Landkreis Hildburghausen Rechtsextremist Frenck plant Konzertreihe in neuem Neonazi-Gasthaus
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25. Oktober 2024, 09:07 Uhr
Der Gasthof in Kloster Veßra im Kreis Hildburghausen ist Geschichte, doch offenbar hat Rechtsextremist Tommy Frenck bereits ein neues Domizil, wo er Neonazi-Konzerte veranstalten will. Während die Sicherheitsbehörden alarmiert sind, gibt man sich vor Ort unwissend. Die Mobile Beratung warnt vor aufgestachelten Neonazis, die für viele Menschen eine Gefahr sein könnten.
Der rechtsextreme Gastwirt Tommy Frenck hat nach MDR-Informationen ein neues Domizil in Südthüringen gefunden. Demnach betreibt er seit September einen Gasthof in Brattendorf (Landkreis Hildburghausen). Eine erste Neonazi-Konzertreihe ist nach MDR Investigativ-Recherchen bis Jahresende geplant. Zuvor hatte Frenck seinen Gasthof im rund 20 Kilometer entfernten Kloster Veßra schließen müssen.
Neonazi-Konzertserie bis Jahresende angemeldet
Eine Sprecherin des Landkreises Hildburghausen teilte MDR Investigativ mit, bei der zuständigen Gemeindeverwaltung Auengrund seien für die Wochenenden bis Ende Dezember öffentliche Veranstaltungen wie Lieder- und Vortragsabende angemeldet worden. Die Gemeinde habe einen Auflagenbescheid erlassen, weitere Details seien dem Landratsamt nicht bekannt. Nach MDR Investigativ-Informationen werden mindestens fünf Konzerte mit einschlägig bekannten Musikern aus dem militanten Neonazi-Spektrum für November und Dezember im Internet beworben.
Polizei plant Einsätze in Brattendorf
Die Polizeiinspektion Suhl bestätigte dem MDR auf Anfrage die Veranstaltungsserie. Es handle sich demnach um eine sogenannte "Daueranmeldung". An den Veranstaltungen dürften jeweils nicht mehr als 40 Menschen teilnehmen. Die Polizei werde, wie schon in Kloster Veßra, vor Ort sein.
Neue Neonazi-Gaststätte nach "Aus" in Kloster Veßra
Betreiberin des Gasthofes in Brattendorf ist nach Angaben des Landratsamts Hildburghausen offiziell die "GGA Grundstücks-Gesellschaft Auengrund mbH" und ihr Geschäftsführer Werner M. Ihm gehört nach Angaben der Gemeinde auch die Immobilie. Tommy Frenck selbst hat laut Landratsamt und Gemeinde an der Adresse mehrere Gewerbe angemeldet, darunter eine Franchise-Beratung, seinen Szene-Versand und einen Getränkehandel. Allerdings habe Frenck eine Schank- und Speisewirtschaft und die Durchführung von Musik- und Tanzveranstaltungen abgemeldet. Die Gaststätte wird offiziell von Werner M. betrieben. Eine Anfrage von MDR Investigativ nach seiner Verbindung zum Besitzer der Immobilie Werner M., auf den auch das Gastgewerbe in Brattendorf offiziell gemeldet ist, hat Tommy Frenck unbeantwortet gelassen.
Frenck hatte über Jahre in Kloster Veßra ein Gasthaus betrieben. Dieses hatte sich zu einem überregionalen Treffpunkt der rechtsextremen Szene entwickelt. Die Gemeinde wollte das Gasthaus übernehmen. Das Thüringer Oberverwaltungsgericht hatte im vergangenen Jahr das Vorkaufsrecht der Gemeinde an Frencks Immobilie bestätigt. Frenck musste Kloster Veßra nach Jahren juristischer Streitigkeiten verlassen.
Verfahren wegen Steuerhinterziehung gegen Frenck
Möglicherweise wurde der Gaststättenbetrieb in Brattendorf auf M. und nicht auf Frenck angemeldet, weil gegen Frenck ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung in Höhe von rund 141.000 Euro läuft. Zwar wird in Thüringen seit 2008 keine Gaststättenkonzession mit dem Nachweis der steuerlichen Unbedenklichkeit durch das Finanzamt mehr benötigt. Allerdings könnte ein möglicher Schuldspruch für Frenck und die auf ihn angemeldeten Gewerbe nach MDR-Informationen schwerwiegende finanzielle Folgen haben.
Die Staatsanwaltschaft Mühlhausen hatte im vergangenen Jahr Anklage gegen den Neonazi erhoben, ein Verhandlungstermin am zuständigen Amtsgericht Meiningen stehe aber noch nicht fest, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft dem MDR.
Frenck selbst war schon seit Monaten in Brattendorf präsent. So trat er bereits zu den Kommunalwahlen im Mai für sein rechtsextremes "Bündnis Zukunft Hildburghausen" in der Gemeinde Auengrund an und sitzt seitdem im Gemeinderat
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Gemeindeverwaltung spricht von "Gasthaus für jedermann"
Der von MDR Investigativ angefragte Bürgermeister der Gemeindeverwaltung Auengrund, René Pfötsch, ließ durch einen Sprecher seines Bauamts mitteilen, die Gemeinde distanziere sich von der Bezeichnung "Neonazi-Treffpunkt" für das Gasthaus in Brattendorf. Es handele sich "vorliegend bei dem ‚Gasthaus Eiserner Löwe‘ um ein Gasthaus, welche Speisen und Getränke für jedermann anbietet und nicht nur für eine spezielle Klientel." Vom Landratsamt Hildburghausen sei keine Gewerbeuntersagung erteilt worden, "von daher hat der Bürgermeister der Gemeindeverwaltung Auengrund in dieser Sache keine weitere Handhabe."
Ein Vorkaufsrecht der Gemeinde an der Immobilie habe nicht bestanden. "Welche Gruppierungen sich dort treffen, entzieht sich unserer Kenntnis. Visuell sichtbar ist lediglich ein Querschnitt der Gesellschaft von jung bis alt über sämtliche Gesellschaftsschichten hinweg." Es seien noch zwei weitere Liederabende angezeigt worden. "Sicherheitsbedenken gab/gibt es schon, zumal Herr Frenck auch Bedrohungen aus der Linken Szene ausgesetzt ist."
Gemeindeverwaltung wollte Informationen beim Verfassungsschutz einholen
Auf die Frage, ob die Gemeinde polizeiliche Einschätzungen zu den einzelnen Bands eingeholt habe, heißt es von dem Bauamtssprecher weiter, der Leiter des Ordnungsamtes habe eine Besprechung mit einem Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz gehabt. Dieser habe im Nachgang des Gesprächs zugesichert, Informationen, soweit vorhanden, zu den einzelnen Künstlern bzw. Bands der Gemeinde Auengrund zukommen zu lassen. Ergebnisse lägen derzeit noch nicht vor.
Mobile Beratung warnt vor Gefahr durch neuen Neonazi-Treffpunkt
Bereits in seiner alten Immobilie in Kloster Veßra hatte Frenck regelmäßig Neonazi-Konzerte organisiert. Ein Sprecher der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Thüringen sagte dem MDR, eine Frequenz wie die nun angekündigte Konzertreihe habe es schon seit Jahren nicht mehr gegeben. Damit fülle Tommy Frenck auch eine Lücke, die durch das völlige Wegbrechen der "Die Heimat"-Landesgeschäftsstelle als Veranstaltungsort durch szene-interne Streitigkeiten in Eisenach entstanden sei.
"Wir hoffen, dass die Sicherheitsbehörden in Südthüringen eine entsprechende Gefahreneinschätzung zu den Konzerten haben. Im Vorfeld und Nachgang von derartigen Konzerten kommt es immer wieder zu Straftaten. Wenn alkoholisierte und durch extrem rechte Musik aufgestachelte Neonazis unterwegs sind, kann dies für viele Menschen, die nicht ins rechte Weltbild passen, gefährlich werden."
MDR
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN – Das Radio | 25. Oktober 2024 | 06:00 Uhr