Berufe-Messe für Geflüchtete in Eisenach "Ein sehr langer Weg, leider": Wie Migranten in Westthüringen Arbeit suchen und finden

19. Oktober 2023, 05:00 Uhr

Der Weg zum Job ist für Migranten nicht einfach: Da ist als erstes die deutsche Sprache als Hürde. Dann müssen Abschlüsse aus dem Heimatland anerkannt werden. Das dauert mitunter sehr lange. Zugewanderten bei der beruflichen Integration zu helfen, hat sich in Eisenach ein Netzwerk aus Bildungsträgern, Kammern, Jobcenter und Agentur für Arbeit auf die Fahnen geschrieben. Jetzt fand schon die sechste Berufe-Messe für Migranten statt.

Autorenbild Ruth Breer
Bildrechte: MDR/Daniela Dufft

Es sind vor allem viele Ukrainerinnen, die am Mittwochmittag durch die Räume des Bildungsträgers SBH am Eisenacher Heinrich-Ehrhardt-Platz streifen und sich an den zahlreichen Ständen informieren. Viele haben schon Flyer und Broschüren in der Hand.

Die 20-jährige Kateryna Vakhtina sucht einen Ausbildungsplatz als Kauffrau. Maryna Ivanova hat in der Ukraine als Marketingmanagerin in einem Kosmetik-Netzwerk gearbeitet und sucht jetzt einen ähnlichen Job. Es könne auch eine andere Branche sein, sagt sie.

Schnell die Sprache lernen

Aus Syrien stammt Ayham Assoul, von Beruf Telekommunikationstechniker. Mit Geräten von Siemens habe er schon im Heimatland gearbeitet, erzählt er mit Hilfe von Tarek Sabsaby, der für ihn übersetzt und ihm eine Reihe von Tipps gegeben hat. Er habe ihm empfohlen, schnell die Sprache zu lernen, sagt Sabsaby. Wenn er die könne, gebe es keine Probleme, gute Arbeit zu finden, ist er überzeugt.

Netzwerk fördert berufliche Integration

Die Berufe-Messe für Migrantinnen und Migranten war ursprünglich eine Idee des dbi, des Diakonischen Bildungsinstituts. Das verstehe es als Auftrag, die berufliche Integration zu fördern, sagt Mitarbeiterin Stefanie Krauß. Mittlerweile trägt ein ganzes Netzwerk die Messen. Mit dabei weitere Bildungsträger, die Handwerkskammer, die IHK, das Jobcenter und die Agentur für Arbeit. Auch der Wartburgkreis und die Stadt Eisenach sind dabei.

"Kontakte sind das Maß der Dinge"

Das Netzwerk-Modell hat sich nach Ansicht von Rüdiger Stahl von der Agentur für Arbeit in Eisenach gut bewährt: "Die Menschen finden dadurch Arbeit, weil die Kontakte entstehen. Und die Kontakte sind das Maß der Dinge für die berufliche und auch spätere gesellschaftliche Integration." Die Bereitschaft der Arbeitgeber, Migranten einzustellen, sei gestiegen, sagt Stahl und verweist auf den Fach- und Arbeitskräftemangel. Und da können die speziellen Messen helfen.

Rein ukrainische Arbeitsschicht bei Logistikunternehmen

Ein Beispiel ist das Logistikunternehmen Bcube, das vor wenigen Wochen im Industriegebiet Kindel nördlich von Eisenach gestartet ist. Personalsachbearbeiterin Franziska Pfau steht am Stand im Obergeschoss und berichtet: "Über die Messen haben wir viele Lagerhelfer, Staplerfahrer und Produktionsmitarbeiter gewinnen können."

40 der derzeit 110 Beschäftigten sind Migranten, es gibt eine rein ukrainische Schicht. Wie das funktioniert? Ganz gut, sagt Pfau. Sie haben eine Dolmetscherin, die hilft. Und sie haben alles übersetzen lassen. Und weil diejenigen, die in Arbeit sind, keine Deutschkurse mehr bezahlt bekommen, bietet jetzt das Unternehmen jeden Freitag im Betrieb Sprachkurse an.

Große Nachfrage in Pflege und Lehre

Einige weitere Unternehmen sind mit Ständen vertreten wie das Sägewerk Pollmeier in Creuzburg oder Landschaftsbauer. Bei der Volkssolidarität ist Kathrin Hohlbein positiv überrascht von der großen Resonanz. Für einen Job als Pflegehelferin brauche es keine Qualifikation, sagt sie, aber Sprachkenntnisse seien schon wichtig. Vereinzelt hätten auch Krankenschwestern und Ärzte angefragt, ob es für sie Arbeit in der Pflege gebe.

Ähnlich beim Schulamt Westthüringen: Auch dort gab es am Mittwoch viele Anfragen von Lehrern oder qualifizierten Seiteneinsteigern. Doch so ganz schnell gehe das nicht, erzählt Jafar Al Zaabalawi, der in Syrien Elektrotechnik studiert hat und nun am Stand des Schulamts Auskunft gibt. Seit drei Jahren arbeitet er bereits in Eisenach als Lehrer, erst an einer Berufsschule, nun an einer Regelschule. Er muss aber noch eine Sprachprüfung bestehen und für zwei Jahre ein Studienseminar besuchen, bevor er tatsächlich fertig ausgebildet ist.

"Ein sehr langer Weg, leider": Viele Akademiker auf der Suche

Es seien viele Akademiker auf der Messe gewesen, stellt Mit-Organisatorin Stefanie Krauß fest. Eine von ihnen ist Kinderärztin Natalia Saenko aus der Ukraine. Die 50-Jährige hofft jetzt auf ein Praktikum in der Kinderstation des St. Georg Klinikums. Mittlerweile hat sie den B2-Sprachabschluss geschafft, der für viele Jobs eine Voraussetzung ist. Was nun noch ansteht? "Fachsprachprüfung, dann Kenntnisse-Prüfung", sagt sie. Und auf die Anerkennung ihres Medizinstudiums warten. Das könnte noch einmal anderthalb Jahre dauern, befürchtet sie. "Ein sehr langer Weg, leider."

Die Übersetzung und Anerkennung der Berufsabschlüsse könne schneller gehen, meint auch Rüdiger Stahl von der Arbeitsagentur. Aber wenn das geschafft sei, freuten sich viele Arbeitgeber über qualifizierte neue Mitarbeiter. Man habe neulich erst einen Bauingenieur aus Syrien vermittelt und einen Zahnarzt aus der Ukraine.

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MDR (mw)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 18. Oktober 2023 | 18:20 Uhr

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