Thüringer in der Krise "Ich muss mir abgewöhnen, im T-Shirt im Wohnzimmer zu sitzen"
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27. November 2022, 18:41 Uhr
Stefan Dill aus Jena hat keine Angst vor dem Winter. Die "Energiekrise" versteht der zweifache Vater als Übergangssituation. Und dennoch: Die steigenden Preise haben in den eigenen vier Wänden für Veränderungen gesorgt.
"Was ich mir vielleicht abgewöhnen muss, ist im Winter dann im T-Shirt im Wohnzimmer zu sitzen. Da kann man ruhig auch mal einen Pullover anziehen", sagt Stefan Dill selbstkritisch. Der 52-Jährige wohnt in einer Doppelhaushälfte mit Blick über Jena - der Kredit für die eigenen vier Wände läuft noch.
Stefan Dill ist Optimist - zumindest wenn es um das Thema Energie geht. "Es gibt eine angespannte Situation, aber es ist auch viel Panikmache dabei", meint er. Auf der anderen Seite sei es vielleicht gar nicht so verkehrt, sich jetzt Gedanken darüber zu machen, was denn im Winter sein könnte: "Und wenn es dann weniger schlimm kommt, kann aufgeatmet werden."
Winter kann kommen
Sein Geld verdient der studierte Diplomingenieur für Verfahrenstechnik als Selbstständiger in der Handelsvertretung für Industriemaschinen. Angst vor dem kommenden Winter habe er nicht, sagt er. Er verfolge die Nachrichten und auch die Wirtschaftsentwicklung und blicke mit einer "gewissen Gelassenheit" in die Zukunft. "Ich sehe, dass die Gasspeicher jetzt doch einen hohen Füllgrad haben und auch die Gaspreise möglicherweise im Winter nicht so explodieren, wie erwartet wurde. Ich sehe das als eine Übergangssituation", erklärt Dill seinen Optimismus.
Nach seiner Einschätzung wird die derzeitige Situation nicht die nächsten zehn Jahre anhalten. "Das sind vielleicht zwei, drei schwierige Jahre, die jetzt kommen. Und dann hat man auch die Abhängigkeiten, die Deutschland jetzt noch hat - denke ich mal - deutlich reduziert. In Richtung Russland zum Beispiel."
Ich sehe das als eine Übergangssituation.
Energiesparen im Kleinen
Trotz seiner Gelassenheit hat Dill in den vergangenen Monaten kleinere Sparmaßnahmen getroffen. Eine davon sei die Optimierung seiner Heizungsanlage durch einen Fachmann gewesen, erzählt er. "Die Basistemperatur ist abgesenkt worden. Ich habe eine Fußbodenheizung. Das heißt 40 Grad reichen da völlig aus", erklärt Dill. Je nach Bauart und Dämmung des Hauses könne die Vorlauftemperatur bei solchen Heizungen auch höher liegen, etwa bei 60 Grad.
Ein weiterer Schritt war die Installation von digitalen Thermostaten. Die analogen Vorgänger hätten sich nur schlecht regeln lassen und seien auch nicht sonderlich genau gewesen, sagt Dill. "Das war natürlich ein Invest. (...) Das wird sich irgendwann amortisieren, hoffe ich mal. Ich kann also jetzt in den Zimmern genau einstellen: Brauche ich 22 Grad, 21 Grad, 20 oder 19?"
Duschuhr-Experiment für Kinder
Und noch eine dritte Vorkehrung hat der zweifache Vater getroffen: In den Duschen hängen nun kleine Uhren. Die richten sich laut Dill vor allem an die Kinder: "Die duschen sehr gerne und sehr lange. Und da wird eben geduscht, bis das warme Wasser alle ist", sagt er und lacht.
Ob das ausreicht, um die Erhöhungen, die dann kommen, zu kompensieren, weiß ich nicht.
Bisher sei das auch kein großes Problem gewesen. Nun habe er aber kleine wasserfeste Uhren gekauft, die mit Saugnapf in der Dusche befestigt werden. "Da habe ich jetzt mal sechs Minuten eingestellt und siehe da: Das wurde ganz gut angenommen", berichtet Dill von seinem Duschuhren-Experiment. Natürlich hätten die Kinder erstmal gefragt, was das denn eigentlich ist. Dann sei es für sie aber ganz interessant gewesen.
Aber Dill sagt auch: "Viele Dinge und Entwicklungen müssen aber abgewartet werden." Auch, ob seine getroffenen Maßnahmen wirklich tauglich sind: "Ich denke, das wird sich schon bemerkbar machen. Ob das ausreicht, um die Erhöhungen, die dann kommen, zu kompensieren, weiß ich nicht", ergänzt er.
Warmwasserunterstützung mit Solarthermie
Eine etwas größere Sparmöglichkeit befindet sich dagegen auf dem Dach des Hauses: eine Solarthermieanlage, die bei der Warmwasseraufbereitung hilft. Sie besteht aus drei Paneelen auf der Südseite des Hauses. Durch sie wird Wasser hindurchgeführt und dabei mithilfe der Sonneneinstrahlung erhitzt. "Das war damals Vorgabe, als das Haus 2011 gebaut wurde", erzählt Dill.
Die Solarthermie mache sich vor allem an sonnigen Tage bemerkbar. Das Wasser werde dann deutlich heißer. "Wenn die Sonne scheint, brauche ich kein Gas", führt er aus. Die Gasthermie im Haus sei deshalb bereits heruntergeregelt. Wie viel Geld die Anlage spart, könne er aber nicht einschätzen.
Optimistisch in die Zukunft: Ruhe bewahren
Was die Zukunft angeht, bleibt Dill optimistisch. Angst vor größeren Einschränkungen habe er nicht. "Pauschal, dass ich sage, ich fahre jetzt nicht mehr in den Urlaub - das ist nicht der Fall. Ruhe bewahren, würde ich sagen", sagt Dill. Ebenfalls optimistisch schaut der Familienvater auf seine Veränderungen im Haus. "Da kann man zehn, 15, vielleicht sogar 20 Prozent sparen", spekuliert er. Und wie es dann im neuen Jahr weitergeht, "müssen wir schauen".
Wie kommen Thüringerinnen und Thüringer durch die Energiekrise? MDR THÜRINGEN hat dazu Menschen, die einen Einblick in ihre aktuelle Lebenssituation geben wollen, befragt und besucht. Weitere Artikel unserer Serie können Sie auf der Übersichtsseite lesen.
MDR (cfr)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 24. November 2022 | 16:00 Uhr
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