Uraufführung "Redoute in Reuß" in Gera: Im Walzerschritt durch die Geschichte
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09. Februar 2024, 05:00 Uhr
Die Stadt Gera war bis zum Ende des deutschen Kaiserreiches 1918 die Hauptstadt des Fürstentums Reuß jüngere Linie. Das Fürstentum Reuß ältere Linie gab es ebenfalls solange, dessen Hauptstadt war Greiz. Das Theater Altenburg Gera widmet sich nun auf humorvolle Weise der Geschichte dieser Reußischen Fürstentümer. "Redoute in Reuß" heißt die neue Operette nach Motiven des Walzerkönigs Johann Strauß Sohn, komponiert von Olav Kröger. Das Libretto stammt von Sophie Jira.
- Die Musikdramaturgin hat das Libretto auf Grundlage der Operette "Wiener Blut" geschrieben.
- Auch der Komponist Olav Kröger hat sich daran orientiert und ein Pasticcio im Stil von Johann Strauß Sohn geschaffen.
- Die Handlung um die Figur Heinrich XIII Prinz Reuß kann durchaus auf die Gegenwart übertragen werden.
- Entstanden ist ein Stück mit opulentem Bühnen- und Kostümbild zu dem sich ein Besuch lohnt.
Das Stück "Redoute in Reuß" entführt die Zuschauerinnen und Zuschauer in das Jahr 1814. Nach dem Ende der Napoleonischen Kriege soll Europa neu geordnet werden. Dem schrulligen Zwergfürstentum Reuß-Greiz-Schleiz droht nun das Verschwinden von der Landkarte. Prinz Heinrich XIX. möchte dies verhindern – und ist deswegen auf den Schutz einer der beiden Großmächte Preußen oder Österreich angewiesen. Doch bei wem soll man sich nun anbiedern?
Die Operette "Wiener Blut" als Inspiration
Sophie Jira ist Musikdramaturgin am Theater Altenburg-Gera. Die gebürtige Wienerin hat das Textbuch der neuen Operette "Redoute in Reuß" verfasst. 2020 ist sie von Wien nach Gera gezogen. Und schnell wurde ihr klar: "Ich als Wienerin hier in Reuß-Greiz-Schleiz, ich muss eine Operette schreiben!"
Die Grundidee für ihr Stück hat sie aus der Operette "Wiener Blut" übernommen. Die wurde 1899 von einem gewissen Adolf Müller junior komponiert – auf der Basis von Melodien des damals gerade verstorbenen Komponisten Johann Strauß Sohn. Eine solche musikalische Zusammenstellung aus verschiedenen bereits existierenden Werken eines Komponisten nennt man "Pasticcio".
Ein gelungenes Pasticcio ohne Brüche
Auf der Grundlage des neuen Librettos von Sophie Jira hat der Komponist Olav Kröger nun ein neues Pasticcio geschaffen – ebenfalls auf der Basis von Johann Strauß Sohn. Kröger erklärt: "Es sind wirklich viele Melodien von Johann Strauß Sohn übernommen. Aber wir mussten das natürlich auf die Stimmen anpassen und teilweise die Melodien stimmlich verändern." Dennoch seien auch einige Nummern im Stück von ihm neu komponiert, im Stil von Johann Strauß Sohn.
Kröger ist es gelungen "Redoute in Reuß" als harmonisches Ganzes zu konzipieren. Mit allem, was eine gute Operette so braucht: Schmissige Märsche, zündende Chöre, komisch-burleske Arien und natürlich jede Menge Wiener Walzer. Denn der rettet schließlich, laut dem Libretto von Sophie Jira, das Fürstentum Reuß-Greiz-Schleiz vor dem Untergang. Das, sagt Kröger, sei natürlich eine Fiktion, aber dennoch eine herrliche Geschichte.
Vergangenheit und Gegenwart einer kontroversen Figur
Ort der Handlung von "Redoute in Reuß" ist nicht Wien, sondern Schloß Ostersten in Gera. Hierhin hat Prinz Heinrich XIX Reuß die Delegation des Wiener Hofes eingeladen: Zu einer Redoute, also einem rauschenden Ball. Sophie Jira läßt dort adlige Herren auftreten, allesamt reußische Fürsten, Prinzen, Grafen mit Namen Heinrich. Alle könnten in die ganze Geschichte involviert gewesen sein, wenn sie denn so stattgefunden hätte.
Beim Betrachten der Handlung drängt sich auch die Frage nach der Gegenwart auf. Vor zwei Jahren wurde der Anführer einer Reichsbürgertruppe verhaftet, die die Bundesregierung stürzen wollte. Sein Name: Heinrich XIII Prinz Reuß. Er spielt, so betont Librettistin Sophie Jira, allerdings keine Rolle in der neuen Operette. Es sei reiner Zufall gewesen, dass die Razzia zu dem Zeitpunkt stattgefunden hat, an dem das Libretto fertiggestellt wurde. Es werde eine Handlung gezeigt, die ganz klar im Jahr 1814 und in Reuß verankert sei. "Es geht um Zwergfürsten, die alle ihre Schrullen und Macken haben. Aber Schrullen und Macken sind etwas Anderes als Demokratiefeindlichkeit und Verschwörungstheorien", so Jira. Und weiter: "Aber offenbar gehört zu den Schrullen eines Zwergfürsten immer auch ein gewisser Größenwahn."
Schrullen und Macken sind etwas Anderes als Demokratiefeindlichkeit und Verschwörungstheorien.
Opulente Bilder und Kostüme
Die Inszenierung der neuen Operette "Redoute in Reuß" besorgte Kay Kuntze, der Intendant des Theaters Altenburg Gera. Er führt das Publikum in eine versunkene Welt zwischen Spätbarock und Frühbiedermeier. Und diese Welt lässt der Kostüm- und Bühnenbildner Martin Fischer auf geniale Weise auferstehen! Allein das opulente Bild des historischen Schlosses Osterstein, bekrönt von einem detailgetreu dargestellten reußischen Wappen ist ein optischer Genuss. Fazit: Mitteldeutsche Geschichte als Wiener Operette – das macht absolut Laune!
Mehr Informationen zum Stück
Redoute in Reuß
Operette in drei Akten
Libretto von Sophie Jira
Musik von Olav Kröger nach Motiven von Johann Strauß II
Termine:
9. Februar um 19:30 Uhr (Großes Haus Gera)
10. Februar um 19:30 Uhr (Großes Haus Gera)
23. Februar um 19:30 Uhr (Großes Haus Gera)
25. Februar um 14:30 Uhr (Großes Haus Gera)
1. April um 14:30 Uhr (Großes Haus Gera)
20. Mai um 18 Uhr (Großes Haus Gera)
Redaktionelle Bearbeitung: as
Dieses Thema im Programm: MDR KLASSIK | 09. Februar 2024 | 09:10 Uhr