Internationale Presseschau So wird der Sonneberger AfD-Sieg im europäischen Ausland wahrgenommen

Als "Dammbruch" und "historischen Sieg der extremen Rechten in Thüringen" bezeichnet etwa die französische Tageszeitung "Le Monde" den Wahlsieg Sesselmanns am Dienstag auf ihrer Titelseite. Zum ersten Mal seit Gründung der Bundesrepublik 1949 werde eine rechtsextreme Partei auf Landkreisebene regieren.

Die Zeitung "Libération" wertet den Sieg der Rechten als "große Niederlage für die deutsche Demokratie". Die AfD habe gezeigt, dass sie es mit der "republikanischen Front" aller demokratischen Parteien aufnehmen könne, so die linke Tageszeitung. Der CDU-Kandidat habe trotz Unterstützung aller demokratischen Parteien verloren.

Die Strategie der AfD vergleicht der konservative "Figaro" zudem mit der von Marine Le Pen und ihrem "Rassemblement National". Le Pen setze auf "Entteufelung", um die Wähler zu verführen. Der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke dagegen habe eine Wahlkampfrede auch schon mal mit der SA-Devise "Alles für Deutschland" beendet.

Wenige, aber schärfere Töne kommen aus dem Osten. Im einzigen Artikel zum Thema von der verbreitetsten Tageszeitung aus dem Nicht-Boulevard-Bereich, der rechtspopulistischen "Mlada Fronta Dnes", heißt es im Titel: "Blaues Wunder in Sonneberg. Die deutsche AfD gewinnt sensationell einen Posten in Thüringen."

Auch in Polen wird der AfD-Sieg bei der Landratswahl in Thüringen wahrgenommen - wenn auch als eines unter vielen Auslandsthemen. "Unruhe in Deutschland" schreibt beispielsweise der regierungsnahe polnische Nachrichtensender "TVP Info" auf seiner Website. Der Wahlsieg könnte der "Anti-Immigrationspartei, die in den Umfragen Rekordwerte erreicht, einen zusätzlichen Impuls geben", schreibt zum Beispiel die Tageszeitung "Rzeczpospolita" und erklärt ausführlich, dass die Partei in mehreren Bundesländern vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Ausgerechnet in Thüringen habe sie jetzt gewonnen, einem "wichtigen Standort der Reichsbürgerorganisation".

Redaktionen, die den regierenden Nationalkonservativen näherstehen, arbeiten erst langsam heraus, was vom Erfolg der AfD zu halten ist. Denn die Partei gilt durchaus als möglicher Partner der polnischen Regierungspartei PiS, gerade im Dauerkonflikt mit der Europäischen Union. Gleichzeitig fordert Warschau von Deutschland Reparationszahlungen für den Zweiten Weltkrieg und ein neues Bewusstsein für die deutschen Verbrechen in Polen. Dass mit der AfD dabei kaum eine Zusammenarbeit möglich sein dürfte, ist auch der PiS in Warschau klar.

Das rechtskonservative Onlineportal "Do rzeczy" fokussiert daher eher die Politik der Bundesregierung, mit der der AfD-Sieg zu erklären sei: "Die Deutschen haben den Eindruck, die Berliner Regierung will auf ihre Kosten Klassenbester in Ökologie sein." Das und die Weigerung der anderen Parteien, mit der AfD zu kooperieren, hätten erst zu ihrem Erfolg geführt.

Und zuletzt ein Blick in die Schweiz: Dort interessiert Sesselmanns knapper Sieg vor allem die deutschsprachigen Medien. Im Zürcher "Tagesanzeiger" analysiert Deutschland-Korrespondent Dominique Eigenmann die gesellschaftlichen Hintergründe des AfD-Erfolgs: "Anders, als manche vielleicht denken, ist Sonneberg kein Hort der sozial oder wirtschaftlich 'Abgehängten'. (…) Aus wirtschaftlicher oder sozialer Verzweiflung haben hier jedenfalls nicht viele rechtsextrem gewählt."

Eigenmann zitiert Wahlkampfparolen des AfD-Politikers Sesselmann wie "Grenzen sichern!", "Raus aus dem Euro!" oder "Diesel super!" - und erinnert daran, dass der neue Landrat für keines dieser Themen zuständig sein wird. Dennoch sei Sesselmanns Wahlsieg "symbolisch ein Triumph für die AfD", so der Tagesanzeiger-Korrespondent.

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