Urlaubsregion Abchasien: "Die Rote Riviera" im Dämmerschlaf
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18. März 2020, 05:00 Uhr
Sonnig-mildes Klima, eine lange Küste und die Berge des Kaukasus: Das ist Abchasien. Die Region am Schwarzen Meer bietet alles, was sich Urlauber wünschen. Theoretisch.
In der UdSSR galt Abchasien, von 1921 bis 1931 Sowjetrepublik und dann von Stalin Georgien zugeschlagen, als mondän und war bei den sowjetischen Touristen ein äußerst begehrtes Urlaubsziel. Die Region bot tolle Strände, Palmen, hübsche Strandpromenaden, Seebrücken und Hotels. Wichtig für den touristischen Erfolg war eine Eisenbahnstrecke entlang der Schwarzmeerküste, die in der Stalinzeit abschnittsweise fertiggestellt wurde. Viel Wert legte man dabei auf die prächtigen Bahnhöfe. Einer der größten befindet sich in der abchasischen Hauptstadt Sochumi.
Das Paradies verfällt
Heute kann man das einstige Flair nur noch erahnen. Denn nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion begann die "sowjetische Riviera" allmählich zu verfallen. Anfang der 1990er-Jahre führte Abchasien einen blutigen Unabhängigkeitskrieg gegen Georgien. Seine Spuren sind in Sochumi auch heute noch allgegenwärtig. Sochumi lag damals im Mittelpunkt des Kampfgeschehens. Das abchasische Parlamentsgebäude brannte 1993 aus und ist zu einem Symbol dieses Krieges geworden.
Unabhängiges Land?
Der Bürgerkrieg zog sich über Jahre hin. Erst 2008 erkannte Russland, als erstes Land der Welt, Abchasien als unabhängiges Land an. Vier weitere UN-Mitgliedsstaaten folgten. Deutschland ist nicht darunter. Von einer echten Unabhängigkeit kann ohnehin nicht die Rede sein. Abchasien hängt am russischen Tropf, russische Zuwendungen stellen einen Großteil des "Staats"-Haushalts dar.
Tourismus als Haupteinnahmequelle
Und auch im Tourismus spielt der große Nachbar eine zentrale Rolle. Die meisten der rund 1,5 Millionen Gäste, die sich jedes Jahr in Abchasien erholen, kommen aus Russland. Tourismus ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige Abchasiens.
Verfallene Hotels
Mit westlichem Standard kann die "Rote Riviera" nicht aufwarten. Die veraltete Infrastruktur stammt größtenteils noch aus der Sowjetzeit. Das ehemals bekannteste Hotel Sochumis, das "Hotel Abchasia", ist nur noch eine Ruine. Neue Hotels wurden seit dem Sezessionskrieg Anfang der Neunziger nur selten gebaut. Viele Touristen übernachten daher in Privatunterkünften.
Westliche Touristen
In Westeuropa sind die steinigen, aber wunderschön in die Kulisse des Kaukasus passenden Strände des Landes nahezu unbekannt. Und der ungeklärte völkerrechtliche Satus Abchasiens tut ein Übriges. Dass sich die Lage in naher Zukunft grundlegend ändern wird, ist wegen des Konflikts mit Georgien, das die Unabhängigkeit seiner abtrünnigen Provinz nicht anerkennen will, unwahrscheinlich. Und so wird die einstige "Rote Riviera" wohl noch lange in ihrem postsowjetischen Dämmerschlaf verharren.
(Über dieses Thema berichtete MDR AKTUELL im TV am 15.06.2018, 17.45 Uhr)