Klimawandel Extremwetter: Wieso eigentlich fördert der Klimawandel Hochwasser und Dürre?
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25. Mai 2024, 04:59 Uhr
Land unter hieß es in diesen Maitagen – zumindest in einigen Teilen Deutschlands. Andere wiederum zucken mit den Schultern und haben Regen seit Wochen nicht gesehen. Auch für das Monatsende wird es nicht ruhiger, die nächsten Unwetter stehen an. Und der Frühling 2024 ist, Stand jetzt, bereits der zweitwärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Über all dem steht die Erkenntnis: Das muss der Klimawandel sein. Aber wieso eigentlich? Wir dröseln auf.
- Das Klima wird nicht nur wärmer, sondern dadurch auch nasser
- Der schwächelnde Jetstream könnte eine Folge sein, warum wir in Mittel- und Westeuropa Extremwetter häufiger erleben
- Extremwetterereignisse können sich in sich noch verstärken
Dem Mai wird gemäß Volksmund eine grundsätzlich große Menge an Wonne zugeschrieben. Genau genommen ist er aber nur ein Durchschnittsmonat: Mal nass, mal trocken, ohne größere Auffälligkeiten in den vergangenen Jahren. Trotzdem ist der Mai nicht mehr das, was er mal war. Er ist, wie die restlichen elf Monate auch, wärmer geworden. Manche möchten sagen: Noch wonniger. Ein Grad sind es im Schnitt seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Wärmer bedeutet aber auch feuchter, sagt Stefan Rösner, der beim Deutschen Wetterdienst für die Klimaüberwachung in Europa zuständig ist: "Das bedeutet, dass die Luft damit auch sieben Prozent mehr Wasserdampf aufnehmen kann und entsprechend höher können Niederschläge ausfallen."
So wie kürzlich im Südwesten Deutschlands, wo Starkregen zu heftigen Überschwemmung geführt hat. Kurzer Blick auf die Datenlage im Saarland. Eine Analyse zeigt: Der 17. Mai war der niederschlagsreichste Tag im Saarland überhaupt. Man möchte sagen: mit Abstand.
In der Spitze kam sogar mehr Wasser runter als an einem Tag im Dezember 1993, als das Saarland mit Hochwasser zu kämpfen hatte, das heute noch als Jahrhunderthochwasser gilt:
Bis zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts gab es keinen Mai im kleinsten deutschen Flächenland, das einen so hohen durchschnittlichen Niederschlag aufweist wie der Mai 2024:
Im Raum Berlin mag man sich angesichts dieser Werte verwundert die Äuglein reiben. Dort ist Regen seit längerer Zeit Mangelware ist, was man der Region auch ansieht. "Ich war gestern noch in Berlin gewesen und war sehr erstaunt, dass dort der ganze Rasen ziemlich verdorrt ist", sagt Stefan Rösner vom DWD, der im zuletzt eher feuchten Rhein-Main-Gebiet lebt. Nun gut: Also klitschnass hier, ausgedörrt dort – für Deutschland könnte das keine Ausnahme, sondern eine neue Normalität sein.
Warum werden Unwetter und Extremwetter die neue Normalität?
"In der Wissenschaft wird viel diskutiert, dass sich der Jetstream abschwächt, weil dieser durch den Temperaturgegensatz zwischen dem Äquatorbereich und den Polen angetrieben wird." Der Jetstream, hoch über dem Nordatlantik, bringt als Höhenwind eigentlich Schwung in unser Wetter. In der Wissenschafts-Community gewinnt nun die Annahme an Zustimmung, dass dem Lüftchen zumindest in den wärmeren Monaten etwas die Puste ausgeht. Im Zuge des Klimawandels erwärmt sich die Arktis schneller als die Tropen, was den Temperaturunterschied zwischen diesen Regionen verringert und den Jetstream ausbremst. Das Wetter steht quasi auf der Stelle – eben auf genau der Stelle, die den ganzen Regen oder die ganze Hitze dann auf einmal abbekommt.
"Und wenn man das weiter denkt, wenn Regen und auch Hitzeereignisse länger über einer Region verharren, dann wird auch die Wahrscheinlichkeit höher, dass diese Ereignisse immer extremer werden – durch Rückkopplungsmechanismen." Das sagt Kai Kornhuber, der an der Columbia Climate School in New York und am Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse (IISA) in Laxenburg bei Wien an Wetterextremen und Klimafolgen forscht. Rückkopplung bedeutet am Beispiel Hitze, dass die Bodentrockenheit die Wärme noch verstärkt.
Wir bewegen uns immer mehr in Regionen, die wir schwer abschätzen können.
"Das liegt daran, dass die Verdunstung von Feuchtigkeit im Boden zu einer Abkühlung führt. Und wenn dieser Mechanismus nicht mehr gewährleistet ist, dann führt es dazu, dass heiße Gebiete noch heißer werden." Ähnliches gilt bei Nässe: Irgendwann sind die Böden eben voll, wenn man es so nennen mag, und können keine Feuchtigkeit mehr aufnehmen – und der Pegel steigt. Kai Kornhuber weist darauf hin, dass insbesondere die starke Zunahme von Hitzewellen in Europa von Klimamodellen derzeit aber noch gar nicht so gut erfasst wird. "Das ist erstmal kein gutes Zeichen, weil es auch darauf hinweist, dass wir uns immer mehr in Regionen bewegen, die wir schwerer abschätzen können."
Das wiederum könnte ein Problem für das Festlegen von Emissionsgrenzen und Anpassungsmaßnahmen sein. Zur Anpassung an die neuen Klimaverhältnisse zählt im Übrigen auch ein besseres Kommunikationsverhalten im Krisenfall, sagt Stefan Rösner vom Deutschen Wetterdienst. Bestes Beispiel sei die Flut im Ahrtal vor drei Jahren. "Wir arbeiten auch an einem Naturgefahrenportal, das dann alle möglichen Naturgefahren zusammen darstellen wird." Dafür hat der Bundestag Anfang des Jahres mit einer Änderung des DWD-Gesetzes den Weg freigemacht. Das Portal soll im Herbst an den Start gehen und zum Beispiel über Regenmengen und Pegelstände Aufschluss geben, aber auch zeigen, wo etwa Wasser schlecht abfließen kann. Damit künftig für die Bevölkerung, aber auch für Entscheidungsträgerinnen und -träger absehbar ist, was passiert, wenn sich der Mai gerade mal nicht von seiner wonnigen Seite zeigt.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 24. Mai 2024 | 20:47 Uhr
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