Reaktionen Wie wollen andere Kommunalpolitiker mit dem ersten AfD-Landrat umgehen?
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27. Juni 2023, 13:21 Uhr
Mit 52,8 Prozent der abgegebenen Stimmen ist Robert Sesselmann von der AfD am Sonntag zum neuen Landrat von Sonneberg gewählt worden. Spätestens seitdem wird in Deutschland über die Ergebnisse der Wahl und den Umgang mit einem AfD-Amtsträger diskutiert. Wie bewerten andere Kommunalpolitiker die Wahl?
Heiko Voigt wird in Zukunft viel mit dem neuen Sonneberger AfD-Landrat Robert Sesselmann zu tun haben. Er ist Sonnebergs parteiloser Bürgermeister und sagt: "Das ist eine demokratische Wahl. Wenn man das nicht will, darf man nicht demokratisch wählen. Aber ich denke, wir sind uns einig, dass genau das nicht der Fall sein soll."
Bürgermeister kritisiert Teile der Berichterstattung
Voigt kritisierte am Dienstag zudem in Teilen die überregionale Berichterstattung zur Landratswahl. Voigt sagte am Dienstag, er ärgere sich darüber, in welchem Licht Sonneberg nun dastehe. Von einer "ausgewogenen Berichterstattung" könne vor allem bei überregionalen Medien nicht die Rede sein. Sonnebergs Identität sei nicht braun, sondern stehe für Spielzeug, Weltoffenheit, Gastfreundlichkeit, Miteinander und kulturelle Vielfalt. Wer nicht nur oberflächlich und einseitig hinsehe, könne das auch erkennen.
Seiner Ansicht nach muss eine lebens- und liebenswerte Stadt momentan für bundespolitische Schwächen herhalten und werde zu Unrecht pauschal stigmatisiert. Sonneberg sei ein "innovativer Wirtschaftsstandort mit Zukunftspotenzial und ein familienfreundlicher Ort zum Niederlassen", so Voigt. Gleichzeitig machte sich der Bürgermeister in dem Schreiben für eine "konstruktive Sacharbeit" stark.
Präsidentin des Landkreistags gegen Ungleichbehandlung von Sesselmann
Der Wähler hat gesprochen - diese Einordnung ist am Montag nach der Wahl öfter bei der Einordnung der Resultate aus Sonneberg zu hören. Martina Schweinsburg ist Präsidentin des Thüringer Landkreistags und CDU-Landrätin in Greiz.
Sie meint: "Wenn der Bürger von seinem Wahlrecht Gebrauch macht und das Kreuz dort macht, wo er es für richtig hält und hinterher wird geschimpft, dann ist das in meinen Augen Wählerbeschimpfung und hat nichts mit dem Respekt vor dem Wähler zu tun." Man werde Robert Sesselmann im Landkreistag genauso empfangen wie alle anderen Landräte.
Ich werde mir aber mit Sicherheit nicht gefallen lassen, dass in irgendeiner Form AfD- oder Parteipositionen transportiert werden.
Ähnliches ist zu hören aus Thüringens Norden, bei Werner Henning. Er ist seit 1994 Landrat im Kreis Eichsfeld. Der CDU-Politiker wird Robert Sesselmann zur Begrüßung natürlich die Hand geben: "Ich werde ihn als neuen Kollegen kennenlernen, ich kenne ihn bisher überhaupt nicht und ich werde mich auf meine Sachthemen konzentrieren, genauso wie ich das mit allen anderen Kollegen mache und bin gespannt, wie frei er sein wird. Ich werde mir aber mit Sicherheit nicht gefallen lassen, dass in irgendeiner Form AfD- oder Parteipositionen transportiert werden."
Unterschiedliche Meinungen bei Ursachenforschung
Andere Landräte wollen an diesem Montag zu ihrem Umgang mit dem künftigen Kollegen aus Sonneberg nichts sagen. Sie beschränken sich stattdessen auf Stellungnahmen zu den Ursachen für das Wahlergebnis. Petra Enders, parteilose Landrätin des Ilm-Kreises, sieht die Hauptschuld beispielsweise bei der Bundesregierung.
Sie sagt: "Die Sorgen und Ängste in der Bevölkerung, insbesondere in den ländlichen Gebieten, zu denen der Landkreis Sonneberg gehört, werden schlichtweg ignoriert. Die Menschen fühlen sich ungehört und unverstanden."
Werner Henning aus dem Eichsfeld nennt dagegen ein anderes Argument. Ihm zufolge mischt sich die Politik zu sehr ins Leben der Menschen ein: "Ich glaube, dass die Menschen wieder viel mehr sich selber erziehen und ihr Leben in die Hand nehmen müssen. Und sich nicht für allen Bereiche ihres Lebens Rezepte von parteipolitischen Strukturen erwarten sollten."
Das Gleiche wird in vielen anderen Gegenden auch passieren.
Sonnebergs Bürgermeister Voigt blickt nach der Wahl im Kreis mit Sorgen auf die Kommunal- und Landtagswahlen im Frühjahr 2024. "Wir sind die ersten, die durch den Landrat eine kommunalgeprägte Wahl haben. Das Gleiche wird in vielen anderen Gegenden auch passieren." Schon im Januar lässt sich diese Vermutung überprüfen. Dann wählen die Menschen im Saale-Orla-Kreis einen neuen Landrat. Die AfD rechnet sich auch hier gute Chancen aus.
MDR (dst)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL | 27. Juni 2023 | 08:10 Uhr
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