Hintergrund Europawahl 2024: Die wichtigsten Informationen zu Wahl, Parteien und Europaparlament
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09. Juni 2024, 21:16 Uhr
Vom 6. bis 9. Juni 2024 hat die Europawahl stattgefunden. Von neu zugelassenen Parteien über den Aufbau des Europäischen Parlaments bis zum gesunkenen Wahlalter: die wichtigsten Informationen zur Wahl im Überblick.
Inhalt des Artikels:
- Wann war die Europawahl 2024?
- Wann steht das Ergebnis der Europawahl 2024 fest?
- Wer wird bei der Europawahl gewählt?
- Wie oft wird das Europäische Parlament gewählt?
- Wie viele Abgeordnete sitzen im Europäischen Parlament?
- Wie wird bei der Europawahl gewählt?
- Welche Parteien sind in Deutschland für die Europawahl 2024 zugelassen?
- Wer tritt in Deutschland bei der Europawahl an?
- Warum gibt es europaweite Spitzenkandidaten?
- Welche Fraktionen gibt es im Europaparlament?
- Welche deutschen Parteien sind bislang mit wie vielen Abgeordneten im EU-Parlament vertreten?
- Wer darf wählen und welches Wahlalter gilt?
- Gibt es bei der Europawahl eine Sperrklausel?
- Was macht das Europaparlament?
- Warum ist die Europawahl wichtig?
- Wie hoch war die Wahlbeteiligung bei der Europawahl 2019 in Deutschland?
- Seit wann wird das Europaparlament gewählt?
Wann war die Europawahl 2024?
Die Europawahl hat vom 6. bis zum 9. Juni 2024 stattgefunden. In Deutschland wurde am Sonntag, 9. Juni, gewählt.
Hintergrund des mehrtägigen Wahlzeitraums sind unterschiedliche Traditionen in den Mitgliedsstaaten der EU. In einigen Ländern findet die Europawahl an einem Wochentag statt, zum Beispiel in den Niederlanden am Donnerstag.
Wann steht das Ergebnis der Europawahl 2024 fest?
Das Europäische Parlament veröffentlicht am 9. Juni ab 18 Uhr MESZ erste Zahlen für die Länder, in denen die Wahllokale bereits geschlossen sind. Unter Verweis auf nationale Wahlergebnisse werden Hochrechnungen der nationalen Parteien und Fraktionen nach Prozentsatz und Sitzen veröffentlicht. Die Ergebnisse der Europawahl 2024 pro Mitgliedstaat sowie eine sogenannte Projektion der Zusammensetzung des Europäischen Parlaments werden ab 20:15 Uhr veröffentlicht. Dafür zuständig ist die beauftragte Agentur Verian.
Die fortlaufend aktualisierten Daten liefern zunächst eine Schätzung für die Machtverhältnisse im neuen EU-Parlament. Dazu nutzt Verian alle verfügbaren Daten und die offiziellen nationalen Zwischenergebnisse nach Schließung der Wahllokale. Verian teilt dann die nationalen Ergebnisse auf die derzeitig sieben Fraktionen des Europaparlaments auf und prognostiziert die Sitzverteilung.
Die genaue Zusammensetzung der Fraktionen entscheidet sich erst bei der konstituierenden Sitzung des neuen Europäischen Parlaments, die am 16. Juli 2024 geplant ist. Dann soll auch die neue Präsidentin oder der neue Präsident der EU-Kommission gewählt werden.
Wer wird bei der Europawahl gewählt?
Bei der Europawahl werden die Abgeordneten des Europäischen Parlaments gewählt. Jedes Land hat eine feste Anzahl von Sitzen. Deutschland besetzt 96 Parlamentssitze.
Wie oft wird das Europäische Parlament gewählt?
Die EU-Abgeordneten werden in allen EU-Ländern alle fünf Jahre direkt gewählt. Die nächsten Europawahlen wären demnach 2029.
Wie viele Abgeordnete sitzen im Europäischen Parlament?
Die Anzahl der Sitze im Europaparlament wird nach der Europawahl 2024 von 705 auf 720 erhöht. Damit soll der Zunahme der Bevölkerung in einigen Mitgliedsstaaten Rechnung getragen werden. Konkret erhalten Spanien, Frankreich und die Niederlande jeweils zwei zusätzliche Sitze. Je ein weiteres Mandat erhalten Belgien, Dänemark, Irland, Lettland, Österreich, Polen, Slowenien, Finnland und die Slowakei. Deutschland hat 96 Sitze im EU-Parlament.
Nach EU-Recht darf das Parlament neben dem Parlamentspräsidenten maximal 750 Sitze haben. Nach der Wahl 2019 und dem Austritt Großbritanniens war die Zahl der Sitze von 751 auf 705 gesunken.
Wie wird bei der Europawahl gewählt?
Vorgeschrieben ist ein reines Verhältniswahlrecht. Es gibt also keine Wahlkreiskandidaten wie bei der Bundestagswahl. Jeder Wähler hat nur eine Stimme. Diese Stimmen geben die Wahlberechtigten an eine Partei.
Welche Parteien sind in Deutschland für die Europawahl 2024 zugelassen?
In Deutschland waren insgesamt 35 Parteien für die Wahl zugelassen. Auf dem Wahlzettel standen aber nur 34. Das liegt daran, dass die CSU nur in Bayern zugelassen ist und die CDU in allen anderen Bundesländern zur Wahl steht.
Zugelassen werden die Parteien vom Bundeswahlausschuss. Neu dabei waren dieses Jahr zum Beispiel das Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) und die Klima-Organisation "Letzte Generation". Auch kleinere Gruppierungen mit spezifischen Themen, wie die "Partei der Vernunft" oder die "Partei für schulmedizinische Verjüngungsforschung", hat der Bundeswahlausschuss zugelassen.
Wer tritt in Deutschland bei der Europawahl an?
Die Parteien stellen Listen mit den Namen und der Reihenfolge ihrer Kandidaten auf. Auf diese Weise wissen die Wähler, welche Personen sie ins Parlament entsenden, wenn sie einer bestimmten Partei ihre Stimme geben.
In Deutschland bestimmen die meisten Parteien bundesweite Listen mit Kandidaten. Es gibt aber Ausnahmen. CDU und CSU stellen zum Beispiel bei für jedes Bundesland einzelne Listen auf.
Ein Überblick über den Stand bei den im Bundestag vertretenen Parteien.
- Bei der CDU strebte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine zweite Amtszeit an. Gewählt wurden in Mitteldeutschland indes einzelne Landeslisten. Der Landesverband in Sachsen-Anhalt ernannte Alexandra Mehnert zur Spitzenkandidatin. In Sachsen trat Oliver Schenk an erster Stelle der Liste an. In Thüringen führte Marion Walsmann die Liste als Spitzenkandidatin an.
- Die AfD führte der Sachse Maximilian Krah in den Wahlkampf. Nach einigen Skandalen verhängte die AfD allerdings ein Auftrittsverbot für Krah. Krah trat daraufhin vom AfD-Bundesvorstand zurück.
- Für die SPD trat die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Katarina Barley, als Spitzenkandidatin an. Dazu gab es eine bundesweite Kandidatenliste.
- Die FDP nominierte Agnes Strack-Zimmermann auf einem Parteitag als Spitzenkandidatin einer bundesweiten Liste.
- Terry Reintke führte die Grünen in den Wahlkampf. Sie stand an der Spitze einer deutschlandweiten Liste von 40 Kandidatinnen und Kandidaten.
- Die Linke zog mit Parteichef Martin Schirdewan an der Spitze in den Wahlkampf. Auf dem zweiten Platz der bundesweiten Liste stand zudem die Aktivistin Carola Rackete. Rackete wurde als Kapitänin der Sea-Watch 3 bekannt, nachdem sie mit Geflüchteten an Bord unerlaubt den Hafen von Lampedusa anlief.
Warum gibt es europaweite Spitzenkandidaten?
Das Spitzenkandidaten-Prinzip ist in der EU nicht rechtlich verankert, wird aber von einigen EU-Politikern befürwortet, um die Rolle des Parlaments bei zentralen Personalentscheidungen zu stärken. Demnach soll der Politiker Kommissionspräsident werden, der zuvor als Spitzenkandidat bei der EU-Parlamentswahl die meisten Stimmen bekommen hat.
Zum Tragen kam dieses Prinzip bislang allerdings nur 2014, als die EU-Staats- und Regierungschefs den Wahlsieger Jean-Claude Juncker als Kommissionschef vorschlugen und dieser anschließend vom EU-Parlament gewählt wurde. 2019 war der erfolgreiche Spitzenkandidat Manfred Weber am Widerstand unter anderem von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gescheitert – Ursula von der Leyen wurde Kommissionspräsidentin, obwohl sie gar nicht zur Parlamentswahl angetreten war.
Bei der Wahl des Kommissionschefs liegt das Vorschlagsrecht beim Europäischen Rat. Die Mitglieder müssen den Wahlausgang dabei lediglich "berücksichtigen".
Welche Fraktionen gibt es im Europaparlament?
Im Europaparlament gibt es derzeit sieben Fraktionen. Stärkste Kraft ist die EVP mit 177 Sitzen, in der auch die Abgeordneten von CDU und CSU vertreten sind. Die Sozialdemokraten stellen 143 Abgeordnete, die Liberalen 101, die Grünen 72. Dahinter folgen die EU-skeptischen Fraktionen EKR (66 Sitze) und ID (60). Zur EKR zählt etwa die polnische PiS; zur ID gehören unter anderem die AfD und der französische Rassemblement National. Die Fraktion der Linken hat 37 Mitglieder. 49 Abgeordnete sind fraktionslos.
Stand: 10.10.2023, Quelle: Europäisches Parlament
Welche deutschen Parteien sind bislang mit wie vielen Abgeordneten im EU-Parlament vertreten?
Die Union stellt in der vergangenen Wahlperiode die meisten deutschen Europaabgeordneten. Von der CDU saßen 24 Abgeordnete im Europaparlament, von der CSU 6. Die Grünen hatten 21 deutsche Parlamentarier im EU-Parlament, die SPD 16. Dahinter folgten die AfD (9) sowie Linke und FDP mit je fünf Abgeordneten. Die Freien Wähler haben zwei Mandate.
Weil es keine Sperrklausel gibt, ist auch eine Reihe von deutschen Parteien in Brüssel mit jeweils einem Abgeordneten vertreten gewesen. Das waren bislang: Volt, Piraten, Ökologisch-Demokratische Partei, Bündnis Deutschland und Die Partei. Daneben gab es noch zwei parteilose Kandidaten, darunter den ehemaligen AfD-Chef Jörg Meuthen.
Wer darf wählen und welches Wahlalter gilt?
Wahlberechtigt sind alle deutschen Staatsbürger sowie alle in Deutschland wohnhaften Staatsangehörigen der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die – und das ist neu – mindestens 16 Jahre alt sind. Das Wahlalter wurde von 18 auf 16 abgesenkt. Gewählt werden darf jeweils nur in einem Land.
Gibt es bei der Europawahl eine Sperrklausel?
Jein. Viele Länder haben zwar eine Sperrklausel. In den meisten dieser Staaten ist die Zahl der zu wählenden Sitze aber so gering, dass die Klausel gar nicht angewandt wird. Es gibt nur sieben Länder, die deutlich mehr als 20 Abgeordnete stellen, wo also rechnerisch ein Wahlergebnis unter fünf Prozent ausreicht, um einen oder mehrere Kandidaten nach Brüssel zu bringen. Von diesen hatten – Stand 2019 – Frankreich (5 Prozent), Polen (5 Prozent), Rumänien (5 Prozent) und Italien (4 Prozent) klassische Sperrklauseln.
In Deutschland gibt es nach Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts von 2011 und 2014 keine Prozenthürde mehr. Die Karlsruher Richter erklärten, die Sperrklausel sei ein Eingriff in die Wahlrechts- und Chancengleichheit, der im Falle es EU-Parlaments nicht zu rechtfertigen sei.
Die EU hat Inzwischen beschlossen, dass die Mitgliedsstaaten Sperrklauseln einführen müssen. Der Bundestag stimmte auf dieser Basis im Juni 2023 mit Zwei-Drittel-Mehrheit erneut für die Einführung einer Sperrklausel. Die Hürde soll bei mindestens zwei Prozent liegen. Festgelegt wurde der Prozentsatz aber noch nicht. Dafür müsste noch das Europawahlgesetz geändert werden, was bislang ausblieb. Für die Wahl 2024 kommt die Änderung in jedem Fall zu spät. Und auch die Einführung 2029 ist fraglich, da noch immer verfassungsrechtliche Bedenken bestehen.
Was macht das Europaparlament?
Das Parlament als Vertretung der Bevölkerung ist eine von drei wichtigen EU-Institutionen neben der EU-Kommission und dem Europäischen Rat. Die EU-Kommission ist die Verwaltung, der Rat die Vertretung der Regierungen der Mitgliedstaaten.
Das Parlament stimmt gleichberechtigt mit dem Rat der EU über Gesetzesvorschläge der EU-Kommission ab. Es darf keine eigenen Gesetzentwürfe vorlegen, kann aber Änderungen an denen der Kommission verlangen. Gleiches gilt für den Haushalt. Auch hier kommt der Vorschlag von der Kommission, und auch er braucht die Zustimmung des Parlaments (und des Ministerrates der EU-Mitgliedsstaaten). Außerdem wählt das Parlament den Kommissionspräsidenten und stimmt im Block über die Mitglieder der Kommission ab. Schließlich kann das Parlament der Kommission das Misstrauen aussprechen. Diese muss dann komplett zurücktreten.
Warum ist die Europawahl wichtig?
Sehr viele wichtige Entscheidungen werden heutzutage auf europäischer Ebene getroffen, zum Beispiel wenn es um länderübergreifende Themen wie Handelsverträge, Umweltschutz oder Migration geht.
Die Entscheidungen haben Einfluss auf unseren Alltag, gerade wenn es um die Rechte von Verbrauchern geht. So hat die EU in der Vergangenheit etwa immer wieder die Rechte von Reisenden gestärkt, niedrigere Handykosten im Ausland durchgesetzt oder den Datenschutz im Internet verbessert.
Dem EU-Parlament kommt dabei eine wichtige Rolle zu. Etwa neun von zehn EU-Regelungen müssen heute vom EU-Parlament mitbeschlossen werden.
Wie hoch war die Wahlbeteiligung bei der Europawahl 2019 in Deutschland?
In Deutschland beteiligten sich 61,4 Prozent der Wahlberechtigten.
Seit wann wird das Europaparlament gewählt?
Das Europaparlament gibt es seit 1952. Bis 1979 setzte es sich aus Parlamentsvertretern der Mitgliedsländer zusammen. Die erste Wahl fand im Juni 1979 statt. Seitdem wird alle fünf Jahre gewählt.
Quellen: dpa, AFP, Bundeszentrale für politische Bildung, MDR (ala)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL FERNSEHEN | 22. Mai 2024 | 17:45 Uhr