Theaterstück "Princess Island" Neue Vorbilder: Weimarer Jugendtheater erfindet moderne Prinzessinnen-Figuren
Hauptinhalt
14. Februar 2025, 04:00 Uhr
Prinzessinnen sind meistens anständig, lieb und hübsch. Außerdem hat fast jede Prinzessin einen Prinzen, der sie rettet. Als zeitgemäße Vorbilder für junge Frauen taugen solche Prinzessinnen-Figuren nicht. Das Stellwerk in Weimar nimmt sich in "Princess Island" die Narrative aus bekannten Märchen und Filmen vor – und sortiert radikal aus. Regie führt bei der Jugendtheaterproduktion das Theaterduo "hashtagmonike".
- Die Produktion "Princess Island" holt gleich mehrere Prinzessinnen gleichzeitig auf die Bühne und bricht mit Klischees.
- Die Regisseurinnen Mona Vojacek Koper und Henrike Commichau haben die Idee gemeinsam mit Jugendlichen entwickelt, die selbst auf der Bühne stehen.
- Dabei legen sie besonderes Augenmerk auf weibliche Solidarität der Rollen untereinander.
Normalerweise sind Prinzessinnen auf sich allein gestellt. Nicht selten haben sie existenzielle Probleme, aber keine Freundinnen, mit denen sie drüber sprechen können. Auf "Princess Island" ist das anders. Denn hier gibt es ganz viele Prinzessinnen. Und zwischen ihnen herrscht auch kein Zickenkrieg, nein: Sie sind füreinander da.
Unter den insgesamt neun Jugendlichen, die bei der Produktion auf der Bühne stehen – acht Mädchen und ein Junge – ist Felina Rodigast. Als sie gehört hat, dass das Stück von Prinzessinnen handeln soll, war die 18-Jährige skeptisch: "Ich dachte erst, das ist nicht mein Ding. Aber als wir dann konkreter drüber gesprochen haben, dass es um einen kritischen Blick geht und auch um feministische Aspekte, da dachte ich dann: Ja, doch ganz cool."
Gemeinsame Entwicklung mit Jugendlichen
Gesellschaftskritische Themen, popkulturell aufbereitet – so lassen sich die Arbeiten von Mona Vojacek Koper und Henrike Commichau beschreiben. Zusammen bilden die beiden das Theaterduo "hashtagmonike". Zuletzt haben sie mehrere Jahre am Theaterhaus Jena gearbeitet, aktuell sind sie frei unterwegs. Normalerweise machen sie beides: inszenieren und spielen. Bei "Princess Island" haben sie nur Regie geführt.
Das Stück haben die beiden ausgebildeten Schauspielerinnen gemeinsam mit den Jugendlichen entlang der Idee entwickelt: Prinzessinnengeschichten, die in Grimms Märchen oder auch von Disney erzählt werden, mal mit Blick auf die eigenen Werte zu prüfen. Dass Dornröschen von einem fremden Prinzen im Schlaf geküsst wird, kam ihnen bei genauerem Hinsehen beispielsweise ziemlich seltsam vor, erzählt Co-Regisseurin Henrike Commichau. Zuerst hätten sie die Szene so nachgespielt, wie sie sei. "Und dann haben wir gemerkt, das ist problematisch und das wollen wir so auch nicht reproduzieren." Angeschlossen habe sich die Frage: Wie kann man den Beginn einer Beziehung – einer Freundschaft, einer Liebesbeziehung – schön erzählen?
Weibliche Solidarität steht im Vordergrund
Gemeinsam mit den Jugendlichen haben die Theatermacherinnen Texte gelesen und dazu improvisiert. Der Abend reißt ganz verschiedene Themen an: Schönheitsideale, Konkurrenz, die Sehnsucht nach Anerkennung. Es entsteht ein collagenhaftes Stück, bei dem die Jugendlichen auf einer minimalistischen Bühne mal agil, mal nachdenklich von der einen in die nächste Szene springen. Mit Monologen lösen sich dann immer wieder einzelne Figuren aus dem Kollektiv heraus.
Zeigen will die Gruppe vor allem auch weibliche Solidarität, weil das – so Regisseurin Mona Vojacek Koper – selten erzählt wird. Wenn Frauenfreundschaften erzählt würden, dann ganz oft mit einer Rivalität. Beide Frauen im Theaterstück würden zum Beispiel den Prinzen für sich wollen.
Kritisch mit vermeintlichen Vorbildern umgehen – das ist das Anliegen des Abends. Das heißt aber nicht nur Prinzessinnen-Bashing zu betreiben. Zum Kostüm gehören zum Beispiel Tüllröcke, die die Gruppe, wie sich gezeigt hat, ganz unironisch gerne trägt. Co-Regisseurin Henrike Commichau erklärt sich es damit, dass man auch mal Lust habe, sich zu verkleiden und das Bild nachzustellen, "da wirklich einzutauchen in diese Welt und sie trotzdem kritisch zu betrachten".
Auch der 17-jährigen Magdalena macht genau das Spaß. Und sie findet es gerade gut, dass der Abend nicht einfach erzählt: "Feminin zu sein ist schlimm. Sondern dass man sich nur diesen Konstrukten von Prinzessinnen nicht unterordnen soll." Es kann nämlich auch Prinzessinnen geben, die gerne Tüllröcke tragen und trotzdem keinen Prinzen brauchen, der sie rettet.
Redaktionelle Bearbeitung: gw
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR am Morgen | 14. Februar 2025 | 06:20 Uhr