Interview Viadukt in Weida vor Abriss: Professor Torsten Laufs im Gespräch

19. Mai 2023, 20:32 Uhr

Die Deutsche Bahn plant, das Oschütztal-Viadukt in Weida abzureißen. Sanierung statt Abriss fordert die Denkmalschutzbehörde des Kreises Greiz. Auch Torsten Laufs, Professor für Metallbau an der Hochschule Mittweida, befürwortet eine Sanierung. 1996 hatte er das Viadukt ausführlich untersucht. Sein Fazit damals: Sanierung möglich. Warum er auch heute bei seiner Meinung bleibt, erzählt er im MDR-THÜRINGEN-Interview.

MDR THÜRINGEN: Wie war das damals in den 90er-Jahren die Brücke des Viadukts prüfen? Wie lief das ab?

Torsten Laufs: Wir mussten es klettermäßig machen. Ich habe mich abgeseilt von der Brücke, musste jedes Bauteil Schritt für Schritt in neun Tagen prüfen. Es war sehr anstrengend, aber schön. Wir haben damals auch chemische Proben genommen und festgestellt, dass diese Brücke korrosionsträge ist, aber trotzdem etwas gemacht werden muss. Und an dem Zustand hat sich eigentlich nicht allzu viel verändert.

In welchem Zustand haben Sie die Brücke vorgefunden, als Sie dort herumkrabbelten?

Erst einmal sehr verwahrlost. Was dort immer wächst, sind kleinere Bäume. Außerdem Ansammlungen von sehr viel Schmutz. Man hat das früher nicht so in die Waagschale geworfen. Den Korrosionsschutz von heute gab es früher nicht. Also mit Farbe schon, aber die Knotenbleche waren etwas zu groß. Deswegen haben wir heutzutage große Probleme mit Rostansatz durch Ablagerungen und durch Wasser, das nicht abfließen kann.

Damals hätte man die Brücke nicht abreißen müssen. Was sagt Ihnen ihr Gefühl heute?

Mein Gefühl sagt Nein. Für mich ist das Viadukt sanierungsfähig. Die Frage ist nur, wie hoch der Aufwand ist. Man muss die Brücke vor Ort prüfen, eine Technologie und die Teile festlegen, die man auswechseln muss. Es gibt ein paar Stäbe, die ein bisschen deformiert sind. Und das sind Stäbe, die unter Druck beansprucht werden. Lokale Ausbauchungen müsste man austauschen. Aber sonst sehe ich nicht das Problem.

Nach ihrem Gutachten hätte eine Reparatur 2,5 Millionen DM gekostet. Wo liegen wir da heute?

Das ist eine schwierige Frabe. Man kann die ganze Sanierung vor Ort betreiben, dann wird es sehr teuer. Dann hast du einen Entroster da oben, der dann auch entsprechend geschützt sein muss. Und da ist es manchmal sinnvoll, über eine andere Technologie nachzudenken. Ich habe es teilweise durchgerechnet, dass man solche Brücken komplett aushebt und vielleicht sogar in Hallen transportiert, dort saniert und dann wieder Schritt für Schritt aufbaut. Das ist überhaupt kein Problem. Allerdings sind die Kosten gestiegen. Das wissen wir auch. Auf jeden Fall wird es höher sein als damals. Mindestens die gleiche Summe in Euro.

Wie sehr tut es Ihnen weh, dass seit den 1990er Jahren nichts passiert ist?

Also Weida hat zwar die Osterburg und ein tolles Ambiente. Aber wenn man so eine Brücke abreißt, dann ist ein Stück deutsches Kulturgut für immer vernichtet worden. Das fände ich sehr, sehr schade.

Welche Bedeutung hat dieses Brückenbauwerk für Weida? Was macht es so einzigartig?

Einzigartig ist die Fachwerkstruktur. Die würde man heute so nie wieder erwähnen. Ich unterrichte auch die technische Mechanik, und Fachwerke sind einfache Konstruktionen, eine leichte Bauweise - etwa im Vergleich zum Vollwandträger: Da ist alles wesentlich schwerer. Hinzu kommt: Damals wurde noch nicht so gerechnet wie heute. Damals wurde stark überschlagen, sehr mutig für die damalige Zeit.


Dieses Interview führte MDR THÜRINGEN-Reporterein Franziska Heymann. Für diese Text-Version wurde das Interview gekürzt und grammatikalisch überarbeitet. Das vollständige Interview können Sie hier im Audio anhören:


MDR (dhl)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 19. Mai 2023 | 18:00 Uhr

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