Nahost-Konflikt Notstandsregierung in Israel gebildet
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11. Oktober 2023, 22:09 Uhr
Nach dem Großangriff der Hamas ist in Israel eine Notstandsregierung gebildet worden. Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu und der Oppositionspolitiker Benny Gantz einigten sich auf eine gemeinsame Regierung und ein Kriegskabinett.
Inhalt des Artikels:
- Notstandsregierung in Israel gebildet
- Bisher 3.000 Todesopfer auf beiden Seiten
- Massive Luftangriffe auf Gaza
- Ägypten sichert Grenzöffnung nach Gaza für UN-Hilfe zu
- Putin sieht Russland als möglichen Vermittler in Nahost
- Pistorius bietet Israel deutsche Unterstützung an
- Faeser will hart gegen Hamas-Unterstützer vorgehen
Notstandsregierung in Israel gebildet
In Israel haben sich Regierungschef Benjamin Netanjahu und der Oppositionspolitiker Benny Gantz am Mittwoch auf eine gemeinsame "Notstandsregierung und auf ein Kriegskabinett" geeinigt. Das haben sie in einer gemeinsamen Erklärung mitgeteilt. Oppositionsführer Jair Lapid schloss sich nicht an. Ihm soll aber ein Sitz in dem neuen Kabinett freigehalten werden. Experten gehen davon aus, dass eine breite Koalition nötig sei, um schnellstmöglich wichtige politische und militärische Entscheidungen für die Verteidigung des Landes durchzusetzen.
Dem dreiköpfigen "Kriegskabinett" sollen Netanjahu, Gantz und Verteidigungsminister Joav Gallant angehören. Ex-Armeechef Gadi Eisenkot, der ebenfalls Oppositionsmitglied ist, sowie der Minister für strategische Angelegenheiten, Ron Dermer, fungierten als Beobachter, hieß es in der Erklärung. Netanjahus rechtsextreme und ultrareligiöse Koalitionspartner verbleiben demnach ebenfalls in der Regierung.
Bisher 3.000 Todesopfer auf beiden Seiten
Der Krieg zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen hat bislang mehr als 3.000 Todesopfer auf beiden Seiten gefordert. Wie ein israelischer Militärsprecher bestätigte, wurden allein bei dem Großangriff der Hamas auf Israel am Samstag 1.200 Menschen getötet, weitere 2.700 wurden verletzt. Insgesamt seien bei Kämpfen mit der Hamas bislang rund 170 Soldaten gefallen. Im Gegenzug hätten israelische Truppen seit dem Wochenende mindestens 1.000 bewaffnete Palästinenser getötet, die vom Gazastreifen aus nach Israel eingedrungen waren.
Massive Luftangriffe auf Gaza
Auf palästinensischer Seite wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza bislang mehr als 1.050 getötet und fast 5.200 verletzt. Allein bei den jüngsten Angriffen in der Nacht zu Mittwoch wurden nach Hamas-Angaben mindestens 30 Menschen getötet und hunderte weitere verwundet. Einem AFP-Korrespondenten zufolge wurde dabei auch die mit der radikalislamischen Hamas verbundene Islamische Universität in Gaza bombardiert.
Das israelische Militär bestätigte seinerseits neue Angriffe auf den Gazastreifen. Nach Angaben der israelischen Luftwaffe griffen ihre Kampfjets in der Nacht zu Mittwoch mehr als 200 Ziele an. Dabei seien unter anderem "fortgeschrittene Luftaufklärungssysteme" der Hamas zerstört worden. Zudem seien im Nordosten des Gazastreifens rund 80 mit der Hamas in Verbindung stehende Ziele angegriffen worden, darunter auch eine Waffenfabrik.
Ägypten sichert Grenzöffnung nach Gaza für UN-Hilfe zu
Ägypten hat den Vereinten Nationen derweil die Öffnung seiner Grenze nach Gaza für humanitäre Hilfslieferungen zugesichert. Der nahe dem Übergang Rafah gelegene Flughafen in Al-Arisch auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel könnte ebenfalls genutzt werden, sagte UN-Sprecher Stephane Dujarric am Mittwoch in New York. "Damit der Grenzübergang tatsächlich genutzt werden kann, müssen wir auch die Zusicherung der israelischen Seite haben, dass der Grenzübergang nicht zum Ziel wird. Wir brauchen Zusicherungen, dass humanitäre Hilfe geleistet werden kann."
Die große Mehrheit der Menschen in Gaza sei auf Unterstützung mit Trinkwasser, Nahrungsmitteln und medizinischer Versorgung angewiesen, sagte Tamara Alrifai, Kommunikationschefin des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA). Israel hat eine Blockade über das Gebiet verhängt.
Putin sieht Russland als möglichen Vermittler in Nahost
Der russische Präsident Wladimir Putin sieht sein Land als möglichen Vermittler im eskalierenden Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern. Das Wichtigste sei derzeit, eine Ausweitung der Kämpfe in der Region zu verhindern, sagte Putin am Mittwoch auf der Russischen Energiewoche in Moskau.
Er schloss nicht aus, das frühere Nahost-Vermittlerquartett aus EU, Russland, den USA und den Vereinten Nationen wiederzubeleben. "Wir haben tragfähige geschäftliche Beziehungen zu Israel. Wir haben jahrzehntealte freundschaftliche Beziehungen zu den Palästinensern", sagte er. Russland könne einen Beitrag leisten, meint Putin.
Moskau sieht in dem Terrorangriff der islamistischen Palästinenser-Organisation Hamas auf Israel die Chance, seine internationale Isolierung wegen des Angriffskrieges auf die Ukraine aufzubrechen. Russland hat eigene Kontakte zur Hamas und ist ein enger Verbündeter von deren Hauptunterstützer Iran.
Pistorius bietet Israel deutsche Unterstützung an
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat Israel unterdessen Unterstützung aus Deutschland angeboten. Am Rande der Sitzung des Verteidigungsausschusses des Bundestages sagte der SPD-Politiker, Israel habe bisher erklärt, dass man keine Hilfe militärischer oder technischer Art brauche. Auch humanitäre Hilfe sei bislang nicht abgefragt worden. Es gehe aber um politische Unterstützung. Diese stehe außer Frage. Die Bundeswehr sei zudem grundsätzlich vorbereitet, sich an der Evakuierung von Menschen aus Israel zu beteiligen.
Faeser will hart gegen Hamas-Unterstützer vorgehen
Gegen Sympathisanten und Unterstützer der Hamas in Deutschland kündigte Bundesinnenministerin Nancy Faeser ein hartes Vorgehen an. Die SPD-Politikerin sagte den Funke-Medien, man nutze alle nachrichtendienstlichen und polizeilichen Mittel. Sicherheitsbehörden nähmen die islamistische Szene noch stärker ins Visier. Das gelte auch für das Sammeln von Spenden für die Hamas. Faeser forderte die Landesbehörden zudem auf, konsequent gegen Demonstrationen und Versammlungen einzuschreiten, bei denen die Taten der Hamas gefeiert würden. Zudem sollten Landesbehörden islamistische Straftäter ausweisen, die keinen deutschen Pass hätten.
AFP/Reuters/dpa (dni, jst)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 11. Oktober 2023 | 09:00 Uhr