Energiepreisdeckel Welche Energiehilfen Sie in diesem Winter bekommen können
Hauptinhalt
05. Dezember 2022, 10:41 Uhr
Der Energiepreisdeckel ist beschlossen. Millionen Menschen bekommen Unterstützung, um die hohen Energiepreise abzufedern. Doch wer nicht mit Gas oder Fernwärme heizt, muss weiter die sehr hohen Preise zahlen. Welche Hilfen es gibt, fasst Finanzprofi Hermann-Josef Tenhagen zusammen.
Die Bundesregierung hat in den vergangenen zwölf Monaten eine Reihe von Hilfen angesichts der hohen Energiekosten für die Bürgerinnen und Bürger beschlossen.
Die Hilfen für Unternehmen lasse ich an dieser Stelle außen vor, genau wie zahlreiche Detaillösungen, die den Rahmen hier sprengen würden.
Für die Bürgerinnen und Bürger gibt es drei Arten von Hilfen.
Erste Kategorie: Pauschale Hilfen
Zuerst wären da die pauschalen Hilfen für alle angesichts der steigenden Kosten.
Dazu hat die Regierung allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im September eine steuer- und sozialversicherungspflichtige Sonderzahlung von 300 Euro aus der Staatskasse auszahlen lassen. Abwickeln sollten das die Arbeitgeber. Ärmere Haushalte haben mehr von den 300 Euro, viele Haushalte müssen wegen der Steuerlast einen guten Teil der Hilfen wieder zurückgeben.
Ähnliche Hilfen sind für Rentnerinnen und Rentner, Pensionärinnen und Pensionäre und auch Studierende geplant. Doppelzahlungen für noch arbeitenden Rentner und schon arbeitende Studierende werden dabei billigend in Kauf genommen.
In die gleiche Kategorie gehörten auch die Spritverbilligung für drei Monate und das über alle Maßen erfolgreiche 9-Euro-Ticket für den öffentlichen Nahverkehr, das Millionen Haushalte genutzt haben.
Und natürlich der komplette Wegfall der EEG-Umlage, der den Strom insgesamt um 6,6 Cent pro Kilowattstunde verbilligt hat.
Zweite Kategorie: Verbilligung von Marktpreisen für Gas, Fernwärme und Strom
Die zweite Kategorie von Hilfen für Verbraucherinnen und Verbraucher setzt an den realen Marktkosten von Energie an. Und zwar in einem ersten Schritt für die Kundinnen und Kunden, deren Wohnungen mit Gas oder Fernwärme beheizt werden. Das ist deutlich mehr als die Hälfte aller deutschen Haushalte. Für sie bezahlt der Staat den Heizkostenabschlag für Dezember 2022.
Wer seine Gasrechnung per Lastschrift begleicht, dessen Rate soll im Dezember ausgesetzt werden. Wer selbst einen Dauerauftrag eingerichtet hat oder eine Rechnung bezahlt, der muss selbst dafür sorgen, dass das Geld im Dezember nicht an den Energieversorger abfließt. Denn der bekommt diese Kosten aus der Staatskasse ersetzt.
Gut zu wissen Um zu verhindern, dass Kundinnen und Kunden diese Dezemberrechnung künstlich nach oben treiben, um mehr Hilfen zu bekommen, wird als Grundlage für den "geschenkten" Dezemberabschlag die Gasmenge angenommen, die schon im September 2022 für den Monat Dezember hochgerechnet wurde – multipliziert mit dem Preis, der für diese Menge im Dezember tatsächlich gezahlt werden muss.
Die Hilfen konzentrieren sich auf Gaskunden und auf Fernwärmekunden, weil bei denen im besonderen Maße Preisexplosionen drohen. Schließlich fallen die Gaslieferungen aus Russland komplett aus. Von dort kamen früher mehr als die Hälfte aller Gasimporte. Hier werden auch reale Versorgungsengpässe mit weiteren großen Preissteigerungen befürchtet.
Im Markt für Heizöl, Pellets und Flüssiggas gibt es auch riesige Preissprünge, aber keine Knappheiten mehr, die zu Mondpreisen führen könnten.
Ab dem März 2023, vielleicht auch schon ab Februar, soll dann ein neues Hilfsmodell 80 Prozent des Gases verbilligen, das im Jahr 2022 geschätzt gebraucht wurde (Grundlage ist wieder die Abrechnung aus dem September 2022). Es ist 2023 zu einem gedeckelten Preis von 12 Cent zu haben. Was über die 80 Prozent Verbrauchsmenge hinaus geht, muss zu Marktpreisen bezahlt werden, die oft deutlich über 12 Cent liegen.
Jede gesparte Kilowattstunde lohnt sich Dabei lohnt sich jede eingesparte Kilowattstunde Gas, weil sich damit die Zahlung des Anteils mit hohem Marktpreis reduziert. Sollten Kundinnen und Kunden sogar mehr als die 20 Prozent für die Monate ab März einsparen, hilft das in der Jahresabrechnung auch für die Hauptverbrauchsmonate Januar und Februar, für die bislang offiziell noch keine Deckelung der Marktpreise vereinbart ist.
Ein ähnliches Modell soll beim Strom angewendet werden. Hier soll der garantierte Preis für die Kilowattstunde Strom bei maximal 40 Cent liegen – und der soll für 80 Prozent des nach dem vorjährigen Verbrauch geschätzten Stromverbrauchs ab Januar 2023 gelten. Die Einspareffekte funktionieren wie auch beim Gas.
Dritte Kategorie: Zielgenaue Nothilfen
Und dann gib es noch eine dritte Kategorie von Hilfen. Diese sind sehr viel zielgenauer. Bürgerinnen und Bürger, die von Grundsicherung oder Hartz IV leben (künftig Bürgergeld), bekommen ihre Heizung vom Amt bezahlt. Ihnen können deshalb die Preissteigerungen bei Gas, Fernwärme, aber auch bei Heizöl und Pellets des Vermieters nichts ausmachen. Die massiven Strompreiserhöhungen fallen nicht unter diese Amtshilfe und sorgen in den betroffenen Haushalten deshalb für große Probleme.
Hartz-IV-Unterstützung außer der Reihe Auch Haushalte, die aktuell außergewöhnlich hohe Nachzahlungen für Energiekosten leisten müssen, können für den jeweiligen Monat auf das Hartz-IV-Netz zurückgreifen und sich dort helfen lassen. Aber nur in dem Monat, in dem die hohe Rechnung hereinflattert und auch bezahlt werden muss.
Daneben wird vor allem der Gruppe der Wohngeldempfänger geholfen. Wohngeld bekommen Haushalte, die zu viel Einkommen haben, um Hartz-IV-Hilfen erhalten zu können, aber nicht genug, um ihre Wohnung tatsächlich allein bezahlen zu können. Geschätzt haben in diesem Jahr weit über eine Million Haushalte einen Anspruch auf Wohngeld, aber nur die Hälfte, nämlich 620.000 Haushalte, nehmen diesen Anspruch wahr.
Wohngeldberechtigte sollten 2022 nicht nur Wohngeld erhalten, sondern auch noch zweimal Heizkostenhilfen. Einmal zu Beginn des Jahres und jetzt erneut im Winter 2022 und 2023.
Hinzu kommt für 2023 eine schon vom Bundestag verabschiedete große Wohngeldreform, mit der die Zahl der berechtigten Haushalte auf zwei Millionen springen soll und auch die jeweiligen Zahlungen selbst deutlich steigen sollen. Das liegt daran, dass ab 2023 eine regelmäßige Energiekostenkomponente zum Wohngeld dazu gehören soll. Die Regierung spricht davon, dass sich das durchschnittlich ausgezahlte Wohngeld von heute 180 Euro im Monat auf 350 Euro verdoppeln soll.
Fazit: Prinzip "Gießkanne"
Bei vielen der oben genannten Hilfspakete in allen drei Kategorien hat es sich um Schnellschüsse gehandelt. Dabei sind mit der Gießkanne Hilfen für Millionen Haushalte verteilt worden. Das erklärte Ziel der Regierung bleibt, für die Jahre 2023 und 2024 zu einer zielgenaueren, gerechteren und dann hoffentlich auch preiswerten Lösung bei den Hilfen zu kommen. Zentrales Instrument dabei soll die Verknüpfung der Steuer-ID, die es für jeden Bürger und jede Bürgerin von Geburt an gibt, mit einer Kontonummer sein, auf die dann Hilfen ausgezahlt werden können.
Diese Verknüpfung ist auch Teil des Koalitionsvertrags der Ampel. Ob Finanzminister Christian Lindner das Modell 2023 an den Start bekommt, gilt aber noch als unsicher.
Weitere Energiespartipps finden Sie auch auf den Seiten der Verbraucherzentrale.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um 4 | 22. November 2022 | 17:00 Uhr