Der Redakteur | 02.02.2023 Überraschende Einsparpotenziale bei Strom und Wärme
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02. Februar 2023, 18:13 Uhr
Stromfresser sind heimtückisch. Sie lauern häufig an unerwarteter Stelle und sind besonders dann teuer, wenn Sie quasi durchlaufen. Und das macht die Katze auch. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Es ist ein Beispiel von vielen, die Energieberater Frank Weber parat hat. Im Auftrag der Kunden und unter dem Dach der Verbraucherzentrale verabredet sich der Schornsteinfeger vorzugsweise am Abend bei den Leuten zu Hause, schaut sich Heizung, Wände, Fenster, Türen und andere baulichen Schwachstellen an - und auch die Stromfresser wie die Katze. Dieser Service ist in Thüringen übrigens kostenlos.
Die Katze und der Bewegungsmelder
So sitzt er dann abends beim Kunden in der Küche zum Beratungsgespräch und draußen - es ist schon dunkel - geht mehrfach der 300-Watt-Strahler an, der an der Scheune hängt. Durchgelaufen ist die Katze oder der Hund, und nach fünf Minuten geht die Lampe wieder aus. Die von Frank Weber spontan geschätzten vierzig Mal pro Nacht rechnen wir mal hoch: 300 Watt x 5 / 60 min x 40 Mal pro Nacht mal 365 Nächte mal 0,40 Euro pro Kilowattstunde = 146 Euro im Jahr! Und das für die Katz.
Tipp: Bewegungsmelder anders einstellen
Auch die Bewegungsmelder an den Haustüren vieler Wohngebietsstraßen haben eine Reichweite, die dafür sorgt, dass sich vorbeifahrende Autos eine Lichterkette aufbauen. Hier kann man sehr schnell Abhilfe schaffen und die Reichweite des Bewegungsmelders etwas einschränken.
Neben solchen sinnlosen Stromverbrauchern sollte sich der Blick auf die Dauerläufer richten. Kleinvieh macht eben auch Mist, um im Tierreich zu bleiben. Die Fische beispielsweise, also die im Aquarium und die im Gefrierschrank müssen permanent "bespaßt" werden. Da lohnt sich der Blick darauf, ob man wirklich Aquarium Nummer zwei und drei noch braucht für die Aufzucht und auf die Verbrauchswerte der Apparaturen sowieso.
Nicht jede Neuanschaffung spart Geld
Der Klassiker ist der alte Gefrierschrank im Keller. Grundsätzlich ist der dort übrigens unten gut aufgehoben, denn bei einer niedrigen Umgebungstemperatur ist weniger Energie nötig.
In der Küche neben dem Ofen - auch solche Fälle sehen die Energieberater - steht der arme Tropf hingegen ganz falsch. Kühlschrank und Herd sollten ebenso keine Nachbarn sein. Dass alte Geräte ein Vielfaches an Strom verbrauchen können im Vergleich zu neuen Geräten, das ist bekannt.
Wenngleich bei echten Stromspargeräten die Anschaffungskosten noch einmal deutlich höher liegen können. Es lohnt sich also der Blick darauf: Was verbraucht der alte, was verbraucht der neue Gefrierschrank, und wie lange dauert es, bis sich das rechnet? Und wenn die Kinder aus dem Haus sind, stellt sich auch die Frage, ob es nicht auch ohne Zweitgerät geht. Abschaffen statt Neukauf.
Am günstigsten ins die Kilowattstunde, die nicht verbraucht wird, weil ich das Gerät vielleicht gar nicht brauche.
Fernseher nachts im Internet unterwegs
Auch rät Weber davon ab, auf Teufel komm raus Energie sparen zu wollen und dafür Anschaffungen zu tätigen, die sich niemals rechnen können. Der Herd, der zwar mehr Verbrauch hat als ein neuer und nur wenige Male läuft, der wird kaum Ersparnis bringen.
Anders sieht es aus, wenn die sechsköpfige Familie täglich kocht und bäckt. Hier kann sich ein modernes Gerät durchaus nach wenigen Jahren rechnen. Ob allerdings alle Geräte smart sein müssen und dafür permanent Router und WLAN für Updates und Sinnloskommunikationen beschäftigen, das stellt Frank Weber sehr in Frage. Der Fernseher, der jede Nacht schaut, ob es neue Sender gibt, der ist dann eben nicht im Stand-by.
Stromfresser Kommunikation
Überhaupt gehören moderne Kommunikationsgeräte wie Bildschirme, Handys, Tablets, Laptops und PC als Summe zu den großen Stromverbrauchern eines Haushalts. Das moderne Handy verbraucht ein Vielfaches im Vergleich zum alten Nokia vor zehn Jahren. Es muss deshalb auch täglich geladen werden und das von jedem Haushaltsmitglied. Und dem Rechner des Filius, der 24 Stunden spielbereit am Netz hängt, dem setzt der Energieberater gern mal ein Messgerät vor den Stecker, mit oft erschreckenden Ergebnissen.
Wenn der Rechner das Zimmer quasi heizt, dann hat das einen Grund und Folgen für den Stromverbrauch. Mit etwas Disziplin und Herunterfahren kann man eine Menge Geld sparen. Und es ist - bei allem Bestreben die Welt zu retten - vor allen Dingen bei jenen Glühlampen sinnvoll, auf LED zu setzen, die viel leuchten. Die neuen "Birnen" sind nämlich nicht billig und bei der letzten Kellerlampe, die eh nie brennt, muss nicht zwingend ein teures aber sparsames Leuchtmittel sein ausgeschaltetes Dasein fristen.
Wie komme ich zur richtigen Energie-Sanierung?
Leider häufen sich Angebote in Sachen Solar, Sanierung und Investitionen, die sich nie rechnen werden. Dazu gehören praxisferne "Beratungen" von Wärmepumpenvertretern, die letztlich die Energiekosten nur erhöhen und von Gas auf Strom verlagern. Zum Beispiel, weil die Gesamtkonstellation im Haus schlicht nicht geeignet ist, um eine Wärmepumpe wirtschaftlich zu betreiben.
Eine normale Heizung mit Heizkörpern an der Wand muss quasi ständig mit einem "Tauchsieder" nachheizen, um eine Vorlauftemperatur zu erreichen, die die Räume warm bekommt. In solchen Fällen würde Frank Weber niemals eine Wärmepumpe empfehlen.
Deswegen sollte man das Angebot nutzen und sich vor einer energetischen Sanierung, Heizungserneuerung und anderen Investitionen einen Bafa-Energieberater ins Haus holen, der einen individuellen Sanierungsfahrplan (iSFP) erstellt. Der ist zwar nicht ganz billig, wird aber in Thüringen zu 90 Prozent gefördert. Einen Energieberater des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) in Ihrer Nähe finden Sie auf der offiziellen Seite.
Wie sieht der Sanierungsfahrplan aus?
Frank Weber ist auch als Energieberater der Verbraucherzentrale für die kostenlose Energieberatung unterwegs, erstellt aber zudem als Bafa-Energieberater die individuellen Sanierungsfahrpläne. Dafür guckt er sich dann die Gesamtsituation an, analysiert Ist-Zustand und definiert gemeinsam mit dem Hausbesitzer die Ziele.
Fenster, Türen, Wände, Dach - welche Materialien wurde verbaut, welche Dämmungen gibt es schon, Heizung, Lüftung und so weiter - passt das alles zusammen und wann sollte man welches Projekt angehen? Am Ende entsteht ein digitales Modell des Gebäudes, es gibt konkrete Vorschläge bezogen auf das Haus.
Was würden Sie in den kommenden Jahren ohnehin investieren, sogenannte Sowieso-Kosten?
Wenn das Dach eh fällig ist, was ist mit der Dämmung darunter? Gleiches gilt für Fenster oder Fassade. Was machen die dann dichten Fenster mit meinem Raumklima? Schimmel an den Wänden will niemand. Der ist aber oft die Folge von unpassenden Kombinationen an Material und Technik. Und am Ende bekommen Sie auch noch konkrete Hinweise auf die Fördermöglichkeiten für die Sanierung selbst. Und die dürfen Sie dann durchaus auch in Eigenleistung angehen.
MDR (ask)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 02. Februar 2023 | 16:40 Uhr