Zauberwürfel von Ernő Rubik
Der Rubikwürfel, auch als Zauberwürfel oder englisch Cube bekannt, hat die Welt erobert. Sein Erfinder Ernő Rubik feiert nun seinen 80. Geburtstag. Bildrechte: MDR | Volker Queck

Ernő Rubik Warum Rubik's Cube die Welt noch immer fasziniert

14. Juli 2024, 08:58 Uhr

Ernő Rubik, der am 13. Juli 80 Jahre alt geworden ist, hat vor einem halben Jahrhundert in Budapest den "Zauberwürfel" erfunden. Das Logikspiel ist weltberühmt geworden. Politiker nutzen es, um für Ungarn als kreatives Land zu werben. Obwohl viele damit experimentieren, wie man das Rätsel des Würfels in wenigen Sekunden lösen kann, hat Rubik den Würfel ursprünglich nicht für den Wettbewerb, sondern für den Unterricht geschaffen.

Porträt Kornelia Kiss
Bildrechte: Kornelia Kiss/MDR

Ungarn wirbt mit dem Rubikwürfel

Das Motto der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft, die im Juli begonnen hat, kann in Europa spalterisch wirken: "Make Europe Great Again" ist eine klare Anspielung auf Donald Trumps Slogan "Make America Great Again". Zum Symbol der ungarischen Ratspräsidentschaft wurde hingegen ein Objekt gewählt, das eher eint als spaltet: der Rubik-Würfel. Er vereint zumindest diejenigen, die sich fürs Lernen und Spielen begeistern – und zwar weltweit.

Papst Franziskus hält einen Rubikwürfel
Ungarn wirbt mit dem Rubikwürfel – nicht nur jetzt anlässlich seiner EU-Ratspräsidentschaft, auch Papst Franziskus bakam bei seinem Besuch in Budapest im April 2023 einen Zauberwürfel. Bildrechte: IMAGO / ABACAPRESS

In der Begründung der ungarischen Regierung heißt es, dass der Würfel "auf den ungarischen Erfindergeist und die ungarische Problemlösungskompetenz" hinweise. Der Erfinder, Architekt, Designer und Spieleentwickler Ernő Rubik hat das Spiel vor 50 Jahren entwickelt. Erst später wurde der Würfel nach ihm benannt – anfangs nannte man ihn "Zauberwürfel". Bis zum Beginn der 1980er Jahre ist er bereits so populär geworden, dass 1982 die erste Rubikwürfel-Weltmeisterschaft stattfand. Seitdem hat sich eine Fülle von Wissen angesammelt, wie man den Würfel so schnell wie möglich lösen kann.

Ursprünglich für Unterricht entwickelt

Rubik selbst findet das gar nicht so gut. Erst kürzlich sagte er in einem Interview, das auf der Webseite der Moholy-Nagy Universität veröffentlicht wurde, dass er die Wettbewerbe nicht unterstütze, "denn ein Problem sollte nicht schnell, sondern gut gelöst werden".

Ernő Rubik mit Viktor Orbán
Ernő Rubik (rechts) bekommt eine Auszeichnung von Ministerpräsident Viktor Orbán überreicht (August 2014). Bildrechte: IMAGO/Xinhua

Entwickelt hatte Rubik seinen Würfel einst für Bildungszwecke. Damals unterrichtete er an der Universität für angewandte Kunst in Budapest (heute: Moholy-Nagy-Universität für Kunsthandwerk und Gestaltung). Lernen und Bildung haben für ihn nach wie vor Priorität: in einem Interview mit der Daily Mail hat er die Regierungen der Welt dazu aufgerufen, "die Hälfte ihrer Budgets für Bildung auszugeben".

Speedcubing: Zauberwürfel-Wettbewerbe

Dem Wettbewerbsgeist tut das jedoch keinen Abbruch: Würfelwettbewerbe werden wetweit unter dem Dach der World Cube Association organisiert – in Ungarn von dem Verein Speedcubing Hungary. Kurz vor Rubiks Geburtstag, am 6. Juli, versammelten sich die Spieler, meist "Cuber"genannt, in der Lobby einer Schule in Budapest. Am selben Tag fanden unter anderen in Indonesien, Kanada, den USA, Frankreich, Paraguay Wettbewerbe statt.

Zauberwürfel auf ungarischer Briefmarke
Auf dem Höhepunkt der Würfelbegeisterung in den 1980ern gab die ungarische Post sogar eine Briefmarke mit dem Rubikwürfel heraus. Bildrechte: IMAGO / Zoonar

In Ungarn selbst haben Rubik-Wettbewerbe eine lange Tradition. "In den 1980er Jahren war der Würfel-Wahnsinn ziemlich stark in Ungarn konzentriert. Die erste Weltmeisterschaft fand 1982 in Ungarn statt.  Das war praktisch der Höhepunkt", sagt der 33-jährige Historiker Bence Barát, der Vizevorstand des Vereins Speedcubing Hungary.

Menschen hantieren mit Zauberwürfeln 2 min
Bildrechte: Deutsches Rundfunkarchiv
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Mit diesen drastischen Worten beschreibt der Moderator des DDR-Wissenschaftsmagazins "aha" die Beliebtheit des Zauberwürfels in Ungarn.

Mo 07.09.1981 16:00Uhr 01:49 min

https://www.mdr.de/geschichte/stoebern/damals/video-ungarn-erno-rubik-wuerfel-zauberwuerfel-100.html

Rechte: Deutsches Rundfunkarchiv

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Später ließ die Popularität des Würfels nach Baráts Worten ein wenig nach: "Ab Ende der 1980er Jahren und in den 1990er Jahre saßen die Leute eher vor ihren Computern, so dass in der ganzen Welt, auch in Ungarn, das Würfelrennen praktisch auf Eis gelegt wurde." Paradoxerweise haben sich die Würfel-Fans dann aber im Internet wiedergefunden.

Rubikwürfel-WM: Ungarn nur noch Mittelfeld

Seit 2003 werden die Rubikwürfel-Weltmeisterschaften wieder organisiert. Anfangs erzielten die ungarischen "Cuber" überdurchschnittliche Ergebnisse, sogar Weltrekorde. Heute, da immer mehr Spieler aus bevölkerungsreichen Ländern teilnehmen, wurden die Ungarn von der Spitze der Rangliste verdrängt. Die Leistung Ungarns gilt nun als durchschnittlich für ein Land dieser Größe.

Wettbewerb im schnellen Lösen des Rubikwürfels in Budapest
Wettbewerbe im schnellen Lösen des Rubikwürfels erfreuen sich nach einer vorübergehenden Flaute wieder einer großen Beliebtheit in Ungarn. Bildrechte: MDR/Kornélia Kiss

Seit der Wiederbelebung hat sich Speedcubing zu einer eigenständigen Welt mit eigenen Kultfiguren entwickelt – den innovativen Speedcubern, denen es gelungen ist, neue Algorithmen zu erfinden, um das Würfelrätsel so schnell wie möglich zu lösen. Laut Barát braucht man aber keine besonders herausragenden Fähigkeiten, um ein gutes Ergebnis zu erzielen. Der Schlüssel sei vielmehr das Lernen: "Ich würde nicht behaupten, dass man mathematische Kenntnisse oder logische Fähigkeiten automatisch ins schnelle Würfeln umwandeln kann, denn oft muss man einfach nur die Algorithmen lernen, sie erkennen und schnell anwenden."

Kann wirklich jeder den Rubikwürfel lösen?

Viele Ungarn spielen gerne, auch wenn sie noch weit von den Rekorden entfernt sind. Die 28-jährige Heilpädagogin Lilla Vásárhelyi ist so begeistert, dass sie sich sogar ein Kleid gekauft hat, das an einen klassischen Rubik-Würfel erinnert. Dabei war ihre Beziehung zum Würfel nicht immer so leidenschaftlich: "Irgendwie dachte ich, es seien eher rationale, mathematisch orientierte Personen, für die es leicht ist, den Würfel zusammenzusetzen. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie man es lernen könnte. Ich dachte, es sei zu schwer", erzählt sie.

Lilla Vásárhely, Heilpädagogin und Rubikwürfel-Enthusiastin
Die Heilpädagogin Lilla Vásárhelyi ist überzeugt, dass jeder den Umgang mit Rubiks Zauberwürfel lernen kann, auch ohne gute mathematisch-logischen Fähigkeiten. Bildrechte: MDR/Kornélia Kiss

Inzwischen glaubt sie aber, dass es jeder unabhängig von seinen Fähigkeiten lernen kann: "Zumindest die Anfängermethode ist sehr, sehr logisch und einfach zu befolgen. Natürlich braucht es viel Wiederholung und Übung, aber es lässt sich in Schritte aufteilen, und ich denke, jeder kann es lernen, wenn er sich die Zeit dafür nimmt. Das kann entspannend sein, aber auch entwicklungsfördernd, so dass dies ein sehr nützliches Hobby sein kann", meint Lilla.

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"Greifbares Spielzeug" trotzt der Digitalisierung

Dem Designkulturforscher Ákos Schneider zufolge ist es gerade im Zeitalter der Digitalisierung von Vorteil, dass man hier einen echten Würfel in den Händen hält: "Die menschliche Erfahrung kann nicht nur auf die Interaktion mit digitalen Systemen beschränkt werden, man vermisst die Möglichkeit, mit Hilfe des ganzen Körpers zu interagieren, und ich denke, dass diese taktilen, greifbaren physischen Spielzeuge uns helfen können", sagt der Assistenzprofessor an der Moholy-Nagy-Universität in Budapest.

Das Geheimnis des anhaltenden Erfolgs des Würfels liegt seiner Meinung nach jedoch vor allem darin, dass dieses universelle, einfache Objekt ein Kondensat vieler Bedeutungen sein kann, unabhängig von Ort und Zeit. "Dieses kleine Objekt kann ein Symbol für Intelligenz, Vorstellungskraft oder sogar für die Unendlichkeit sein, und in dieser Hinsicht ist es ein sehr bedeutungsschweres, bedeutungserzeugendes Objekt. Meiner Meinung nach ist dies auch ein wichtiger Faktor für den Erfolg des Würfels", sagt Schneider. Gerade diese breite Palette von Bedeutungen sei etwas, was die Fantasie der Menschen bewegen könne.

MDR (baz)

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Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Heute im Osten | 27. Juli 2024 | 07:17 Uhr

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