Interview mit Gründungsdirektor Jena: Neubau des Optischen Museums hat begonnen
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08. August 2024, 08:55 Uhr
In Jena haben nach jahrelanger Vorbereitung die Bauarbeiten für das künftige Deutsche Optische Museum begonnen. Die Kosten für den Neubau sind inzwischen auf fast 57 Millionen Euro gestiegen. Laut Gründungsdirektor Timo Mappes soll das Museum zum Aushängeschild für das moderne Thüringen werden. Bei MDR KULTUR sprach er über die ikonische Architektur und die neu konzipierte Ausstellung, die nach aktuellem Plan 2027 als interaktive Erlebniswelt eröffnet werden soll.
- Im neuen Optischen Museum Jena sollen Experimente mit historischen Objekten wie Goethes Prisma möglich sein.
- Außerdem werden in der Ausstellung künftig Einblicke in die aktuelle Optikforschung gegeben.
- Laut Gründungsdirektor Timo Mappes soll das neue Museum zum Aushängeschild für das moderne Thüringen werden.
MDR KULTUR: Das Deutsche Optische Museum Jena ist derzeit geschlossen. Es wird eine neue Erlebniswelt geschaffen – dafür haben nun die Bauarbeiten begonnen. Was entsteht denn da genau?
Timo Mappes: Es sind zwei Teile. Einmal haben wir einen wunderschönen Altbau, der genau vor 100 Jahren, 1924, eröffnet wurde. Das ist die ehemalige staatliche Optikerschule, die wir für die Ausstellung umgestalten.
Ergänzt wird das Ganze über einen Neubau. In diesen kommt ein Café, in dem Sie einen Kaffee, eine Mate oder was auch immer zu sich nehmen können, ohne Eintritt zu bezahlen für das Museum selber. Und von dort aus kommen Sie dann in die Ausstellung hinein.
Das Wichtige für uns bei diesem Neubau ist, dass der ikonische Wirkung hat. Wenn Sie draußen auf der Straße jemanden fragen, den Louvre zu zeichnen, wird der immer die Pyramide zeichnen – das ist aber nur der Eingang. Aber damit wissen wir, wie wichtig der Eingang ist. Und genau so gestalten wir auch dieses Gebäude.
Nun ist die Gebäudegestaltung das eine, der Inhalt das andere. Was war denn die Leitidee bei der Neukonzeption der Ausstellung?
Die Leitidee ist, was Sie vielleicht von Konfuzius kennen, sprich: Sage es mir und ich werde es vergessen, zeige es mir und ich werde mich erinnern, lass es mich tun und ich werde es verstehen. Das ist die Grundidee. Das heißt, wir haben über 100 Mitmachstationen. Dinge, wo Sie wirklich begreifen, die optischen Experimente selber durchführen können und damit einen anderen Zugang bekommen.
Wir haben über 100 Mitmachstationen. Dinge, wo Sie wirklich begreifen, die optischen Experimente selber durchführen können und damit einen anderen Zugang bekommen.
Die Idee ist dabei in der Optik: Sie können historische Objekte konservatorisch gut verwahren und trotzdem die Optik ewig nutzen, wenn Sie nicht irgendwie die Mechanik beanspruchen. Wenn Sie die Brille nicht runterfallen lassen und Sie nicht falsch putzen, funktioniert die ewig. Und genau diesen Ansatz verfolgen wir auch im Museum.
Das heißt, wir werden ganz viele historische Objekte für die Besuchenden nutzbar machen, und zwar welche, die einfach irgendein Forscher angewandt hat, aber auch solche, die historisch aufgeladen sind. Zum Beispiel bekommen wir von der Klassik Stiftung Weimar eines der Prismen von Goethe. Das berühmte Experiment von Goethe mit seinem Differenz-Spektrum werden wir für die Besuchenden mit seinem Prisma zugänglich machen. Das heißt, Sie führen im Deutschen Optischen Museum das Experiment von Goethe mit dessen Prismen durch.
Sie müssen ja auch irgendwie schauen, dass Sie die junge Generation erreichen. Wie wollen Sie Kinder und Jugendliche für Technik und Naturwissenschaften begeistern?
Wir machen noch viele Sachen zusätzlich, zum Beispiel auch etwas, was wir als Schaufenster der Optikforschung bezeichnen. Das kann man sich vorstellen wie eine Art intellektuelle Sendung mit der Maus. Das heißt, Doktoranden werden dort an Stationen, die alle drei bis sechs Monate neu bespielt werden, erklären, was der Inhalt von deren Arbeit ist.
Jena ist – und zwar global – der Hotspot der Optik.
Das frage ich auch sehr gerne bei der Doktorprüfung: Stelle dir vor, wenn Du jetzt aus der Tür raus gehst, erzählst du dem nächsten Menschen, dem du begegnest, in drei Sätzen, warum der mit seinem Steuergeld deine Promotion finanziert hat – ganz niederschwellig, aber korrekt. Das ist sehr schwer, zu erklären, wie moderne Forschung funktioniert. Das heißt nicht, das Historische zu zeigen, denn wir sind keine Ausgrabungsstätte oder sowas, sondern zu zeigen: Jena ist – und zwar global – der Hotspot der Optik.
Es sind große Namen – Carl Zeiss, Ernst Abbe, Otto Schott – die den Standort der optischen Industrie in Jena geprägt haben. Heute geht es aber auch hier um Fachkräfte, Nachwuchs und Unternehmen, die stark vom Ausland abhängig sind. Welchen Input können Sie als Museum dem Standort Jena geben?
Eine Sache ist, wenn Sie bisher an Jena vorbeifahren, dann sehen Sie halt wenig von der Optik. Genau das können und werden wir ändern, als Aushängeschild für das moderne Thüringen zu stehen – ein neues touristisches Leitprodukt. Die bisherigen vier, die es gibt – die Wartburg, Weimar, Rennsteig und Erfurt – sind alle klassisches Thüringen.
Wir stehen aber für das moderne Thüringen und dafür, auf diese Art und Weise Jena und Thüringen bekannt zu machen und auch dafür zu begeistern. Und am besten begeistern Sie am Ende Menschen mit etwas, das schön ist und das über alle Kulturen hinweg als ästhetisch angenehm empfunden wird. Und dann aber immer das Angebot zu machen, zu verstehen und zu begreifen, warum ist das so.
Quelle: MDR KULTUR (Annett Mautner), redaktionelle Bearbeitung: vp
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | Kultur Kompakt | 07. August 2024 | 06:30 Uhr