Kosovo Westen besorgt: Serbiens Präsident versetzt Armee in Alarmbereitschaft
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28. Mai 2023, 10:08 Uhr
Nach der Vereidigung neu gewählter Bürgermeister im mehrheitlich serbisch bevölkerten Nordkosovo ist es zu teilweise gewaltsamen Ausschreitungen gekommen. Wegen der Zusammenstöße von serbischen Demonstranten mit der Polizei versetzte Serbiens Präsident Aleksandar Vucic das Militär in Alarmbereitschaft und verlegte Soladeten an die Grenze. Die Mobilmachung befeuert alte politische Spannungen zwischen den beiden Ländern. Westliche Staaten kritisieren den Schritt und rufen zur Mäßigung auf.
Nach den Unruhen bei Bürgermeisterwahlen im Kosovo am Freitag haben sich mehrere westliche Staaten beunruhigt über die Anordnung von Serbiens Präsident Aleksandar Vucic gezeigt, Soldaten an die Grenze zum Kosovo zu schicken, darunter auch Deutschland. In einer gemeinsamen Erklärung riefen die Bundesrepublik, Frankreich, Großbritannien, Italien und die USA die beteiligten Parteien zur "maximalen Zurückhaltung" auf. Sie forderten den Kosovo zudem auf, die Lage zu beruhigen. Auch die Nato mahnte eine Deeskalation an.
Hintergrund der Mobilmachung sind Zusammenstöße im Norden des Kosovo zwischen Serben und der Polizei. Vucic hatte nach Angaben des Staatssender RTS daraufhin die Armee in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt und Soldaten an die Grenze zum Kosovo verlegen lassen.
Unruhen nach Bürgermeisterwahl in Kosovo
Ethnische Serben hatten am Freitag gegen den Amtsantritt neu gewählter Bürgermeister im Nordkosovo demonstriert. Örtlicher Medien zufolge setzte die Polizei Tränengas und Blendgranaten ein. Etwa zehn Menschen seien verletzt sowie mehrere Autos beschädigt worden, sagte die Vizechefin des Hospitals, Danica Radomirovic. Am Morgen beruhigte sich die Lage wieder.
Die Bürgermeisterwahlen befeuern alte Spannungen zwischen den ethnischen Gruppen. Kosovarische Behörden hatten im April in den vier mehrheitlich von Serben bewohnten Orten Kommunalwahlen abgehalten. Die serbische Bevölkerung boykottierte die Wahlen. Deshalb lag die Wahlbeteiligung nur bei 3,5 Prozent. Trotzdem wurde damit begonnen, die Bürgermeister zu ernennen. Die Serben fordern Autonomie und weigern sich, mit den vier neuen, albanischen Bürgermeistern zusammenzuarbeiten.
Besorgnis und Warnungen um Bürgermeisterwahlen in Kosovo
US-Außenminister Antony Blinken verurteilte die Ernennung der Bürgermeister trotz Warnungen aus Brüssel und den USA scharf. "Diese Aktionen haben die Spannungen drastisch und unnötig verschärft", erklärte Blinken am Freitag.
Das 1,8-Millionen-Einwohner-Land Kosovo mit seiner mehrheitlich albanischen Bevölkerung hatte im Jahr 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt, wird aber von Belgrad bis heute als serbische Provinz betrachtet. Etwa 120.000 Serben leben im Kosovo.
Serbiens Präsident Vucic gibt Vorsitz von Regierungspartei ab
Unterdessen ist der serbische Präsident Vucic den Vorsitz seiner Regierungspartei, der Serbischen Fortschrittspartei (SNS), zurückgetreten. Das teilte er auf einer Kundgebung in Belgrad mit. Zugleich kündigte er an, eine "regierungstreue Bürgerbewegung" gründen und anführen zu wollen. Die SNS kam am Samstag aber zu einem Parteitag zusammen. Zu seinem Nachfolger wählten die Delegierten Verteidigungsminister Miloš Vucevic. Er wurde von Vucic vorgeschlagen und hatte keinen Gegenkandidaten.
Der serbische Präsident bestimmt seit 2012 in verschiedenen Funktionen die Geschicke des Landes. Kritiker werfen ihm einen autokratischen Führungsstil vor. Vucic und seine Gefolgsleute kontrollieren die meisten Medien, die Justiz und einen Teil der Wirtschaft in Serbien. Die politischen Entwicklungen im Land sowie die erneuten Spannungen mit dem Kosovo erschweren einen geplanten EU-Beitritt.
MDR, AFP (lmb)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 27. Mai 2023 | 14:00 Uhr