Der Redakteur | 25.01.2024 Zwei Chipkarten für (kranke) Kinder: Geht das?
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25. Januar 2024, 13:45 Uhr
Peggy aus Pfiffelbach hätte gern aus praktischen Gründen für ihre Kinder jeweils zwei Chipkarten. Denn im entscheidenden Moment hat meist der Partner die Karte, der gerade nicht mit dem Kind beim Arzt ist. Doch warum verweigert die Krankenkasse die Zweitkarte?
Jeder Versicherte bekommt nur eine Karte. Das ist die Antwort der Krankenkassen unter Verweis auf die Gesetzeslage. Bei der mehrfachen Ausstellung von Karten würde eine erhöhte Gefahr von Missbrauch bestehen.
So richtig überzeugend klingt das alles nicht. Schließlich kann auch die eine Karte verloren gehen oder missbräuchlich verwendet werden - und die angebotenen Alternativen in Papierform wirken auch nicht gerade fälschungssicher.
Elektronische Gesundheitskarte
Die AOK Plus ergänzt, dass - wenn eine neue eGK = elektronische Gesundheitskarte für den Versicherten erstellt wird - die Vorgängerkarte maschinell gesperrt werde. Das sei notwendig, um "Missbrauch und Datenschiefstände" zu vermeiden.
Die BKK24 verweist auf die besondere Missbrauchsgefahr bei Kinderkarten, weil bei unter 15-Jährigen noch kein Foto vorgesehen sei. Zwar sei der Wunsch nach zwei Karten im Einzelfall verständlich und käme auch gar nicht so selten vor. Er ließe sich aber allein schon technisch nicht umsetzen, sodass auch keine Ausnahmeregelung möglich sei.
Welche Alternativen gibt es derzeit zur Zweitkarte?
Die Empfehlung der AOK Plus: Man solle dem Kind die eGK, genauso wie persönliche Sachen wie Schuhe, Lieblingsspielsachen oder auch den Impfausweis, immer mitgegeben. Allerdings sei eine Notfallbehandlung in jedem Falle möglich, auch ohne Versichertenkarte.
Man solle aber im Auge haben, dass der Arzt nach zehn Tagen die Behandlung privat in Rechnung stellen könne, wenn keine eGK oder Ersatzbescheinigung nachgereicht wird. Das Mitgeben mag ein Hinweis sein, im Kindergarten beispielsweise hat das Kind die Karte aber eher nicht dabei, dafür vielleicht die Mama, die das Kind morgens vermeintlich gesund abgeliefert hat. Dann ist es aber der Vater, der nach dem Mittagsschlaf angerufen wird, doch bitte das fiebernde Kind zügig abzuholen.
Ersatzbescheinigung in Papierform
Auf die Ersatzbescheinigung verweisen auch andere Kassen. Die Techniker Krankenkasse schreibt, dass Eltern die Möglichkeit haben, sich eine Ersatzbescheinigung in Papierform schicken zu lassen, die jeweils vier Wochen gültig ist. Alternativ könne man die Ersatzbescheinigung auch über die TK-App des Elternteils erstellen, bei dem das Kind versichert ist.
Die PDF-Datei könne man einfach ausdrucken oder per Fax über die TK an eine Arztpraxis schicken lassen. Ähnlich argumentiert auch die Barmer. Ein kurzer Anruf oder ein Besuch in der Barmer-App oder online genüge, um einen Behandlungsausweis anzufordern. Dieser werde dann ohne Umwege sofort digital bereitgestellt. Das würde auch dem Vater helfen, der sein Kind aus dem Kindergarten holt. Wenn Versicherte die Online-Zugänge zur Barmer nicht nutzen, werde der Behandlungsausweis der Arztpraxis oder dem Krankenhaus zur Verfügung gestellt.
Die IKK classic verweist darauf, dass man in einem Servicecenter vorbeikommen könne oder sich telefonisch melden soll. Die Bescheinigung gibt's dann direkt in die Hand oder werde auch per Fax an die gewünschte Praxis geschickt. Auch über die IKK classic-App oder die Onlinefiliale könne man die Bescheinigung für das Kind anfordern und sich oder dem Arzt zusenden lassen.
Chipkarte auf dem Handy
Die Barmer verweist zunächst auf "gematik", die zentrale Plattform für digitale Anwendungen im deutschen Gesundheitswesen. Hier sei aber eben nur das Ausstellen einer einzigen Gesundheitskarte je Versicherten möglich, Begründung: Man wolle ein hohes Schutzniveau für die persönlichen Daten der Versicherten sicherstellen. Denn die Gesundheitskarte sei mittlerweile mehr als nur die Versicherungsbescheinigung, sondern auch der Schlüssel zu digitalen Anwendungen im deutschen Gesundheitssystem. Nur hat ein Gemeinschaftskonto bei einer Bank auch mehrere "Schlüssel", also Karten. Und es funktioniert tadellos, wie man hört.
Auch die Möglichkeit, die Karte quasi im Handy zu haben, funktioniert. Seit 1. Januar 2024 ist ähnliches auch bei der elektronischen Gesundheitskarte möglich. Es gibt parallel zur Karte die GesundheitsID, die man auf dem Handy hat. Das soll es auch für Kinder geben. Nun hat ein Neugeborenes kein eigenes Handy, die ID des Kindes müsste also auf dem Handy der Eltern eingerichtet werden können.
Die Frage ist, bei welchem Elternteil? Wäre es nur das Elternteil, bei dem das Kind versichert ist, beispielsweise bei der Mutter, könnte ja der Vater mit dem Kind nie zum Arzt gehen, ohne in der neuen digitalen Welt einen analogen Zettel anzufordern. Es muss also eine andere Lösung her. Wir haben dazu das Bundesgesundheitsministerium angefragt.
Grundsätzlich gilt: Zuständig für die Ausgabe der ID sind die Krankenkassen, und zwar auf Antrag des Versicherten. Daraus folgt auch, dass eine Nutzung freiwillig ist. Laut gematik-Portal ermöglich die ID den Zugang zum E-Rezept und zur elektronischen Patientenakte.
Auch die Anmeldung im Krankenhaus soll künftig darüber möglich sein und ab 2026 sei mit der GesundheitsID auch der Versicherungsnachweis in der Praxis möglich. Inwiefern man auf diesem Wege nun quasi über zwei "Karten" verfügt, das ist unklar, aber denkbar. Und zwar mindestens dann, wenn die Identifizierung über die App und über die Karte parallel möglich sind. Bei der bereits erwähnten Giro- oder Kreditkarte geht das ja auch.
Die GesundheitsID kann dann als Alternative zur elektronischen Gesundheitskarte genutzt werden.
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 25. Januar 2024 | 16:40 Uhr