Equal Pay Day am 6. März Frauen können Lohn männlicher Kollegen erfragen
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07. März 2024, 10:53 Uhr
Frauen haben einen Auskunftsanspruch zum Einkommen männlicher Kollegen mit ähnlicher Tätigkeit. Mit mehr Transparenz soll die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern geschlossen werden, auf die auch der Equal Pay Day alljährlich aufmerksam macht. 2024 findet der Aktionstag am 6. März statt.
Stichwort Equal Pay Day
Der Equal Pay Day zeigt symbolisch den Tag des Jahres an, bis zu welchem Frauen rein rechnerisch im Verhältnis zu Männern quasi unentgeltlich arbeiten. Der Tag wird jährlich angepasst. 2024 markiert der 6. März die Lohnlücke. Der Aktionstag wird durch das Bundesfamilienministerium gefördert und ist eine Initiative des Vereins Business und Professional Women – Germany e.V. (BPW Germany). Nach Angaben der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg rutschte der Equal Pay Day in Deutschland in den letzten zehn Jahren vom 21. März bis zum 6. März vor. Das sei kein großer Sprung. "Insgesamt hat sich in diesem Zeitraum am Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen in Deutschland also nur wenig verändert", urteilt die Landeszentrale. Wie das Statistische Bundesamt verlautbart, habe sich die Bundesregierung zum Ziel gesetzt, den Verdienstabstand "bis zum Jahr 2030 auf zehn Prozent zu senken".
Was besagt die Kennzeichnung zum 6. März genau? "Der Equal Pay Day ist der symbolische Tag, bis zu dem Frauen unbezahlt arbeiten, während Männer ab dem 1. Januar 2024 für ihre Arbeit entlohnt werden", erklärt das Bundesfamilienministerium. Rein statistisch arbeiten Frauen damit 66 Tage umsonst.
Frauen verdienen im Schnitt 18 Prozent weniger
Selbst bei vergleichbarer Qualifikation und Arbeitsumfängen verdienen Frauen in Deutschland nach Angaben des Familienministeriums in ähnlichen Arbeitsverhältnissen sechs Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. "Ein klarer Hinweis auf versteckte Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt", so das Familienministerium in einer Meldung vom September 2023. Die Entgeltlücke allgemein (auch: Gender Pay Gap) zwischen Frauen und Männern – also ohne die Bereinigung durch die Berücksichtigung von geschlechterspezifischen Faktoren – lag 2023 wie auch in den Vorjahren bei 18 Prozent. Das bedeutet 4,46 Euro brutto pro Stunde weniger im Portemonnaie, denn der Durchschnittswert bei Männern hierzulande wird mit 25,30 Euro brutto beziffert, der von Frauen mit 20,84 Euro. In Ostdeutschland (7%) liegen die Löhne jedoch weniger auseinander als in Westdeutschland (19%).
Gender Pay Gap Das Statistische Bundesamt definiert den Gender Pay Gap als " Differenz des durchschnittlichen Bruttostundenverdienstes (ohne Sonderzahlungen) der Frauen und Männer im Verhältnis zum Bruttostundenverdienst der Männer."
Gründe für Lohnunterschiede
Die Lohnlücke ist durch viele Faktoren begründet. Frauen wählen bekanntermaßen häufiger Berufe in sozialen oder personennahen Dienstleistungen. Deren Bezahlung fällt in der Regel geringer aus als etwa bei technischen Berufen. Der Faktor Familie hat zudem für Frauen mehr Einschränkungen bei den Erwerbszeiten zur Folge. Nach Angaben des Familienministerium sind 47 Prozent der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen in Teilzeit tätig und rund 62 Prozent der Minijobs würden auf Frauen entfallen (Stand: September 2023).
Führungspositionen werden kaum in Teilzeit besetzt.
Auch die Karrierechancen seien bei Frauen generell schlechter als bei Männern. Das begründet das Familienministerium: "Frauen sind in Führungspositionen, besonders in Spitzenpositionen, unterrepräsentiert. Führungspositionen werden kaum in Teilzeit besetzt. Auch Rollenstereotype und geschlechtsspezifische Zuschreibungen wirken bei der Arbeitsbewertung, Leistungsfeststellung oder Stellenbesetzung noch immer nach und können zu zumeist indirekter Benachteiligung und mittelbarer Diskriminierung führen."
Lohntransparenz-Gesetz bringt Auskunftspflicht zu Verdiensten männlicher Kollegen
Am 6. Juli 2017 ist das Lohntransparenz-Gesetz in Kraft getreten. Es soll helfen, die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen zu schließen, indem Arbeitgeber Auskünfte erteilen müssen, was Männer in vergleichbarer Position verdienen. Allerdings: Das Gesetz gilt nur für Betriebe ab 200 Beschäftigten. Offengelegt werden muss nicht, was ein bestimmter Kollege verdient.
Der Arbeitgeber muss nur das mittlere Bruttogehalt der Vergleichsgruppe angeben sowie den Medianwert für zwei typische Gehaltsbestandteile wie etwa Leistungs- oder Erschwerniszulagen. Außerdem kann der Grund für eine geringere Entlohnung erfragt werden. Großfirmen ab 500 Mitarbeitern müssen ihre Gehaltsstrukturen regelmäßig überprüfen und Bericht erstatten.
Wie erhalte ich Auskunft?
Die Anfrage muss schriftlich per Brief oder per E-Mail erfolgen. Das Bundesfamilienministerium bietet auf seiner Internetseite dafür ein Formular an. In dem Antrag muss die Mitarbeiterin unter anderem angeben, auf welche Vergleichsgruppe sie sich bezieht. Vergleichskriterien sind etwa die Arbeit und Arbeitsbedingungen sowie die Ausbildung.
Drohen mir persönlich Nachteile?
Ein Betriebsrat kann die Anfrage anonym an die Personalabteilung weiterreichen. Der Arbeitgeber erfährt dann nicht, wer die Anfrage gestellt hat. Alternativ können Angestellte direkt zur Personalabteilung gehen – dann aber ohne Anonymität. Die Anfrage kann alle zwei Jahre gestellt werden. Das Entgelttransparenzgesetz und auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verbieten Arbeitgebern eine Benachteiligung von Beschäftigten, wenn sie den Auskunftsanspruch nutzen.
Wie schnell muss der Arbeitgeber reagieren?
Der Arbeitgeber muss binnen drei Monaten antworten – das gilt jedoch nicht bei einer Tarifvertragsbindung, dann gibt es keine Frist. Es gelten die Tarifregelungen. Hält ein Arbeitgeber ohne Tarifbindung die Frist nicht ein, muss er bei einem eventuellen Gerichtsverfahren nachweisen, dass keine Benachteiligung vorliegt. Kriterien sind auch Berufserfahrung und Verantwortung. Eine Firma kann einen Antrag aber auch ablehnen, wenn sie die vom Arbeitnehmer angegebene Vergleichstätigkeit nicht für vergleichbar hält.
Was kann ich mit der Auskunft machen?
Beim Hinweis auf eine Ungleichbezahlung kann das gleiche Entgelt für gleichwertige Arbeit gerichtlich eingeklagt werden. Betroffene können sich allerdings auch erstmal an den Betriebs- oder Personalrat wenden – oder das Ergebnis bei der nächsten Gehaltsverhandlung nutzen.
Praktische Probleme
Im Gesetz ist unklar definiert, was überhaupt eine vergleichbare Tätigkeit ist. Bei einem komplexen Aufgabengebiet eines Beschäftigten kann der Arbeitgeber eine Gleichwertigkeit zurückweisen. Manche Unternehmen fürchten zudem, dass das Gesetz zu Unzufriedenheit und Neid führt. Außerdem wird es mit der Hierarchie und Verantwortung in Unternehmen immer schwieriger mit dem Lohnvergleich, da es dann oft keine ausreichend große Vergleichsgruppe gibt. Damit entfällt dann meist ein Auskunftsanspruch.
Wie wirkt das Gesetz?
Vize-DGB-Chefin Elke Hannack bezweifelte kurz nach der Einführung im Januar 2018 im Gespräch mit MDR AKTUELL, dass das Gesetz tatsächlich zu mehr Lohngerechtigkeit führe. Viele Frauen würden sich scheuen, gegen ihre schlechtere Bezahlung vor Gericht zu ziehen. Hannack monierte auch, dass das Gesetz den Gewerkschaften nicht das Recht einräume, stellvertretend für die Arbeitnehmer zu klagen.
Die damalige Bundesfamilienministerin Franziska Giffey zog im März 2021 im "Handelsblatt" eine erste Bilanz: "Die erste Evaluierung für das Entgelttransparenzgesetz liegt vor. Ich finde die Zahlen ermutigend. Der Auskunftsanspruch, den alle Beschäftigten haben, wird zwar noch eher zurückhaltend genutzt." Das Gesetz habe aber zumindest bewirkt, dass "Unternehmen ihre Entgeltstrukturen überprüfen".
MDR (cbr)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL | 06. März 2024 | 18:00 Uhr