Kuhstuhl mit fressenden Kühen
Ein konventioneller Betrieb und ein Biobauernhof aus dem Saale-Holzland-Kreis haben viele ähnliche Probleme durch die reduzierten Agrarsubventionen. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Landwirtschaft Was bedeuten die Subventionskürzungen wirklich für die Bauern? Landwirte berichten

10. Januar 2024, 16:31 Uhr

Verlässlichkeit, finanzielle Sicherheit, Wertschätzung für geleistete Arbeit - das wünschen sich die meisten Bauern. Wir haben bei zwei Betrieben aus dem Saale-Holzland-Kreis genauer nachgefragt. Ein Biobetrieb mit 92 Hektar Flächen aus dem Schkölener Ortsteil Willschütz und eine mittelgroße Agrargenossenschaft aus dem Heideland-Ortsteil Etzdorf. Was die Landwirte berichten, ist gar nicht so unterschiedlich.

Biobauer Volkmar Voigt füttert zusammen mit einer Mitarbeiterin seine Schweine. Erst gibt es eine Art Getreidebrei, dann Kartoffeln. Alles aus dem eigenen Anbau, aber zum Verkauf nicht so recht geeignet. "Bei uns leben die Schweine meistens deutlich länger als in konventionellen Betrieben", sagt er und blickt auf zwei dicke Sauen. "Fünf Zentner haben die jetzt. Eigentlich sollten sie vor Weihnachten geschlachtet werden, aber das haben wir nicht mehr geschafft."

Ein drittes Tier ist schon geschlachtet. Im Schlachtbereich des kleinen Biohofs sind auf einem sauberen Edelstahltisch Dutzende Würste abgelegt, vor allem Blut- und Leberwurst. Auch Wurstsuppe, ein schmackhaftes Abfallprodukt, ist in Gläser abgefüllt und bereit für den Verkauf in Hofladen und Wochenmarkt.

Unvorhersehbare Warenpreise machen Bauern zu schaffen

Selbst war Voigt nicht bei den Protesten dabei, zwei seiner Söhne, die auf anderen Höfen in Sachsen arbeiten, schon. Es habe sich einiges angestaut, sagt er, während acht laut quiekende Jungtiere sich auf das gerade angelieferte Futter im Trog stürzen.

Die Bauern hätten gerade wieder mit sinkenden Preisen zu kämpfen. Viele könnten nicht alles direkt vermarkten. Und oft würden Großabnehmer erst nach der Lieferung entscheiden, wie der Preis ist. "Der Bauer liefert mehr oder weniger ab und guckt dann, was es dafür gegeben hat. Und das ist einfach eine ganz missliche Lage, in der wir da sind", sagt Voigt.

Ein Bauer steht im Kuhstall
Volkmar Voigt führt einen Biobauernhof im Schkölener Ortsteil Willschütz. Er hat an den Bauernprotesten nicht teilgenommen, zwei seiner Söhne schon. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Die Agrargenossenschaft Buchheim-Crossen betreibt zwar auch einen Hofladen und einen Verkaufswagen, aber ein Großteil wird an Handelspartner verkauft. Milch, Fleisch, Getreide. Schweine gibt es keine mehr. Zu viele Auflagen, der Schlachthof zu weit weg. 2.000 Hektar Flächen bewirtschaftet der Betrieb, ein Fünftel davon ist Grünland.

Von teureren Supermarkt-Preisen für Milchprodukte kommt bei Bauern nichts an

Die Milch habe man zuletzt für knapp 35 Cent verkaufen können. "Das war mal kostendeckend. Aber mit steigenden Energiekosten und steigenden Lohnkosten nicht mehr", sagt Ariane Bretschneider, Vorständin der Agrargenossenschaft. Sie hoffen jetzt auf versprochene 45 Cent von der Molkerei, denn sie erfüllen jetzt die Bedingungen für Haltungsform 3. Das ist aufwendiger und teurer, bringt aber auch etwas mehr ein.

"Aber ob die Butter im Handel 1,50 Euro oder 3 Euro kostet, ist für uns egal. Wir bestimmen unsere Preise nicht", sagt Bretschneider. Das machten die großen Einkäufer und letztlich der Handel. Der Erzeugerpreis für Milch sei zuletzt sehr schwankend gewesen, habe auch mal ein Hoch von fast 60 Cent erreicht, bevor er binnen drei Monaten dann wieder auf unter 40 Cent abgestürzt sei. Da seien die staatlichen Beihilfen wichtig, um mit einem Teil der Einnahmen sicher planen zu können.

Was die Betriebe an Agrar-Subventionen der EU bekommen, das lässt sich nachlesen. Ein EU-Verzeichnis listet das peinlich genau nach Kategorien auf. Die Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen stehen im Bundesanzeiger, zuletzt für 2021. Gut 450.000 Euro erhielt die Genossenschaft demnach in dem Jahr aus EU-Mitteln. Der Gewinn der Genossenschaft lag mit 370.000 Euro darunter. Ohne einen außerplanmäßigen Maschinenverkauf wäre er noch niedriger ausgefallen. Insgesamt flossen 2021 gut 200 Millionen Euro aus EU-Mitteln an Thüringer Betriebe.

Hilfe bei Winter- und Abschleppdienst: Bauern nicht nur mit Landwirtschaft beschäftigt

Und den Gewinn stecke man sich ja nicht ein. "Der wird ins Unternehmen investiert", sagt Bretschneider. Zudem erbringe man in den umliegenden Gemeinden auch immer wieder unentgeltliche Leistungen, beteilige sich am Winterdienst oder schleppe auch mal liegengebliebene Fahrzeuge auf dem kurzen Dienstweg ab. Schulklassen besuchen den Hof. "Und in deren Schulbüchern steht dann, dass konventionelle Landwirtschaft eigentlich etwas Schlechtes ist", so die Betriebsvorständin Bretschneider.

Kleinteilige Dokumentationspflicht gehört zum Alltag der Bauern

Da hat sich einiges angestaut. Ihr Vorstandskollege Hannes Schulze bestätigt, dass auch die Summe der Regulierung ihren Teil beitrage. "Wir müssen jederzeit nachweisen, welches Pflanzenschutzmittel, wann und wo Düngemittel ausgebracht wurde. Das ist flächengenau, tagesgenau und mengengenau erfasst. Und muss von uns nachgewiesen werden können." Manches müsse man lokalen Ämtern nachweisen - und in Unterlagen für EU-Fördermittel. Und immer mehr Beihilfen würden ausgeschrieben, man könne sich darauf bewerben. Garantiert seien die dann nicht, auch wenn Bedingungen erfüllt sind.

Mit elf Traktoren war das Unternehmen an den Protesten am Montag in Ostthüringen beteiligt. Die Resonanz sei fast durchweg positiv gewesen, berichten auch einige Mitarbeiter, die gerade daran arbeiten, dampfenden Mist aus einem Kuhstall auf umliegende Felder zu fahren und dort am Rand anzuhäufen.

Geplante Subventionskürzungen sind für Bauern der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat

Die Proteste gegen die Abschaffung der Dieselsubvention und die Streichung der Kfz-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge seien jetzt das Ventil, auch wenn ein Teil davon bereits wieder kassiert wurde. "Wir haben das Problem, dass es eben zwei neue Maßnahmen sind in einem ganzen Blumenstrauß von Maßnahmen", so Schulze. Man habe viel hingenommen, sei die letzten Jahre auch bei neuen Vorschriften ruhig geblieben. "Wir haben gesagt, auch das schaffen wir noch", erzählt er.

Aber mit den Kürzungsplänen der Ampel sei ein Ruck durch die Branche gegangen, Kürzungen drohten quasi über Nacht. "Es fehlt teilweise eine langfristige Planung. In einem Betrieb wie unserem machen diese beiden Maßnahmen um die 100.000 Euro aus, die wir hätten umsetzen müssen. Das ist für uns kein Pappenstiel", betont das Vorstandsmitglied der Agrargenossenschaft Schulze.

Zwei Bauern blättern durch Akten
Ariane und Hannes Schulze von der Agrargenossenschaft Buchheim-Crossen müssen viel Zeit in die Dokumentation ihrer Arbeit stecken. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Abschaffung der Subventionen gefährdet laut Bauern Konkurrenzfähigkeit

Das sieht Biobauer Voigt ähnlich. "Der Agrardiesel war für uns immer eine sichere Geschichte." Selbst wenn er finanziell nicht so ins Gewicht falle. Die Regularien seien in den letzten Jahren so zahlreich geworden, "dass man da oft nicht mehr durchsteigt". Vieles komme auch unausgegoren, sei teilweise noch unfertig, müsse aber bereits umgesetzt werden. "Und der Diesel wird ja auch ohne Ermäßigung für die Landwirtschaft wegen der CO2-Steuer teurer."

Der Familienbetrieb verkauft das meiste direkt, im Hofladen oder dem Jenaer Wochenmarkt. "Aber auch der Markt für Bio-Lebensmittel ist nicht mehr nur regional, den haben auch die Discounter für sich entdeckt." Und da komme teilweise Ware in die Regale, die mit viel geringeren Personal- und Energiekosten im Ausland produziert werden könne. Ganz abkoppeln von solchen Preisen kann sich auch der Direktvermarkter also nicht.

Die Unzufriedenheit über die Auflagen aus der Politik und die Unsicherheit, die der Handel über die Preise bei den Bauern verbreitet, ist groß.

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MDR (flog,ost)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 09. Januar 2024 | 19:00 Uhr

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