Ein Mann steht in einem Kasten, der über einer Bühne vor einer Sternenhimmel-Projektion hängt.
In Erfurt macht sich der Prophet Elias auf eine Reise durch die Jahrtausende. Bildrechte: Lutz Edelhoff

Empfehlungen Theater in Thüringen: Unsere sechs Tipps für Mai

25. April 2025, 16:18 Uhr

Für den Mai 2025 empfehlen wir Ihnen u.a. diese Theater-Highlights in Thüringen: In Weimar gibt es ein Festival für verspieltes Musiktheater und eine Tanzversion von Kafkas "Verwandlung". In Jena kommt der Roman "Herscht 07769" auf die Bühne. In Erfurt lädt das Figurentheater zu weiten Reisen durch die Zeiten und Inselwelten und in Meiningen geht es um "Die Rückeroberung der Hoffnung". Hier sind unsere regelmäßig aktualisierten Tipps – mit allen Adressen und Terminen.

Schauspiel in Jena: "Herscht 07769" am Theaterhaus

Man möchte es kaum sagen, aber Kana ist ein typisches Dorf in Thüringen: Da leben einige beinharte Nazis, Menschen, die diese Nazis gerne richtig fertigmachen würden, und auch Menschen mit Migrationshintergrund. Doch dieses Kana existiert nicht, sondern ist eine Erfindung (mit realer Entsprechung nahe Jena) des Autors László Krasznahorkai. Und in seinem Dorf lebt auch der sanfte Riese Florian Herscht, der zwar groß und kräftig ist, aber leider etwas einfältig. Er nimmt seinen rechten "Boss" in Schutz, nicht weil er etwas für dessen Gesinnung übrig hätte, sondern weil er alle versöhnen will. Wie er das versucht und schließlich gigantisch scheitert, ist aktuell auf der Bühne des Theaterhauses Jena zu erleben. Der Roman lebt von einem wilden Sprachfluss, weswegen die Inszenierung von Daniele Szeredy in Jena von einer Vielzahl an Tricks und Theatermitteln lebt, bei denen Videos, Live-Kameras und rollbare Hintergründe kombiniert werden. Der Kritiker Michael Helbing ist in "Theater der Zeit" absolut begeistert: "Auf Jenas Studiobühne funktioniert‘s prächtig. Die neue künstlerische Leitung im Theaterhaus hat es insgesamt auf Formenvielfalt im Programm abgesehen. Szeredy, der ihr angehört, packt sie in eine einzige Inszenierung, als durchlässiges Gesamtkunstwerk mit einer gewissen Überwältigungsästhetik zeitgenössischer Prägung: viele Mittel in gleichwohl auf Wesentliches reduzierter Umgebung."

Blick auf eine geteilte Bühne: Ein Mann in einem Raum, eine selbstgebaute Bar und darüber eine Videoeinspielung.
Die Inszenierung von "Herscht 07769" am Theaterhaus Jena spielt mit unterschiedlichen Mitteln. Bildrechte: Joachim Dette

Weitere Informationen "Herscht 07769" nach dem Roman von László Krasznahorkai

Adresse:
Theaterhaus Jena
Schillergässchen 1
07745 Jena

Dauer: 120 Minuten, keine Pause

Termine:
1. Mai, 20 Uhr
3. Mai, 20 Uhr

Festival in Weimar: "Passion:Spiel" am Deutschen Nationaltheater

Am Deutschen Nationaltheater in Weimar werden die Grenzen des Musiktheaters gerne getestet und ausgereizt. Nach mehreren erfolgreichen Ausgaben des Mini-Festivals "Passion:Spiel" kehren nun einige Highlights zurück auf die Bühne. Stücke, in denen vor allem der Spaß und das außergewöhnliche Erlebnis im Mittelpunkt stehen. "Playing Animal Farm" ist als Spielanordnung nach Orwells berühmter Parabel gestaltet. Das Publikum teilt sich in verschiedene Gruppen auf, um Herausforderungen gegen die Schweine zu bestehen. Dabei spielt das Kammerorchester je nach Verlauf verschiedene Musik. Wer sich darauf einlässt, wie eine Kuh zu muhen, wird viel Spaß haben. In "Speed Dating" sorgt der Komponist Manos Tsangaris für intime Konzerte: Eine Person spielt Musik und nur eine andere hört zu. In "Originale" sollten junge Menschen nach einer Idee von Karlheinz Stockhausen Originale aus der Stadt zusammen auf die Bühne bringen – um zu zeigen, wie Gemeinschaft entsteht. Eröffnet wird das Festival mit "Over and Over Vorbei nicht Vorbei", in dem Videoaufnahmen von Konzentrationslagern und rassistischen Gewalttaten mit emotionalen Musikaufnahmen, beispielsweise aus Filmen, kombiniert werden.

Menschen verkleidet als Huhn, Schaf, Pferd und Kuh tanzen auf einer Bühne.
Bei "Playing Animal Farm" wird das Publikum verschiedenen Tieren zugeordnet und von diesen angefeuert. Bildrechte: Candy Welz

Weitere Informationen Das Festival "Passion:Spiel" findet vom 8. bis 11. Mai in der Redoute statt.

Adresse:
Redoute
Ettersburger Straße 61
99427 Weimar

Musiktheater in Erfurt: "Elias" von Felix Mendelssohn Bartholdy

In den drei großen monotheistischen Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam wird der Prophet Elias verehrt. In einer Zeit, als das Volk Israel sich von seinem Gott abwandte und lieber Götzen anbetete, wurde Elias berufen, die Menschen wieder zum wahren Glauben zurückzuführen. Eine beschwerliche Aufgabe voller Rückschläge, die der Komponist Felix Mendelssohn Bartholdy vertont hat – allerdings als Oratorium. Am Theater Erfurt kommt das eigentlich für ein Konzert gedachte Werk "Elias" bildstark auf die Bühne. Regisseur Jürgen R. Weber lässt seinen Propheten nämlich durch 3.000 Jahre Geschichte reisen, wobei die Ausstattung zwar den jeweiligen Zeiten verpflichtet ist, aber auch nicht mit Dramatik spart und gerne mal postapokalyptische Züge (immerhin geht es um Erlösung) annimmt. "Ein großartiger Abend", meint der Kritiker Jan Kreyßig in der "Thüringer Allgemeinen Zeitung" und ist dabei in gleichem Maße von der musikalischen Leistung überzeugt.

Eine Menschenmasse steht vor der Statue eines Stieres.
Statt den einen Gott beten die Israeliten den Götzen Baal an – das soll Elias ändern. Bildrechte: Lutz Edelhoff

Weitere Informationen "Elias"
Oratorium von Felix Mendelssohn Bartholdy

Adresse:
Theater Erfurt
Theaterplatz 1
99084 Erfurt

Dauer: 150 Minuten, eine Pause

Termine:
3. Mai, 19 Uhr
11. Mai, 18 Uhr
30. Mai, 19:30 Uhr

Tanztheater in Weimar: "Die Verwandlung" nach Kafka

Die Erzählung "Die Verwandlung" von Franz Kafka ist sicherlich einer der wichtigsten Texte der Moderne: Immerhin erzählt der Kult-Autor darin nicht nur die absurde Geschichte eines Menschen, der sich plötzlich in einen Käfer verwandelt und seine Familie vor unlösbare Herausforderungen stellt. Es geht vielmehr um das Gefühl, nicht wertgeschätzt zu werden, von der Welt überfordert und ausgestoßen zu sein, nicht dazuzugehören. Das Weimarer Jugendtheater Stellwerk hat sich auf ganz eigene Weise dem Text, der schon oft auf die Bühne gebracht wurde, gestellt. Sie erzählen nicht die Geschichte nach, stattdessen fühlen sich acht junge Frauen in diesen Gregor Samsa ein. Mit sich ständig wiederholenden Bewegungen versuchen sie, sich in den Käfer hineinzuversetzen. Mit einem absurd langen Blickduell suchen sie nach Nähe oder bilden eine amorphe Masse, in die eine nicht hineinpasst. Vielleicht sollte man die kurze Zusammenfassung aus der Schulzeit vorher nochmal lesen, doch dann bietet dieses Tanzstück viele neue Perspektiven auf den bekannten Text.

Mehrere Frauen stehen im Halbkreis um eine Frau, die ihren Arm kämpferisch in die Höhe streckt.
Zugehörigkeitsgefühl und Einsamkeit spielt für die jungen Tänzerinnen im Stellwerk Weimar eine große Rolle bei ihrem Kafka-Abend. Bildrechte: Matthias Pick

Weitere Informationen "Die Verwandlung"
Tanztheater frei nach Franz Kafka

Adresse:
stellwerk junges theater
Schopenhauerstraße 2
99423 Weimar

Dauer: 45 Minuten

Termine:
22. Mai, 19 Uhr
23. Mai, 19 Uhr

Figurentheater in Erfurt: "Atlas der abgelegenen Inseln" nach Judith Schalansky

In ihrem Buch "Atlas der abgelegenen Inseln" stellt die erfolgreiche Autorin Judith Schalansky 50 besondere Orte vor. Manche von ihnen wurden nur mit Mühe erreicht, andere waren Schauplatz einer einzelnen besonderen Geschichte. Zwölf dieser Inseln bereist das Team um Regisseur Christian Georg Fuchs im Erfurter Theater Waidspeicher und erzählt mit Puppen auf einem Tisch die unterschiedlichen Ereignisse. "Das Theater Waidspeicher verführt das Publikum auf Inseln und zu Menschen, manchmal getrieben wie bei einem Speeddating, dann wieder Zeit lassend für assoziative Bilder im Kopf der Betrachter", beschreibt Michael Plote die Inszenierung auf dem Portal "Fidena".

Weitere Informationen  "Atlas der abgelegenen Inseln" nach Judith Schalansky

Adresse:
Theater Waidspeicher
Domplatz 18
99084 Erfurt

Dauer: 75 Minuten, keine Pause

Termine:
16. Mai, 21 Uhr

Performance in Meiningen: "Die Rückeroberung der Hoffnung" am Staatstheater

Der Titel verspricht angesichts der Weltlage schon ein mutiges Unterfangen: "Die Rückeroberung der Hoffnung" ist eine Schauspiel-Tanz-Performance. Entwickelt wurde sie in Meiningen von Miriam Haltmeier, die hier selbst als Schauspielerin auf der Bühne stand, bevor sie sich in die Freie Theaterszene traute. Ihre Bühne besteht aus zahlreichen Streben, die ein vom Verfall bedrohtes Haus andeuten. Unter diesem Konstrukt treffen sich Menschen, die vor allem eins verbindet: das Haus zu retten. Das Haus steht natürlich für die Welt und so wird der ganze Abend zur Metapher, wie auch der Kritiker Michael Helbing in der "Thüringer Allgemeinen" schreibt. Dabei begeistert ihn schon, dass alle ins Risiko gehen, ihre Komfortzonen verlassen, Schauspieler den Tanz annehmen und so Hoffnung als etwas zeigen, aus dem wirklich etwas entstehen kann.

Weiß gekleidete Menschen stehen als Gruppe zusammen und schauen nach oben auf ein Gerüst.
Eher durch Zufall kommt die Gruppe in der Geschichte von "Die Rückeroberung der Hoffnung" zusammen, um das Haus nicht einstürzen zu lassen. Bildrechte: Christina Iberl

Weitere Informationen "Die Rückeroberung der Hoffnung"
Schauspiel-Tanz-Performance von Miriam Haltmeier

Adresse:
Kammerspiele
Bernhardstraße 5
98617 Meiningen

Dauer: 85 Minuten, keine Pause

Termine:
3. Mai, 19:30 Uhr

ZWEI TIPPS FÜR KURZENTSCHLOSSENE

Tanztheater in Rudolstadt: "Friedrich" und "Le Sacre du Printemps"

Der Tiefe in den Bildern von Caspar David Friedrich kann man sich nur schwer entziehen – das haben beim groß gefeierten 250. Geburtstag des Malers im vergangenen Jahr sehr viele Menschen noch einmal erlebt. Gemälde wie "Wanderer über dem Nebelmeer", "Die Felsen auf Rügen" oder "Mönch am Meer" reisten durch Deutschland und sind nun zum ersten Mal in New York zu sehen. In Rudolstadt können Interessierte die Kunstwerke auf neue Weise entdecken: Der Nordhäuser Ballettchef Ivan Alboresi hat sich zu einem Tanzabend über diese Bilder inspirieren lassen. Die Bühne ist leer, mit Licht wird die entsprechende Stimmung gesetzt. Das Ensemble ist ganz in Grau gekleidet und stellt die Motive nach, macht sie lebendig. Teilweise entstehen daraus auch kleine Geschichten, die von Einsamkeit erzählen. "Dieser Sinnlichkeit vermag kein Zuschauer sich zu entziehen", meint der Kritiker Wolfgang Hirsch in der "Thüringer Allgemeinen". Ergänzt wird dieses Thema von Strawinskys "Le Sacre du Printemps", das Alboresi ebenfalls gekonnt in Szene setzt.

Auf einer Bühne mit beleuchteter Rückwand steht eine Person auf mehreren anderen Menschen, die einen Hügel bilden.
Bilder wie der berühmte "Wanderer über dem Nebelmeer" werden auf der Bühne in Rudolstadt lebendig. Bildrechte: Ida Zenna

Weitere Informationen "Friedrich"/"Le Sacre du Printemps"
Ballett von Ivan Alboresi mit Musik von Ludwig van Beethoven und Igor Strawinsky

Adresse:
Stadthaus
Platz des Opfer des Faschismus 1
07407 Rudolstadt

Dauer: 105 Minuten, eine Pause

Termine:
27. April, 15 Uhr

Musiktheater in Erfurt: Doppelabend mit "Cavalleria rusticana" und "Gianni Schicchi"

Auch auf der Opernbühne hatten Crime-Storys immer Konjunktur, das wird aktuell auch im Theater Erfurt deutlich. Dort gibt es an einem Doppelabend zwei kurze Opern zu sehen: In "Cavalleria rusticana" von Pietro Mascagni kehrt Turiddu aus dem Krieg heim und muss sehen, dass seine geliebte Lola mit jemand anderem verheiratet ist. Als es ihm nicht gelingt, über seine Gefühle hinwegzukommen, verrät seine neue Partnerin Lolas Ehemann, dass Turridu Lola noch liebt. Von Eifersucht getrieben, kommt es zum Duell. In "Gianni Schicchi" von Giacomo Puccini versuchen Angehörige eines wohlhabenden und gerade verstorbenen Mannes, sein Erbe statt für den guten Zweck für sich selbst zu sichern. Dafür soll Gianni Schicchi die Leiche verstecken und sich selbst als der Reiche ausgeben. Beide Opern leben von emotionalen und eingängigen Melodien – die in Erfurt wunderbar gespielt werden, meint Kritiker Wolfgang Hirsch in der "Thüringer Allgemeinen": "Souverän und präzise führt Gastdirigent Anthony Bramall das sehr konzentriert musizierende Erfurter Orchester durch die heikle Partitur und avanciert zum stillen Helden des Abends." Auf der Bühne überzeugt nicht nur das Ensemble mit schönem Gesang, sondern auch die Ausstattung – Ines Nadler hat für die erste Oper eine schlichte, aber symbolstarke Wand auf die Bühne gestellt und für "Gianni Schicchi" gleich ein ganzes Haus gebaut, in dem viel passiert. "So kommt das Publikum an diesem konzise, klug und geschmackvoll gestalteten Einakter-Doppelabend voll auf seine Kosten", so Hirsch.

Auf einer Bühne stehen Menschen in einer Reihe vor einem Bühnenbild mit mehreren Zimmern.
Das Bühnenbild von "Gianni Schicchi" wird in Erfurt zum Wimmelbild. Bildrechte: Lutz Edelhoff

Weitere Informationen "Cavalleria rusticana" von Pietro Mascagni und "Gianni Schicchi" von Giacomo Puccini

Adresse:
Theater Erfurt
Theaterplatz 1
99084 Erfurt

Dauer: 165 Minuten, eine Pause

Termine:
27. April, 15 Uhr

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 16. April 2025 | 08:40 Uhr

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