Frauenrechte in Afghanistan Internationale Kritik an Taliban nach NGO-Arbeitsverbot für Frauen
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27. Dezember 2022, 15:15 Uhr
Seit ihrer Machtübernahme vor mehr als einem Jahr schränken die Taliban die Rechte von Frauen in Afghanistan immer mehr ein. Vor ein paar Tagen hatten sie Frauen verboten zu studieren, jetzt sollen sie nicht mehr für Nichtregierungsorganisationen arbeiten dürfen. Das sorgt international für scharfe Kritik. Einige Organisationen wollen ihr Engagement in dem Land nun aussetzen.
- Weil die Taliban Frauen in Afghanistan verbieten, für NGOs zu arbeiten, gibt es international Kritik.
- 183 internationale Organisationen fordern eine Rücknahme des Arbeitsverbotes.
- Millionen Menschen in Afghanistan sind auf humanitäre Hilfe angewiesen.
Die Kritik am Beschäftigungsverbot für Frauen, die in Afghanistan in Nichtregierungsorganisationen (NGOs) arbeiten, hält an. Mehrere ausländische Hilfsorganisationen setzten ihre Tätigkeit in Afghanistan aus. "Bis wir Klarheit über diese Ankündigung haben, setzen wir unsere Programme aus", hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung von Save the Children, dem Norwegischen Flüchtlingsrat (NRC) und Care am Sonntag. Organisationen, die das von den Taliban verhängte Verbot nicht einhalten, droht der Entzug ihrer Zulassung.
Außenministerin Annalena Baerbock erklärte, Deutschland werde sich "für eine deutliche Reaktion der internationalen Gemeinschaft" einsetzen. Die Taliban raubten "der Hälfte der Bevölkerung ein weiteres Grundrecht, brechen humanitäre Prinzipien und gefährden die lebenswichtige Versorgung der Menschen".
Geschlechtsbezogene Verfolgung könne "auch ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit sein", so Baerbock weiter. Entwicklungsministerin Svenja Schulze stellte bisherige Afghanistan-Hilfen infrage. Die Taliban hätten einen "unverantwortlichen Schlag gegen die Hilfe für das afghanische Volk getan".
183 Hilfsorganisationen fordern Rücknahme des Verbots
Gemeinsam mit anderen Hilfsorganisationen protestiert auch die Welthungerhilfe gegen das Beschäftigungsverbot. In einer am Montag veröffentlichten Erklärung fordern die Organisationen die Taliban-Regierung in Kabul auf, die Anordnung zurückzunehmen. Das Statement von ACBAR, dem Dachverband der in Afghanistan tätigen Nichtregierungsorganisationen, wurde laut Welthungerhilfe von 183 lokalen und internationalen Organisationen unterschrieben. Diese beschäftigten insgesamt mehr als 55.000 Mitarbeitende in Afghanistan, 28 Prozent davon weiblich.
Auch andere Hilfsorganisationen erklärten, ihre Arbeit in Afghanistan vorerst einstellen zu wollen, darunter das Internationale Rettungskomitee (IRC). Die Organisation teilte am Sonntag mit, sie sei auf allen Ebenen "auf weibliche Angestellte angewiesen". "Wenn es uns nicht erlaubt ist, Frauen zu beschäftigen, können wir den Bedürftigen nicht helfen."
Wirtschaftskrise in Afghanistan verschlimmert
Millionen Menschen in Afghanistan sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Es geht vor allem um medizinische Hilfe für Kinder, da sie häufig an Mangelernährung leiden, und für Frauen im gebärfähigen Alter. Die Programme umfassen aber auch Bildungsangebote und Projekte für Menschen mit Behinderung.
Seit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 hat sich die Wirtschaftskrise im Land verschlimmert. Die Taliban hatten zunächst angekündigt, weniger hart vorgehen zu wollen als während ihrer ersten Herrschaft von 1996 bis 2001. Erst am 21. Dezember diesen Jahres hatten die Taliban Frauen verboten, zu studieren.
AFP, epd (kar,jan)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 27. Dezember 2022 | 07:00 Uhr