Bundesanwaltschaft Nord-Stream-Anschlag: Verdächtiges Schiff durchsucht

08. März 2023, 21:17 Uhr

In die Berichte über neue Spekulationen zur Zerstörung der Nord-Stream-Pipeline in der Ostsee reiht sich eine Meldung der Bundesanwaltschaft ein. Demnach hatte sie ein Schiff im Fokus, das Sprengstoff transportiert haben soll. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius reagierte unterdessen zurückhaltend auf Berichte über Hinweise auf eine "pro-ukrainische" Sabotage.

Bei ihren Ermittlungen zu den Explosionen an den Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 hat die Bundesanwaltschaft im Januar ein verdächtiges Schiff durchsuchen lassen. Wie die Behörde jetzt mitteilte, besteht der Verdacht, dass das Schiff zum Transport von Sprengsätzen verwendet worden sein könnte, die am 26. September 2022 an den Pipelines in der Ostsee explodierten. Die Auswertung der sichergestellten Spuren und Gegenstände dauere an.

Durchsuchung mehrere Monate nach der Zerstörung

Belastbare Aussagen zur Identität der Täter und deren Tatmotive könnten derzeit nicht getroffen werden – insbesondere auch nicht zu der Frage, ob die Zerstörung möglicherweise unter staatlicher Steuerung erfolgte. Laut Bundesanwaltschaft fand die Durchsuchung vom 18. bis 20. Januar statt. Ein Tatverdacht gegen Mitarbeiter des deutschen Unternehmens, dass das Schiff vermietet hat, bestehe nicht.

Pistorius warnt vor voreiligen Schlüssen

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat unterdessen zurückhaltend auf neue Medienberichte reagiert, wonach eine pro-ukrainische Gruppe für die Lecks der Nord-Stream-Pipelines verantwortlich sein soll. Pistorius sagte im Deutschlandfunk, er habe die Berichte mit großem Interesse zur Kenntnis genommen. Es gelte aber abzuwarten, was sich davon bestätigt. Erst dann könne über mögliche Folgen gesprochen werden.

Pistorius wies daraufhin, dass zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden könne, dass es sich um ein Täuschungsmanöver handeln könne, um pro-ukrainische Gruppen zu beschuldigen.

Kiew bestreitet Beteiligung und spricht von "Kompliment"

Die Ukraine hat als Reaktion auf Medienberichte über Ermittlungsergebnisse zu den Explosionen an den Nord-Stream-Pipelines eine Verantwortung für den mutmaßlichen Sabotageakt bestritten. "Wir stehen nicht hinter dieser Tat", sagte Verteidigungsminister Oleksij Resnikow am Mittwoch vor einem Treffen mit seinen EU-Kollegen in Stockholm. Dass ukrainischen Spezialkräften so ein Einsatz zugetraut wird, sei "eine Art Kompliment", erklärte Resnikow. "Aber das ist nicht unser Tätigkeitsfeld." Der ukrainische Präsidentenberater Michailo Podoljak hatte sich zuvor ähnlich geäußert.

Laut deutschen Medienberichten sowie der "New York Times" führen bei den Ermittlungen zu den Explosionen im September Spuren in die Ukraine. Die Zeitung berichtete am Dienstag, dass nach Erkenntnissen der US-Regierung eine "pro-ukrainische Gruppe" hinter den Explosionen stecke.

Russland spricht von Ablenkungsmanöver

In Moskau wurden die Medienberichte mit Genugtuung und neuen Vorwürfen an den Westen aufgenommen. Die Sprecherin des Außenministeriums schrieb auf ihrem Telegram-Kanal, solche Informationen würden von denjenigen gestreut, "die im Rechtsrahmen keine Untersuchungen führen wollen und versuchen, mit allen Mitteln die Aufmerksamkeit des Publikums abzulenken".

Russland verlangt zugleich von den Staaten der an den Nord- Stream-Pipelines beteiligten Unternehmen, auf schnelle und transparente Untersuchungen der Explosionen zu dringen. Russland dürfe sich weiterhin nicht an den Ermittlungen beteiligen, sagt Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow.

Kretschmer für Reparatur

Derweil unterstützt Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer Überlegungen des Energiekonzerns Eon, die zerstörte Pipeline Nord Stream 1 zu reparieren. "Natürlich ist es wichtig, die Hintergründe der Zerstörung aufzuklären und die Täter zur Verantwortung zu ziehen", sagte der CDU-Politiker am Mittwoch. Noch wichtiger sei es allerdings zum gegenwärtigen Zeitpunkt, die Nord Stream 1 zu sichern, um die Zerstörung durch das Salzwasser zu verhindern.

Zuvor hatte der an der beschädigten Ostsee-Pipeline beteiligte Energiekonzern Eon bekanntgegeben, dass er sich eine Reparatur der Leitungen vorstellen könne. Kretschmer zufolge brauche es 100 Millionen Euro, um die acht Milliarden Euro teure Infrastruktur für die Zukunft zu sichern. Es sei im nationalen Interesse, die Option für Erdgas oder Wasserstoff nach Ende des Krieges aus Russland offen zu halten.

dpa/AFP/Reuters (kkö,ala)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 08. März 2023 | 12:00 Uhr

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