Konfekt Kras Zagreb
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Kroatien - Partnerland der "Internationalen Grünen Woche Berlin 2020" Schokoladenstreit auf dem Balkan

18. Januar 2020, 09:11 Uhr

Die Pralinen "Bajadere" waren einst ein jugoslawisches Symbol, heute sind sie ein Stolz Kroatiens. Deshalb durfte der Süßwarenhersteller Kraš mit Sitz in Zagreb nicht an einen serbischen Geschäftsmann verkauft werden – obwohl der das beste Angebot hatte.

Der Name hat nichts mit Goethes "Bajadere" zu tun, die den indischen Gott Mahadöh derart verführte, dass er "mit Freuden" "durch tiefes Verderben" sein menschliches Herz entdeckte. Doch die Pralinen "Bajadere" des kroatischen Süßwarenherstellers Kraš sind dermaßen verführerisch und in ihrer erhabenen Schokolust verlockend, dass sie so manchen Menschen ins Verderben des Übergewichts geführt haben. Kraš ist einer der kroatischen Aussteller bei der diesjährigen "Internationalen Grünen Woche" in Berlin.

Edle sozialistische Schokolade

In golden-braune Schachteln gepackt, in golden-braunes Papier eingewickelt, wirkten die mit Walnüssen, Mandeln und Haselnüssen gefüllten Nougatpralinen irgendwie sehr edel in der Menge fader sozialistischer Milchschokoladen. Wesentlich teurer waren sie auch, von ihrem Taschengeld konnten sie jugoslawische Kinder nicht kaufen.

Titos Frau Jovanka mochte das Konfekt

Für den Ruhm der "Bajadere" sorgte einst Jovanka Broz, die Gemahlin des Präsidenten der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien Josip Broz Tito. Jovanka liebte die Pralinen. Und so wurden sie auch stets bei Titos Empfängen gereicht. Ich kenne allerdings auch wirklich niemanden, der den milden, fast zärtlichen Nougatgenuss der "Bajadere" nicht mag. Es ist auch meine Lieblingssüßigeit. Und sie gehört zur jugoslawischen Kindheit ebenso wie Titos Parole "Hütet die Brüderlichkeit und Einigkeit wie euren Augapfel".

Vom jugoslawischen zum kroatischen Symbol

Jugoslawien fiel im blutigen Bürgerkrieg in den 1990er-Jahren auseinander. Manche jugoslawischen Symbole wurden nach dem Scheitern der multinationalen sozialistischen Ideologie in nationale Symbole der verfeindeten Völker umgewandelt. Für junge Menschen im postjugoslawischen Raum ist das Konfekt von Kraš selbstverständlich eine kroatische Süßigkeit, die, um Gottes Willen, nichts mit Jugoslawien zu tun hat.

Älteste Schokoladenfabrik des Balkans

Doch der Süßwarenhersteller Kraš wurde bereits 1950 gegründet. Benannt wurde er nach dem jugoslawischen Kommunisten Josip Kraš, der im Herbst 1941 gefallen war. Die Firma entstand durch die Fusion der verstaatlichten Firmen Union (gegründet 1911 und damit älteste Schokoladenfabrik auf dem Balkan) und Bizjak (gegründet 1923; sie produzierte Zwieback, Kekse und Waffeln). Trotz der stark antikommunistischen Stimmung im unabhängigen Kroatien wurde der Name des bekanntesten kroatischen Herstellers von Süßwaren nicht geändert – er hatte sich zu sehr in der Bevölkerung eingebürgert. Als man nach dem Krieg die "Bajadere" wieder in serbischen Geschäften kaufen konnte, freuten sich viele Bürger Serbiens, vor allem die Älteren, bei denen sich Jugoslawien fürs ganze Leben eingeprägt hatte. Es war auch ein Zeichen der Entspannung zwischen Kroatien und Serbien.

Konfekt Kras Zagreb Firmenlogo
Firmenlogo des kroatischen Schokoladenherstellers Kraš Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Wirbel um den Verkauf von Kraš

Weder in Serbien noch in Kroatien ist der jugoslawische Bürgerkrieg aufgearbeitet worden. Jedes Volk hat seine eigene Wahrheit, die sich von der kollektiven Wahrheit der anderen Völker unterscheidet. Das führt immer wieder zu bilateralen Krisen.

So sorgte es für Wirbel in Kroatien, als der serbische Geschäftsmann Nebojša Šaranović das Kontrollpaket der Arbeiteraktien von Kraš kaufen wollte. Obwohl seine in Serbien registrierte Firma "Kapa Star Limited" etabliert ist in der Herstellung von Süßwaren und sein Angebot um rund acht Millionen Euro höher ausfiel, entschieden sich die Kraš-Aktionäre für die kroatische Firma "Braća Pivac" (Brüder Pivac), die in der Fleischindustrie tätig ist. Die "Bajadere" bleibt in unseren Händen, stellten kroatische Medien erleichtert fest, der Serbe Šaranović, der rund 48 Millionen Euro investierte, musste sich mit einem Minderheitspaket von 28 Prozent Aktien begnügen. Die serbische Presse witterte nationalistisch motivierte, finstere Geschäfte beim Verkauf der Kraš-Aktien.

Originalrezept bleibt unverändert

Serbischen Konsumenten, die sich von den Pralinen längst haben verführen lassen, ist das egal. Hauptsache, man kann die traditionsreichen Pralinen auch weiterhin in Serbien kaufen und das wie ein Staatsgeheimnis gehütetete Originalrezept wird nicht verändert.

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Pralinen von Kraš Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Über dieses Thema berichtet "MDR-Aktuell" im Radio 18.01.2020 | 07:15 Uhr

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