Landkreis Sonneberg Mann in Neonazi-Outfit verteilt Luftballons an Kindergartenkinder - Polizei ermittelt
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28. Juni 2023, 16:48 Uhr
Im Wehrmacht-T-Shirt verteilt ein Mann blaue Luftballons an einem Kindergarten im Landkreis Sonneberg. Ein Video der Szene kursiert in den sozialen Medien. Nun haben sich Polizei, Bürgermeister und auch die AfD zu Wort gemeldet.
- Ein Mann mit Kleidung der rechtsextremen Szene hat im Kreis Sonneberg blaue Luftballons an Kinder verteilt.
- Der Bürgermeister der betroffenen Gemeinde verurteilt die Aktion.
- Der Mann ist sowohl im Kindergarten als auch bei der AfD bekannt.
Nachdem ein Mann mit Erkennungszeichen der rechtsextremen Szene Luftballons an einem Kindergarten der Gemeinde Föritztal im Landkreis Sonneberg verteilt hat, hat sich die Polizei eingeschaltet. Wie ein Sprecher mitteilte, ist ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet worden. Zudem werde der Staatsschutz der Kriminalpolizei Saalfeld an den Ermittlungen beteiligt.
Rechte Szene-Kleidung und blaue Ballons
In dem Video, das vielfach in den sozialen Netzwerken geteilt wurde, ist der Mann vor einer Kita in Föritztal zu sehen. Dabei trägt er Hosen in den Reichsfarben Schwarz-Weiß-Rot und ein T-Shirt mit dem Aufdruck "Wehrmacht wieder mit" sowie einem Soldaten-Konterfei.
Auf dem Kleinbus, aus dem er die blauen Ballons verteilt, steht "Ehrenamtlicher Abschiebehelfer". Auf den verteilten Ballons ist kein Aufdruck zu sehen - auf einem Ballon, der noch im Auto liegt, ist aber ein Logo zu erkennen, das dem der AfD ähnelt. Blau ist auch die Parteifarbe.
Unter anderem teilte die Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss (Linke) das Video in unkenntlich gemachter Form auf Twitter.
Die AfD hatte am Sonntag in Sonneberg erstmals in Deutschland ein kommunales Spitzenamt erobert. Der AfD-Kandidat Robert Sesselmann gewann die Landratswahl mit 52,8 Prozent gegen seinen CDU-Konkurrenten Jürgen Köpper, der auf 47,2 Prozent kam.
Bürgermeister und Bildungsminister verurteilen Aktion
Bereits am Dienstagmorgen hatte sich Bürgermeister Andreas Meusel eigenen Angaben zufolge an die Polizei gewandt. In einer Stellungnahme schreibt er unter anderem: "Als Bürgermeister der Gemeinde Föritztal verurteile ich diese Aktion scharf. Sie ist ein Übergriff. (...) Insbesondere nehme ich Abstand davon, dass durch das absichtliche Herbeiführen und heimliche Filmen dieser Situation die Mitarbeiterinnen des Kindergartens und der Kindergarten in eine bestimmte Ecke gedrängt bzw. geschoben werden."
Thüringens Bildungsminister Helmut Holter (Linke) schrieb bei Twitter: "Dass ein Neonazi offenbar ungefragt auf unsere Kleinsten zielt und Kindergartenkinder ins Visier nimmt, ist ein schwerer Übergriff".
Laut Polizei könnte das Gesamtauftreten des Mannes in dem Video einen Verstoß darstellen, etwa eine Belästigung der Allgemeinheit nach § 118 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG). Allerdings liege es an der Ordnungsbehörde des Landkreises, der Sache weiter nachzugehen. Nach Angaben eines Sprechers der Gemeindeverwaltung konnte das Video noch nicht vollständig überprüft und ausgewertet werden.
Ermittlungen auch gegen Video-Urheber
Ermittlungen hat die Polizei auch zum Urheber des Videos aufgenommen. Wie die Beamten am Mittwoch mitteilten, geht es dabei um das Kunsturhebergesetz, weil der Mann und andere Beteiligte gefilmt worden waren. Laut Gesetz dürfen Bilder einer Person nur mit deren Einwilligung verbreitet und veröffentlicht werden. "Es wird jetzt geprüft, wer hat gefilmt und wer hat das Video hochgeladen", sagte ein Polizeisprecher auf Anfrage.
Mann in der Kita kein Unbekannter
Bei dem Mann im Video handelt es sich nach Angaben aus der Gemeinde Föritztal, die Trägerin der betroffenen Kita ist, um den Vater eines der Kita-Kinder. Er habe sein Kind an diesem Tag aus der Kita abgeholt und gesagt, dass er Ballons habe, die er an die Kinder verteilen würde. Die Erzieherinnen seien nicht an den Pranger zu stellen, hieß es weiter aus der Gemeinde.
Auch auf der Sesselmann-Wahlparty zu Gast
Der Mann ist in dem 8.500 Einwohner zählenden Föritztal kein Unbekannter. Auch bei der AfD vor Ort nicht. "Der Mann ist kein AfD-Mitglied", sagte AfD-Landessprecher Stefan Möller am Dienstag und verwies auf Angaben aus dem Ortsverband. Allerdings sei der Mann schon früher "auffällig" gewesen und werde vom Ortsverband als "problematisch" beschrieben.
So sei er in der Vergangenheit auch bei Ständen der AfD sowie bei der Wahlparty von Sesselmann am Sonntag gewesen. Allerdings habe er dort keine Kleidung wie in dem Video getragen.
MDR (cfr/jhi)/dpa
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Regionalnachrichten | 27. Juni 2023 | 17:30 Uhr