Raus aus dem Neujahrs-Tief Gibt es den Januar-Blues?
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16. Januar 2024, 10:40 Uhr
Schon allein wegen des Wetters könnte man an manchen Tagen in eine trübe Stimmung verfallen. Gibt es den Januar-Blues wirklich? Was tun? Die Fragen gehen an die Psychologinnen Ulrike Schermann und Ilona Bürgel.
Eigentlich sollte der Beginn eines neuen Jahres ja motivieren. Gibt es den Januar-Blues?
Eigentlich ist das umgangssprachlich der Winter-Blues oder die Winterdepression, die während der Wintermonate auftritt. Man geht davon aus, dass die kürzeren Tageslichtzeiten und vor allem das Fehlen von Sonnenlicht die Ursachen sind. Tageslicht ist enorm wichtig für unsere innere Uhr und unser Wohlbefinden. Gerade im Januar kommen dann Faktoren von unserer Lebensführung dazu. Oft gab es schon Vorweihnachtsstress, dann gab es diese aufregenden schönen, aber oft auch anstrengenden Weihnachtstage und dann wird es plötzlich ruhig.
Tageslicht ist enorm wichtig für unsere innere Uhr und unser Wohlbefinden.
Bei den frühlingshaften Temperaturen will man schneller raus an die frische Luft. Das tut bestimmt auch bei Winter-Blues gut, oder?
Ja. Es tut gut, wenn man vor allem in den Vormittags- und Mittagsstunden viel an der frischen Luft ist und sich bewegt. Letztendlich geht es aber darum, auf irgendeine Weise genug Tageslicht zu bekommen. Und wenn es schon so ein bisschen frühlingshaft ist, dann gehen manche auch lieber raus und das ist genau das Richtige, was man tun kann.
Wie äußert sich eigentlich ein Stimmungstief? Wann wird so eine Winterdepression kritisch?
Die typischen Symptome sind Antriebslosigkeit, der Selbstwert ist häufig im Keller, es gibt Stimmungsschwankungen und eher eine trübsinnige Stimmung. Man hat vielleicht auch das Gefühl, man ist diesen Alltagsanforderungen nicht gewachsen. Der Appetit kann sich verändern. Man hat Schlafstörungen oder schläft anders als sonst, hat ein verändertes Schlafmuster. All das können Hinweise und Symptome sein. Wenn das sehr stark wird oder länger als ein oder zwei Wochen anhält, dann könnte es tatsächlich Krankheitswert haben.
Wie komme ich raus aus diesem Stimmungstief?
An erster Stelle: Viel entspannte Zeit mit Menschen verbringen, mit denen man gern zusammen ist und die einem auch Freude bereiten. Vielleicht mit Freunden zusammen kochen und essen. Auch nur die kurzen kleinen Kontakte, können die Stimmung enorm heben. Zum Beispiel ein paar Sätze mit der Nachbarin wechseln, anstatt nur kurz zu grüßen oder wenn man einkaufen geht, auch da Gelegenheiten nutzen ein wenig in Kontakt zu treten mit anderen. Diese kleinen Dinge machen auch viel und die sind tatsächlich für den Stimmungsausgleich der wichtigste Faktor.
Und was ist noch wichtig? Frische Luft sagten Sie schon …
Ja, allgemein Aktivitäten, die Freude bereiten oder auch, wenn einem danach ist, oder wer gestresst ist, Entspannungs- und Achtsamkeitstechniken, so etwas wie Bodyscan, Yoga, autogenes Training. Da gibt es sehr viel, was möglich ist.
Bodyscan
... ist die Reise durch den Körper, ein gedankliches Abtasten ("scannen") des eigenen Körpers. Die Aufmerksamkeit wird nacheinander auf verschiedene Bereiche des Körpers gerichtet.
Wie sieht es mit der Ernährung aus?
Gerade wenn man angespannt ist, sollte man ausreichend essen. Sodass man wirklich satt wird. Dass man genug gesunde Fette isst. Gerade unser Gehirn ist ein Hochleistungsmotor und wir verlangen dem viel ab, aber geben ihm oft nicht das, was es braucht. Gut ist es, zum Beispiel eine Tüte Nüsse einzustecken, das mögen auch viele, das kann schon helfen. Gut ist auch, morgens etwas zu essen, das einem richtig gut schmeckt. Und das nicht so nebenbei, sondern konzentriert.
Was kann ich selbst noch tun?
Egal, was ringsum passiert, man sollte schauen, was einem guttut. Dass man nach dem "Lichtzeichen" sozusagen sucht. Sowohl draußen, aber auch in den Menschen. Dass man lächelt und ein Lächeln zurückbekommt. Diese vielen kleinen Puzzlesteine setzen unsere Stimmung zusammen und da haben wir immer selbst etwas in der Hand, was wir tun können. Mit wem wir uns unterhalten, wie lange, welche Nachrichten wir hören, welche Bücher wir lesen. Dort fängt es an, dass man selbst für seine gute Stimmung sorgen kann.
Wenn Sie das Gefühl haben, Sie bekommen Ihr Stimmungsstief nicht allein gelöst, kann der erste Ansprechpartner der Hausarzt sein.
MDR (Henriette Schmidt/ino)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Der Tag | 09. Januar 2023 | 10:40 Uhr