zum Sprechen. Denn hier befinden sich auch die Stimmlippen. Sind sie krank, bleibt die Stimme weg. Wann sollte man unbedingt zum Arzt?
Wenn die Stimme versagt: mögliche Gründe
Es gibt organische und funktionelle Stimmstörungen. Am häufigsten verändern Entzündungen die Stimme – zum Beispiel durch eine Infektion durch Viren oder Bakterien. Auch der Rückfluss von Magensäure durch die Speiseröhre bei einer Refluxerkrankung kann zu chronischen Reizzuständen an den Stimmlippen führen.
Eine dauerhafte Überlastung kann die Stimmlippen auch anschwellen lassen. Wer sich beim Sprechen ständig übermäßig anstrengen muss, bei dem können sich Gewebeveränderungen bilden – die bekannten Sängerknötchen an den Stimmlippen.
Beim Reinke-Ödem hingegen verdicken sich die Stimmlippen durch Wassereinlagerungen. Diese Veränderungen gehen nicht mehr von selbst zurück. Betroffen sind hier oft Raucher.
Auch Lähmungen der Stimmlippen können zum Versagen der Stimme führen. Ursachen hierfür können sein: Verletzungen, Entzündungen oder die Folgen einer Operation an der Schilddrüse. Im schlimmsten Fall kann ein Kehlkopfkrebs die Stimme verändern. Umso wichtiger ist es, länger bestehenden Stimmstörungen immer auf den Grund zu gehen.
Ein Versagen der Stimme hat mitunter aber auch psychische Ursachen. Eine Angststörung, aber auch die Verarbeitung eines einschneidenden Erlebnisses können uns durchaus auf die Stimme schlagen.
Wie werden Laute und damit die Stimme überhaupt erzeugt? (bitte aufklappen für mehr Informationen)
Damit wir auch nur einen hörbaren Laut zustande bringen, müssen ganz verschiedene Strukturen des Körpers zusammenspielen. Wie bei einer Orgel, die erst durch einen Luftstrom zum Klingen gebracht wird, müssen wir zunächst Atem sammeln, der dann im Kehlkopf die Stimmlippen in Schwingungen versetzt. Der entstehende Ton wird in Rachen, Mund und Nase verstärkt und moduliert. Zunge, Zähne, Lippen und Gaumen formen schließlich Silben und Wörter, bilden Sätze, über die wir uns mit anderen Menschen verständigen.
Der eigentliche Sitz der Stimme ist der so genannte Stimmapparat im Kehlkopf, hier sind die beiden Stimmlippen gespannt. Beim normalen Ein- und Ausatmen ist der Zwischenraum zwischen den Stimmlippen, die Stimmritze, weit geöffnet. Um einen Ton zu bilden, werden die Stimmlippen durch ein System von Nerven, Muskeln und Knorpeln so in den Luftstrom gestellt, dass sich die Stimmritze schließt und die Stimmlippen in der gewünschten Frequenz zu schwingen beginnen. Je stärker die Anspannung der Stimmlippen, desto schneller die Schwingung und desto höher der Ton. Weil die vielen beteiligten Strukturen bei jedem Menschen etwas anders angelegt sind, bekommt jede Stimme einen individuellen und wiedererkennbaren Klang.
Wie verläuft die Diagnose?
Bei einer Stimmstörung sind besonders spezialisierte HNO-Ärztinnen und -Ärzte, die Phoniater, Ansprechpartner für die Patienten. Prinzipiell steht die Stimmdiagnostik auf fünf Säulen:
- Mit einem feinen Endoskop, das durch die Nase oder durch den Mund eingeführt werden kann, beobachten Ärztin oder Arzt, ob sich die Stimmlippen richtig schließen und ob es auffällige Veränderungen an ihnen gibt.
- Die Phoniater lauschen mit geschultem Ohr auf den Klang der Stimme. Klingt sie rau? Verhaucht? Ganz leise? Hat sie kein Steigerungsvermögen? Ist sie instabil, weil zum Beispiel eine gewisse Grundfrequenz nicht gehalten werden kann? Näselt der Patient auffällig?
- Mit akustischen Analyseverfahren wird nach Auffälligkeiten im Stimmspektrum gesucht.
- Eine Stimmleistungsmessung untersucht, wie die Stimme sich bei starker Beanspruchung verhält - gewissermaßen ein Belastungs-EKG für die Stimme.
- Auch standardisierte Fragebögen können eine wichtige Rolle spielen. Mit ihnen wird unter anderem ergründet, wie es dem Patienten mit seiner veränderten Stimme geht. Für den einen kann Heiserkeit ein eher vernachlässigbares Problem sein, für den anderen dagegen eine Katastrophe.
Stichwort: Heiserkeit
Heiserkeit kann die Folge einer Erkältung sein, die sich auf die Stimme legt. Das kann so weit gehen, dass die Stimme ganz weg bleibt.
Zum Glück geht das in der Regel nach in ein paar Tagen vorüber. Dauert die Heiserkeit jedoch länger als drei Wochen an, sollte ein HNO-Arzt oder ein Phoniater, also ein Facharzt für Sprach-, Stimm- und kindliche Hörstörungen, aufgesucht werden.
Die Behandlung: schonen, trainieren oder schließlich operieren
Vielen Patienten und Patientinnen wird zunächst einmal Schonung verordnet, damit sich geschwollene, entzündete oder durch Knötchen veränderte Stimmlippen beruhigen können. Dem überwiegenden Teil der Betroffenen hilft dann eine Übungsbehandlung. Logopädinnen und Logopäden trainieren, wie die Stimme richtig eingesetzt wird und wie sich Überlastungen vermeiden lassen. Ein kleinerer Teil der Stimmstörungen wird auch durch Operationen behoben.
Oft vernachlässigt: Training für die Stimme
Im Alter bekommt die Stimme oft einen anderen Klang. Bei manchem bricht sie, verliert an Kraft. Denn auch unser Stimmapparat altert, das Gewebe wird weniger elastisch. Bei vielen älteren Menschen wird die Stimme weniger verständlich, manche ziehen sich deshalb zurück. Der Ausweg? Stimmlich aktiv bleiben! Das kann für den einen das Mitsingen in einem Chor sein, für den anderen der regelmäßige Besuch von Gesprächsgruppen oder die ehrenamtliche Arbeit als Stadtführer.
Übrigens: Ungefähr ein Drittel der Bevölkerung arbeitet mittlerweile in "stimmintensiven" Berufen – Lehrer zum Beispiel, aber auch Mitarbeiter in Callcentern. Gerade für diese Menschen sind Stimmhygiene und Stimmtraining besonders wichtig.
MDR (cbr)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Hauptsache Gesund | 02. November 2023 | 21:00 Uhr