Gleiche Bezahlung von Mann und Frau Equal Pay: Ein Blick in die lange Geschichte der Ungleichheit
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04. März 2022, 17:24 Uhr
Frauen verdienen für gleiche Arbeit etwa ein Fünftel weniger als Männer. Um das zu ändern, hat die Europäische Kommission 2021 einen Gesetzentwurf gegen Gehaltsdiskriminierung ausgearbeitet. Doch woher kommt eigentlich der "geschlechtsspezifische Entgeldunterschied"?
Wenn Männer und Frauen dieselbe Arbeit leisten, heißt das noch lange nicht, dass sie dann den gleichen Lohn erhalten. "Geschlechtsspezifischer Entgeltunterschied" nennt sich die Differenz auf dem Kontoauszug, die oft sogar bei gleicher Ausbildung, gleichem Alter und gleichem Betrieb greift.
Der "Equal Pay Day" ist der Tag, an dem Frauen rechnerisch mit dem Männerlohn gleichziehen. Konkret: 2021 mussten Frauen bis zum 10. März arbeiten, um dasselbe Geld zu verdienen, das Männer im selben Beruf schon im Dezember davor auf dem Konto hatten. 2022 ist das "schon" am 7. März. Es hat sich etwas bewegt, könnte man daraus ablesen. Im europaweiten Vergleich ist Deutschland dennoch seit Jahren das Schlusslicht. In vielen Orten gehen bundesweit Frauen auf die Straße, um auf diese Ungleichheit aufmerksam zu machen.
Woher kommt der Unterschied im Portemonnaie?
Hauptursachen für den finanziellen Unterschied im Portemonnaie sind die Branchen, in denen Männer und Frauen überwiegend tätig sind. Viele Frauen arbeiten in Berufen, die schlechter bezahlt sind. Hinzu kommen die unterschiedlichen Arbeitszeitmodelle: Frauen finden sich oft in Teilzeitjobs, Minijobs wieder, weil sie im Hintergrund den außerberuflichen Alltag am Laufen halten – die Familie, die Pflege von alten Eltern oder Kindern.
Was ist die Arbeit mit Menschen wert?
Die Entlohnung für Arbeit mit Menschen ist niedrig bezahlt, eine Branche, in der überwiegend Frauen tätig sind: Von der Pflege von Senioren oder Kindern bis hin zur Prostitution, die in Deutschland von der Politik zu einem "Beruf wie jedem anderen" umgewertet wurde: Die weibliche Arbeit am Menschen ist in Deutschland billig zu haben, egal ob im Haushalt, im Kindergarten, Altersheim oder Bordell. Dagegen ist die Arbeit mit Maschinen, Technik, Geld, und im Management wie gehabt männerdominiert und wird entsprechend entlohnt.
Die wohl erfolgreichste Institution in der Abschottung von Frauen von lukrativen Führungsjobs ist ironischerweise die Branche, die sich dem Dienst am Menschen widmet: Die katholische Kirche. Spiritueller Dienst und Administration sind fest in Männerhand. Der direkte Dienst am Menschen in kirchlichen Sozialeinrichtungen ist wiederum fest in niedrig bezahlter Frauenhand.
Frauen? Bitte nicht in unserer Branche!
Diese Lohn-Ungleichheit qua Geschlecht hat (nicht nur) in Deutschland Tradition. Immer wenn Frauen in männerdominierte, also gut bezahlte, Branchen vordringen wollten, stießen sie auf Abwehr. Die Ursprünge lagen im eingeschränkten Zugang zur Bildung: Frauen im Mittelalter, die sich auf das Feld der Medizin oder Heilung wagten, wurden als Hexen verbrannt.
Der Zugang zu Universitäten war Männern vorbehalten: Im Dekret der Universität von Bologna heißt es zum Beispiel im Jahre 1377,
Den Frauen, die dafür verantwortlich sind, dass der Mann aus dem Paradies vertrieben wurde, ist der Zugang zu Universitäten mit allen Mitteln zu verhindern.
Wenn sich "Herr Doktor" als "Frau Doktor" entpuppt
Es glückte jedoch nicht immer, Frauen von Hörsälen fernzuhalten, weder in Deutschland noch in anderen europäischen Ländern: Dorothea Erxleben studierte 1754 an der Universität Halle Medizin und forderte einen gleichberechtigten Zugang zur Bildung: "Das Gehirn hat kein Geschlecht". Andere Wege gingen Miranda Stuart Barry, eine Engländerin und Enriqueta Faver Caven des Renau, eine gebürtige Schweizerin: Beide studierten und praktizierten und zwar als Männer verkleidet. Erst nach ihrem Tod stellte sich heraus, dass der "Herr Doktor" eigentlich eine "Frau Doktor" war.
Frauen an Universitäten
Bis Frauen an deutschen Universitäten zugelassen wurden, dauerte es. 1896 wurde ihnen der Status als Gasthörerin eingeräumt und ab Februar 1900 erhielten sie das Immatrikulationsrecht im Süden Deutschlands. Die anderen Ländern zogen schrittweise nach, Preußen als letztes im Jahr 1908. Zum Vergleich: In der Schweiz durften Frauen schon seit 1865 studieren. Die Lohnungleichheit dort liegt 2017 übrigens bei 15,1 Prozent.