Unwetter Schlammlawine überflutet Zillbach - Sirene versagt in Niedernissa

02. Juni 2024, 20:00 Uhr

Über Süd- und Ostthüringen sind am Samstagabend und in der Nacht zum Sonntag schwere Gewitter gezogen. Durch Zillbach (Schmalkalden-Meiningen) schoss eine Schlammlawine, in Niedernissa bei Erfurt versagte die Hochwasser-Sirene, die Wipse in Gera-Liebschwitz wurde zum reißenden Fluss.

Eine erste Unwetter-Bilanz für Thüringen finden Sie in diesem Artikel.

Schlammlawine schießt durch Zillbach

Schwere Gewitter haben am Samstagnachmittag in Teilen Thüringens große Schäden verursacht, besonders im Osten und Süden. Im Schwallunger Ortsteil Zillbach (Landkreis Schmalkalden-Meiningen) schoss eine Flutwelle durch den Ort. Das Wasser stand dort etwa 50 Zentimeter hoch auf der Straße. Verletzt wurde nach derzeitigem Stand in dem 400-Einwohner-Ort laut Polizei niemand.

Hochwasser - eine überschwemmte Straße
Der Zillbach schoss durch den gleichnamigen Ort bei Schwallungen. Bildrechte: Rhönkanal

Schwallungens Bürgermeister Jan Haineck (pl) lobte das Katastrophenmanagement und die Hilfe nach dem Unwetter. So sei zusammen mit den ortsansässigen Firmen bereits am Samstagabend ein Großteil des angeschwemmten Schutts beseitigt worden. Die Hauptstraße war teilweise weggespült, das Pflaster herausgerissen und Kabel lagen frei.

Schiebebild Zillbach während der Schlammlawine und danach

Hochwasser - eine überschwemmte Straße
Bildrechte: Rhönkanal
Hochwasser - eine überschwemmte Straße
Bildrechte: Rhönkanal
Menschen räumen nach Überflutung Schlamm von einer Straße.
Bildrechte: MDR/Adi Rückewold
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Der Wehrführer der Feuerwehr Zillbach, Daniel Hess, sprach von einem reißenden Fluss. So etwas habe der Ort noch nicht erlebt.

Bereits am Samstagnachmittag wurden nach Angaben von Breitungens Bürgermeisters Ronny Römhild die Orte Herrenbreitungen und Knollbach im Landkreis Schmalkalden-Meiningen von Schlammmassen überzogen.

Niedernissa: Sirene löst nicht aus

Im Erfurter Ortsteil Niedernissa hat am Samstagabend die Sirene versagt, als der Pfingstbach über die Ufer trat. Zahlreiche Anwohner seien unvorbereitet getroffen worden, sagte Ortsteilbürgermeisterin Christine Schaubs.

Überschwemmte Straße bei Nacht
Christine Schaubs dokumentierte den überlaufenden Bach in der Nacht. Bildrechte: WhatsApp/Christine Schaubs

Ihren Angaben nach hat das Warnsystem im Ort nicht funktioniert. Viele hätten gerade vor dem Fernseher gesessen, als plötzlich der Bach über die Ufer trat und das Wasser in zahlreiche Keller floss. Einige Anwohner hätten es noch geschafft, Sandsäcke zu stapeln oder Spundwände hochzuziehen.

Den Angaben nach war die Sirene 2017 direkt am Pfingstbach errichtet worden, um die Anwohner vor Hochwasser zu warnen. Wenige Tage zuvor hatte sie nach Informationen von MDR THÜRINGEN zum Probealarm noch funktioniert.

Sirene
Die Hochwassersirene in Niedernissa löste keinen Alarm aus. Bildrechte: MDR/Martin Wichmann

Ortsteilbürgermeisterin Schaubs plädiert angesichts der überfluteten Straßen und Keller für ein Rückhaltebecken oberhalb des Ortes. Bislang sei das Becken jedoch aus Kostengründen abgelehnt worden. Auch die Ortsteile Urbich, Büßleben, Linderbach, Azmannsdorf und Melchendorf waren vom überlaufenden Pfingstbach betroffen.

In Bildern Überschwemmung in Süd- und Ostthüringen

Hochwasser - eine überschwemmte Straße
Durch Zillbach im Landkreis Schmalkalden-Meiningen schoss am Samstagabend eine Schlammlawine. Bildrechte: Rhönkanal
Hochwasser - eine überschwemmte Straße
Durch Zillbach im Landkreis Schmalkalden-Meiningen schoss am Samstagabend eine Schlammlawine. Bildrechte: Rhönkanal
Menschen räumen nach Überflutung Schlamm von einer Straße.
Wie hoch der Schaden ist, konnte am Sonntag noch niemand schätzen. Ganze Pflaster haben die Fluten herausgerissen. Bildrechte: MDR/Adi Rückewold
Hochwasser - ein überschwemmter Garten
Verletzt wurde niemand, doch den Anwohnern stehen lange Tage mit Aufräumen bevor. Bildrechte: Rhönkanal
Hochwasser - eine überschwemmte Straße
Das Wasser stand 50 Zentimeter hoch in den Straßen. Übrig blieben bis zu ein Meter tiefe Gräben. Bildrechte: Rhönkanal
Menschen räumen nach Überflutung Schlamm von einer Straße.
Am Sonntag waren die gröbsten Schäden von der Straße geräumt, Keller ausgepumpt. Bildrechte: MDR/Adi Rückewold
Wasser in einem Graben
In Niedernissa bei Erfurt trat der Pfingstbach in der Nacht zum Sonntag über die Ufer und traf die Anwohner unvorbereitet. Bildrechte: MDR/Martin Wichmann
Sirene
Grund war die Hochwassersirene, die trotz steigendem Pegel versagte und den Alarm nicht auslöste. Bildrechte: MDR/Martin Wichmann
Überschwemmte Straße bei Nacht
Die Anwohner saßen vor dem Fernseher, konnten gerade noch einige Sandsäcke schaufeln und Spundwände hochziehen. Bildrechte: WhatsApp/Christine Schaubs
Menschen räumen nach Überflutung Schlamm von einer Straße.
Am Sonntag ist im Ort aufräumen angesagt. Bildrechte: MDR/Martin Wichmann
Christine Schaubs, Ortsteilbürgermeisterin von Niedernissa
Ortsteilbürgermeisterin Christine Schaubs möchte ein Rückhaltebecken oberhalb von Niedernissa bauen, um den Ort künftig besser vor Überschwemmungen zu schützen. Bildrechte: MDR/Martin Wichmann
Überfutete Straße
In dem Ort wurden Straßen und Keller überflutet. Bildrechte: MDR/Martin Wichmann
Überschwemmung auf einer Straße
Die Straße zwischen Elxleben am Steiger und Alkersleben (Ilm-Kreis) musste am Samstagabend gesperrt werden. Bildrechte: MDR/Martin Wichmann
Überschwemmung auf einer Straße
In Alkersleben standen Straßen unter Wasser. Bildrechte: Martin Wichmann
Folgen/Zerstörungen durch das Hochwasser in Liebschwitz
Die Wipse bei Gera-Liebschwitz stieg auf 1,70 Meter an - das Flüsschen hat einen Normalpegel von 20 Zentimetern. Bildrechte: MDR/Kathleen Bernhardt
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Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 02. Juni 2024 | 19:00 Uhr

Überschwemmung im Ilmkreis

Die Straße zwischen Alkersleben und Elxleben am Steiger im Ilm-Kreis war Samstagabend gesperrt. Starkregen hatte sie überflutet. Der hatte auch zu Überschwemmung in Alkersleben geführt.

Überschwemmung auf einer Straße
Einige Straßen in Alkersleben wurden unter Wasser gesetzt. Bildrechte: Martin Wichmann

Gera-Liebschwitz: Wipse tritt über die Ufer

Auch im Kreis Greiz waren am Samstag sämtliche Feuerwehren der Region im Einsatz. Teile des Orts Hilbersdorf standen unter Wasser.

Der Geraer Ortsteil Liebschwitz stand teilweise unter Wasser, nachdem die Wipse auf bis zu 1,70 Meter angestiegen und über die Ufer getreten war. Der Normalstand liegt laut Stadt bei rund 20 Zentimeter.

140 Helfer waren am Samstag damit beschäftigt, den Deich zu sichern und zu stabilisieren. Der ist zwar laut Stadt technisch in Ordnung - aber nicht hoch genug für die Flutwelle von 170 Zentimetern Höhe. Daher drohte er zeitweise zu brechen.

Folgen/Zerstörungen durch das Hochwasser in Liebschwitz
Gera-Liebschwitz am Sonntag, nachdem die Wipse über die Ufer getreten war. Bildrechte: MDR/Kathleen Bernhardt

Zwischen Saalfeld, Sitzendorf und Unterweißbach standen ebenfalls Straßen unter Wasser. In Saalfeld wurde ein Feld der Agrargenossenschaft überflutet. In Ronneburg sammelte sich Wasser in Senken, unter anderem wurden Keller ausgepumpt.

DWD: Auch Sonntag Gewitter möglich

Nach Angaben des MDR-Wetterstudios fielen am Samstag örtlich bis zu 30 Liter Regen pro Quadratmeter - unter anderem in der Region Gera. In Ronneburg und Greiz waren es bis zu 26 Liter und auf dem Inselsberg 14 Liter.

Das ist wie ein Topf Wasser, den man auf den Herd stellt, und dann die Herdplatte einschaltet.

Jörg Heidermann MDR-Meteorologe

Bis in die Nacht zum Sonntag wurden weiterhin Unwetter über verschiedenen Thüringer Regionen erwartet. Auch am Sonntag selbst sind noch Regenschauer und Gewitter mit punktuell größeren Niederschlagsmengen möglich. Am Samstag hatte der Deutsche Wetterdienst immer wieder amtliche Warnungen für verschiedene Landkreise ausgegeben.

Legende

Keine Warnungen Vorabinformation Unwetter Wetterwarnungen (Stufe 1) Warnungen vor markantem Wetter (Stufe 2) Unwetterwarnungen (Stufe 3) Warnungen vor extremem Unwetter (Stufe 4) Warnung vor Hitze Warnung vor extremer Hitze UV-Warnung

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) informiert laufend über die Warnsituation in Deutschland. Regionale Warnungen werden sehr kurzfristig herausgegeben, um möglichst genau sein zu können. Wenn Sie einen Punkt auf der Karte auswählen, werden Ihnen die entsprechenden Warnungen angezeigt.

Unter der Woche hatten Wettervorhersagen zum Teil deutlich schlimmere Entwicklungen befürchten lassen, als sie nun eintraten. Die Unsicherheit bei den Prognosen für Unwetter erklärte Jörg Heidermann aus dem MDR-Wetterstudio mit einem Bild: "Das ist wie ein Topf Wasser, den man auf den Herd stellt, und dann die Herdplatte einschaltet." Da lasse sich auch nicht genau vorhersagen, wo die erste Blase aufsteigt.

Hochwassergefahr in Thüringen gesunken

Trotz der Unwetter ist die Hochwassergefahr in Thüringen eher gesunken. Am Samstag gingen die Experten davon aus, dass die Wasserpegel an den meisten der 57 Messstellen in Thüringen die sogenannte Vorwarnstufe nicht überschreiten. Lediglich an vier Messstellen - in Weida an der Elster, in Kaulsdorf an der Saale, in Oldisleben an der Unstrut und in Erfurt-Möbisburg - könnten bis Montag noch höhere Meldestufen erreicht werden. Kritische Hochwasser sind den Angaben nach aber nicht zu befürchten.

Katholikentag: Abendsegen abgesagt

In Erfurt verlief unterdessen der Katholikentag am Samstag größtenteils wie geplant. Der Abendsegen wurde jedoch kurzfristig abgesagt. Einige kleinere Freiluftveranstaltungen wurden vorsorglich nach drinnen verlegt.

Ein Kind steht in Regenkleidung auf dem nahezu leeren Domplatz in Erfurt vor der Bühne für den Katholikentag.
Auf dem Domplatz in Erfurt waren zum Katholikentag am Samstag trotz Regen weitere Veranstaltungen geplant. Bildrechte: MDR/Jan Schönfelder

MDR (dvs/jhi/dr/maf)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 02. Juni 2024 | 07:00 Uhr

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