EU-Wahl bis 9. Juni Europawahl gestartet: Niederlande machen Auftakt
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07. Juni 2024, 22:11 Uhr
Als erstes Land haben am Donnerstag die Niederlande ihre Wahlen zum Europaparlament abgehalten. Weitere EU-Mitgliedsstaaten folgen. Der große Wahltag ist am Sonntag, dem 9. Juni. Dann werden auch in Deutschland die Abgeordneten für das EU-Parlament bestimmt. 720 Abgeordnetensitze sind insgesamt zu vergeben. Wissenswertes zur Europawahl.
- In den meisten EU-Staaten findet die Europawahl am 9. Juni statt.
- Die Anzahl der Sitze im EU-Parlament wächst von 705 auf 720.
- Bei den Wahlen wird ein Rechtsruck erwartet.
In den Niederlanden hat am Donnerstag die Europawahl begonnen. Etwa 13 Millionen Wahlberechtigte waren aufgerufen, über 31 niederländische Abgeordnete im Europaparlament abzustimmen. Laut einer Nachwahlbefragung lag zunächst das Bündnis Groenlinks/PvdA von Grünen und Linken des ehemaligen EU-Kommissars Frans Timmermans vor der Partei des Europa-Skeptikers Geert Wilders.
Weitere EU-Länder folgen
Am Freitag starteten auch die Iren sowie die Tschechen mit der Europawahl. Traditionell wird in der Tschechischen Republik an zwei Tagen gewählt: am Freitagnachmittag und am Samstagvormittag.
Am Sonnabend sind die Wahllokale in Malta, Lettland und in der Slowakei geöffnet. In Italien beginnt Teil eins einer zweitägigen Abstimmung.
Die meisten Länder wählen am Sonntag
In allen anderen Ländern der EU findet die Europawahl am Sonntag statt, auch in Deutschland wird am 9. Juni gewählt. Die Öffnungszeiten der Wahllokale variieren dabei von Land zu Land. In Deutschland schließen die Wahllokale um 18 Uhr. In vielen anderen Ländern kann länger abgestimmt werden. In Italien ist eine Wahl bis 23 Uhr möglich.
Aus diesem Grund veröffentlicht die Bundeswahlleiterin amtliche Ergebnisse am Sonntag auch erst nach 23 Uhr, selbst wenn die Auszählung bereits früher beendet ist.
Wahl in Deutschland am 9. Juni – etwa 65 Millionen Wahlberechtigte
Erstmals dürfen dieses Jahr in Deutschland auch 16- und 17-Jährige wählen, das sind 1,4 Millionen Wahlberechtigte. Insgesamt sind 64,9 Millionen Menschen in Deutschland für die Europawahl 2024 wahlberechtigt. 4,1 Millionen davon kommen aus anderen EU-Mitgliedsstaaten.
Deutschland ist eines der wenigen Länder in der EU, in dem das Wahlalter herabgesenkt wurde. Sonst dürfen nur in Österreich, Belgien, Malta und Griechenland 16- bzw. 17-Jährige bereits wählen.
Insgesamt 1.413 Kandidaten von 35 zugelassenen Parteien stehen zur Wahl. 96 Mandate gehen im EU-Parlament an deutsche Abgeordnete. Damals lag die Wahlbeteiligung in Deutschland bei 61,4 Prozent.
Europawahl weltweit eine der größten Wahlen
In der EU sind rund 360 Millionen Menschen wahlberechtigt. Damit ist die Europawahl eine der größten demokratischen Wahlen weltweit. Bei der letzten Europawahl im Jahr 2019 lag die Wahlbeteiligung zwar nur bei 50,7 Prozent. Im Vergleich zu den Wahlen 2014 war das ein Anstieg. Deswegen rechnet das Europaparlament für die Wahlen 2024 mit einer noch höheren Wahlbeteiligung.
Bei diesen Wahlen geht es um 720 Sitze im Europäischen Parlament. 2019 waren noch 751 Abgeordnere gewählt worden. Nach dem Austritt von Großbritannien sank die Zahl auf 705. Inzwischen haben aber Länder wie Spanien oder Frankreich einen so starken Bevölkerungszuwachs gehabt, dass die Menge an Sitzen im Parlament angepasst wurde. Dementsprechend erhalten Spanien, Frankreich und die Niederlande zwei weitere Plätze. Neun andere Länder bekommen einen Sitz mehr.
Sperrklausel bei der EU-Wahl
Deutschland hat, wie 13 andere EU Länder, keine Sperrklausel. Das heißt, dass Parteien keine Mindesthürde überspringen müssen. Um bei der vergangenen Europawahl im Jahr 2019 einen Sitz im Parlament zu kriegen, reichten rund 240.000 Stimmen. Daher haben es auch einige Kleinstparteien ins EU-Parlament geschafft, zum Beispiel die Partei des Satirikers Martin Sonneborn oder die Ökologisch-Demokratische Partei. Andere Länder haben Sperrklauseln, angefangen bei einer Mindesthürde von 1,8 Prozent bis hin zu fünf Prozent wie zum Beispiel in Frankreich.
Die Spitzenkandidaten bei der Europawahl
Die europäischen Parteien und Fraktionen stellen zusätzlich zu den Abgeordneten auf den nationalen Listen auch Spitzenkandidaten auf. Dabei geht es darum, wer Präsident oder Präsidentin der EU-Kommission wird. Das soll die Europawahl europäischer und länderübergreifender wirken lassen. Letztlich entscheidet aber das Parlament, wer wirklich Kommissionspräsident wird.
Ein Überblick der Spitzenkandidaten:
Europäische Volkspartei (EVP): Kommisionspräsidentin Ursula von der Leyen
Sozialdemokraten (S&D): EU-Arbeitskommissar Nicolas Schmit (Luxemburg)
Liberale (Renew): FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann
Grüne: Europaabgeordnete Terry Reintke und Bas Eickhout (Niederlande)
Linke: Der Österreicher Walter Baier
Rechtsaußen Fraktionen ID und EKR: keine europaweiten Spitzenkandidaten. Beide Fraktionen lehnen es ab, EU-weite Spitzenkandidaten zu ernennen.
Kritik am Prinzip der Spitzenkandidaten
Das Prinzip der Spitzenkandidaten ist umstritten. Manche Staats- und Regierungschefs lehnen es ab. Denn die Spitzenkandidaten müssen nicht zwingend auf den Wahlzetteln stehen, was einige als undemokratisch bezeichnen. Zudem verlieren die Staats- und Regierungschefs an Einfluss, da sie bis 2014 bestimmen konnten, wer als Kommissionspräsident vorgeschlagen wird.
Rechtlich verankert ist das Spitzenkandidaten-Prinzip auch nicht. Im Mai 2022 hat das Europäische Parlament über eine Reform abgestimmt, nach der EU-Bürger ein Recht darauf haben sollen, den Kommissionspräsidenten durch Spitzenkandidaten zu wählen. Das würde dann über landesübergreifende Listen funktionieren. Diesem Vorschlag muss der Europäische Rat aber noch zustimmen.
Umfragen erwarten Rechtsruck in Europa
Auch, wenn das rechte Lager in der EU zuletzt mit einigen Skandalen und Umstrukturierungen beschäftigt war: In ganz Europa wird mit einem Rechtsruck nach der Wahl gerechnet. Umfragen sagen unter anderem Zuwächse für die französische Partei Rassemblement National, die italienische Regierungspartei Fratelli d'Italia, die österreichische FPÖ und die deutsche AfD voraus.
Derzeit gibt es zwei Rechtsaußenfraktionen im Parlament. In der Identität und Demokratie (ID) mit dem Rassemblement National, der italienischen Lega und der niederländischen PVV war bis vor kurzem auch die AfD vertreten. Die AfD wurde von der Fraktion wegen verharmlosender Äußerungen ihres Spitzenkandidaten Maximilian Krah zur SS ausgeschlossen.
In der anderen Fraktion, EKR, sitzen unter anderem die Fratelli d'Italia von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und die polnische PiS-Partei. Sollten sich beide Fraktionen neu sortieren und zusammenschließen, könnten sie zu den drei stärksten Kräften im Europaparlament gehören.
AFP/dpa (hef)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 06. Juni 2024 | 06:14 Uhr