Weimar | Gebesee Pflegeeltern für familienintegrative Betreuung fehlen

09. Juli 2023, 15:17 Uhr

In Thüringen fehlt es an Pflegefamilien. Laut Bildungsministerium hat sich die Zahl der Pflegekinder in den letzten zehn Jahren kontinuierlich erhöht. Allerdings gibt es nicht ausreichend Betreuungsmöglichkeiten.

Autorenbild Conny (Cornelia) Mauroner
Bildrechte: MDR/Conny Mauroner

Das Thüringer Bildungsministerium hat es schwarz auf weiß. Während 2013 noch 1.754 Kinder in Pflegefamilien betreut wurden, waren es 2021 nunmehr 2.207 Kinder, die in Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII in einer Pflegefamilie untergebracht waren.

Besonders akut ist der Mangel an Bereitschaftspflegestellen. Das sind solche Familien, die Kinder im akuten Notfall ad hoc aufnehmen, wo sie im Rahmen einer Inobhutnahme untergebracht werden oder aber so lange, bis für sie eine Lösung gefunden wird.

Kinderheim im Kleinstformat

Eine Lösung könnte die integrative Familienarbeit sein. So, wie sie der Verein St. Elisabeth mit Sitz in Wutha-Farnroda anbietet. "Bei uns werden Kinder mit ganz besonderen Bedarfen betreut. Kinder, die Vernachlässigung erfahren haben oder Gewalt. Kinder, deren Eltern ein Alkohol- oder Drogenproblem haben", sagt Michael Schade, Bereichsleiter des Vereins.

Das Konzept seiner Arbeit weicht etwas von dem einer "normalen" Pflegefamilie ab. "Die Kinder haben noch stärkere Defizite und müssen entsprechend intensiv betreut werden - meist 1:1."

Verstanden werden kann die integrative Familienarbeit wie ein Kinderheim im Kleinstformat. Die Erzieherin betreut das ihr zugewiesene Kind zu Hause. So wie Stefanie Hinkelmann es seit über zehn Jahren tut. "Es ist der schönste Job der Welt, der aber natürlich auch Einiges abverlangt." Stefanie Hinkelmann pflegt und erzieht seit vier Jahren einen kleinen Jungen mit schwerer Vergangenheit. "Manche Probleme, vor allem gesundheitlich, treten erst jetzt zu Tage. Es ist eine Herausforderung."

Es ist der schönste Job der Welt, der aber natürlich auch Einiges abverlangt.

Stefanie Hinkelmann

Die Pflege ist für sie mehr als ein Vollzeitjob. Sie ist Tag und Nacht, an Wochentagen und Wochenende im Einsatz und wird dafür bezahlt. "Was mich traurig macht ist, dass viele meine Arbeit nicht als solche sehen. Dabei ist es hammerhart, wenn auch wunderschön. Ich bin so nah am Kind."

Es fehlt an Personal

Der St. Elisabeth Verein beschäftigt Erzieher und Sozialpädagogen, doch die sind auf dem Arbeitsmarkt bekanntermaßen rar. "Auch deshalb ist es gerade sehr schwer Personal zu finden. Wir haben so viele Anfragen von den Jugendämtern, die wir nicht bedienen können. Hätten wir mehr Leute, könnten wir mehr Kinder aufnehmen." Dabei werden die Kinder, die es betrifft immer jünger und brauchen immer intensivere Betreuung, stellt Michael Schade fest. Ein Trend, den auch das Thüringer Bildungsministerium bestätigt.

Die Fallzahlen steigen, wohl auch aufgrund von Gesetzesänderungen, schätzt ein Sprecher des Ministeriums ein. Die Kinderschutzmaßnahmen aus den SGB VIII Novellen greifen. Zudem steigt in Einrichtungen, bei Fachkräften und in der Bevölkerung die Sensibilität für Gefahrensituationen, Fachkräfte werden sich ihrer Handlungsoptionen sicherer, heißt es. Das Umfeld reagiert also sensibler auf Missbrauchs- und Vernachlässigungsthemen - mit der Folge, dass stationäre Einrichtungen in Thüringen voll sind und Inobhutnahmestellen oftmals überlastet.

MDR (dr/dvs)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 30. Juni 2023 | 19:00 Uhr

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