"Universitäts-Frauenklinik" steht an der Fassade der ehemaligen Frauenklinik.
Die ehemalige "Universitäts-Frauenklinik" in Jena. Zeitweise waren hier Geflüchtete aus der Ukraine untergebracht. Jetzt sollte hier eigentlich ein Wissenschafts-Campus entstehen. Doch nun ist das Geld des Landes knapp. (Archivfoto) Bildrechte: picture alliance/dpa | Martin Schutt

Hochschulen Trotz Apothekermangel: Pharmazie-Campus in Jena könnte teuer werden

15. März 2025, 05:00 Uhr

Allein im vergangenen Jahr haben in Thüringen 20 Apotheken zugemacht - hunderte Stellen für Apotheker und Pharmazeuten sind hierzulande unbesetzt. Dabei werden die Menschen immer älter. Da braucht es eben nicht nur Ärzte, sondern auch Apotheken. Doch damit mehr Apotheker und Pharmazeuten ausgebildet werden können, sollte an der Uni Jena ein neues Pharmazeutisches Institut gebaut werden. Doch das kommt erst einmal nicht.

MDR THÜRINGEN-Reporter Olaf Nenninger
Bildrechte: MDR/Daniela Dufft

Eigentlich sollte es in diesem Jahr losgehen auf dem alten Klinikgelände in der Jenaer Bachstraße. Die Pläne waren gemacht. Vor dreieinhalb Jahren hatten sie der damalige Wissenschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) gemeinsam mit Prof. Walter Rosenthal, seinerzeit Präsident der Universität Jena, hoffnungsvoll präsentiert.

Die ehemalige Frauenklinik in Jena in der Bachstraße 3
Wie geht es weiter mit dem Geländer der ehemaligen Frauenklinik in Jena in der Bachstraße 3? Bildrechte: MDR/Olaf Nenninger

Der dritte große Jenaer Campus hätte es werden sollen: Platz für das neue Institut für Pharmazie, die Ernährungswissenschaft, aber auch das Institut für Datenwissenschaft der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt.

Vorgänger-Regierung gibt 109 Millionen Euro nicht mehr frei

Die dann umgebaute ehemalige Frauenklinik wäre das Herzstück des neuen Pharmazie-Instituts geworden. Rundherum moderne Gebäude, wo jetzt noch vieles vor sich hingammle, so der Plan. Kostenpunkt für den Campus: 109 Millionen Euro. Doch das Geld vom Land kommt vorerst nicht. Es ist vor dem Regierungswechsel hängen geblieben. Die Bauanmeldung lag der alten Landesregierung zwar seit zwei Jahren vor, wie die Uni bestätigte, die Finanzierungsvereinbarung wurde von Finanzministerin Heike Taubert aber nicht mehr unterschrieben. Das Projekt Wissenschaftscampus an der Bachstraße steht gewissermaßen auf Halt.

Die Entscheidung des Landes, die Baumaßnahme zur Errichtung des Neubaus der Pharmazie nicht durchzuführen, hat uns überrascht und enttäuscht.

Thoralf Held Kanzler der Uni Jena

Herber Rückschlag für Uni Jena

Für die Uni Jena ist das ein herber Rückschlag: "Die Entscheidung des Landes, die Baumaßnahme zur Errichtung des Neubaus der Pharmazie nicht durchzuführen, hat uns überrascht und enttäuscht", erklärt Kanzler Thoralf Held. Seit 25 Jahren bemühe man sich schon, das Pharmaziestudium auf eine moderne Basis zu stellen. Es gehe um mehr Platz und eine bessere Infrastruktur.

Denn eng geht es schon lange zu in den veralteten Pharmazie-Laboren. Sie sind dazu noch verteilt auf ein halbes Dutzend Gebäude im Stadtgebiet. Maximal 75 Studenten pro Jahr können dort ausgebildet werden. Die Bedingungen sind also wenig attraktiv - weder für Studenten noch für Mitarbeiter. Mit dem neuen Institut sollte das Pharmazie-Studium in Jena nicht nur national und international aufschließen, es hätten auch mehr junge Menschen zu Apothekern und Pharmazeuten ausgebildet werden können. Über hundert pro Jahrgang, in diese Richtung sollte es gehen. Derzeit rennen die Pharmaziestudenten der Uni nicht unbedingt die Türen ein.

Neue Apotheker dringend in Thüringen benötigt

Zumal es im Land massiv an Apothekern fehlt. Sowohl Apothekerkammer als auch -verband sind ebenfalls "not amused" darüber, dass das neue Pharmazie-Institut länger auf sich warten lässt. Damit könne man "wirklich schlecht leben", sagt Thüringens Kammer-Präsident Ronald Schreiber. "Weil wir auch die fertigen Studenten brauchen für die Arbeit in den Apotheken." Und dann sei da noch der demografische Wandel. Heißt: Die Menschen werden immer älter. Und da werden Apotheker dringend gebraucht. Viele der Absolventen ließen sich ohnehin eher von gut dotierten Jobs in der Industrie locken.

Was ist der Unterschied zwischen Pharmazeut und Apotheker? Als Pharmazeut wird eine staatlich geprüfte Person bezeichnet, die Pharmazie studiert und abgeschlossen hat

Trotz des abgeschlossenen Studiums unterscheidet sich der Pharmazeut vom Apotheker, da er (noch) keine Approbation erteilt bekommen hat und damit keine Apotheke leiten oder einen Apotheker vertreten kann.

Land streicht Uni-Projekt in der Bachstraße zusammen

Insgesamt scheint der neuen Landesregierung das Projekt Wissenschaftscampus an der Bachstraße sowieso zu überdimensioniert. Die Uni soll nun neu planen. Die flankierenden Institute wurden herausgestrichen. Das neue Institut bleibt weiter auf dem Zettel. Das soll Kosten sparen.

Die Verzögerung macht indes ein neues Problem auf: Die EU-Förderung, die sogenannten Efre-Mittel, in Höhe von zwei Dritteln der Baukosten verfällt kommendes Jahr. Das bedeutet wahrscheinlich, dass das Land den Bau später komplett selbst bezahlen muss. Wären es mit EU-Förderung vielleicht 40 Millionen Euro Eigenanteil geworden, sind dann wahrscheinlich 70 bis 80 Millionen fällig, kalkuliert man die künftigen Baukostensteigerungen mit ein. Das Land bekommt also das halbe Produkt zum doppelten Preis. Oder wirft mit dem Schinken nach der Wurst.

Das Wissenschaftsministerium rechnet das allerdings anders. Für den neuen Staatssekretär Bernd Uwe Althaus (CDU) wird es mit Blick auf den Landeshaushalt eben nicht teurer. Die EU-Förderung könnte für andere Dinge, beispielsweise für Geräte und Ausstattung, ausgegeben werden. Es käme lediglich zu einer "Mittelverschiebung", wie er es nennt. Damit wird auch die Sorge deutlich, die in der Landesregierung umgeht: Nämlich dass die EU-Mittel zurückgezahlt werden müssten, sollte sich das Bauprojekt über 2027 hinaus verzögern. Und das ist sehr wahrscheinlich - eingedenk der Trödelei der letzten Jahre.

Die bürokratischen Mühlen beginnen nun von neuem zu mahlen. Nach Schätzungen der Uni kommt der abgespeckte und deutlich teurere Pharmazie-Campus frühestens Anfang der 30er-Jahre.

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MDR (one/rom)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 14. März 2025 | 19:00 Uhr

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