Rechtliche Fragen Waffenschein und -besitz: Was genau im Waffengesetz steht
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21. August 2023, 08:25 Uhr
Wer darf in Thüringen welche Waffe besitzen? Und welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein? Das Waffengesetz des Bundes regelt den Umgang mit Waffen oder Munition unter Berücksichtigung der Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Es ist in den vergangenen Jahren umfassend geändert worden. Antworten auf häufige Fragen.
- Warum es einen Kleinen, aber keinen Großen Waffenschein gibt.
- Warum die Waffenbesitzkarten verschiedene Farben haben.
- Was für Luftgewehre gilt.
- Was Erben von Waffen beachten müssen.
Für den Erwerb und Besitz erlaubnispflichtiger Schusswaffen müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Unter anderem muss bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres ein Zeugnis eines Amtsarztes, eines Facharztes oder eines Psychologen vorgelegt werden. Zuverlässigkeit, persönliche Eignung und Sachkunde müssen nachgewiesen werden.
Das bedeutet, dass man unter anderem nicht rechtskräftig verurteilt worden, Mitglied in einem verfassungswidrigen Verein oder einer verbotenen Partei oder geschäftsunfähig sein darf. Geschäftsfähig sind Personen ab 18 Jahre, die nicht durch eine geistige Beeinträchtigung in ihrer freien Willensbestimmung beeinträchtigt sind.
Verurteilungen wegen einer vorsätzlichen oder in bestimmten Fällen auch fahrlässigen Straftat unter 60 Tagessätzen (sogenannte Bagatellstraftaten) führen allerdings nicht immer zur waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit. Im Strafrecht werden Geldstrafen in Tagessätzen berechnet und verhängt. Die Anzahl kann zwischen fünf und höchstens dreihundertsechzig vollen Tagessätze betragen.
Man muss zudem nachweisen, dass man die notwendige Sachkunde im Umgang mit Waffen besitzt. Die muss vor einem Prüfungsausschuss in einer theoretischen und praktischen Prüfung nachgewiesen werden. Außerdem muss man ein "persönliches Bedürfnis an der Waffe" haben. Das gilt zum Beispiel für Jäger, Sportschützen, Brauchtumsschützen, Sammler, Sachverständige, gefährdete Personen, Waffenhersteller- und Händler oder Bewachungsunternehmer.
Persönliche Eignung wird begutachtet
Die persönliche Eignung zum Umgang mit Waffen wird im Paragraf 6 des Waffengesetzes geregelt. Danach müssen Waffenbesitzer eine fachpsychologische und/oder fachärztliche Untersuchung zur Eignung absolvieren.
Darüber hinaus hat die Waffenbehörde die Vorlage eines fachpsychologischen und/oder fachärztlichen Zeugnisses in bestimmten Fällen anzuordnen, beispielsweise, wenn der Verdacht besteht, dass der Betroffenen alkoholabhängig oder psychisch krank ist.
TÜV prüft auch hier
Allein beim TÜV Thüringen absolvieren diese Untersuchung etwa 30 Menschen im Jahr, Tendenz steigend. Die Diplompsychologin Katrin Gossow ist Leiterin des Instituts für Rechts- und Familienpsychologie beim TÜV Thüringen und für die Gutachten zuständig.
Sie erklärt: "Es ist tatsächlich so, dass viele Waffenbesitzer mittlerweile auch in die Jahre kommen. Es ist häufig auch ein Begutachtungsgrund, dass viele körperliche Erkrankungen eine Rolle spielen." Außerdem geht es um Suchterkrankungen oder depressive Erkrankungen.
Das Waffenrecht ist schon sehr komplex, man muss sich mit vielen Dingen auskennen.
Für die Begutachtungen muss der Waffenbesitzer zunächst einen Fragebogen ausfüllen, der TÜV sammelt Informationen von Behörden, dann gibt es noch einen Termin, zu dem der Klient persönlich erscheinen muss. Ausführlich beschreibt Katrin Gossow das Prozedere im Audio:
Gossow kritisiert, dass es wenig Fachliteratur zum Thema gibt und dass das Begutachtungsverfahren wenig standardisiert ist. "Das Waffenrecht ist schon sehr komplex, man muss sich mit vielen Dingen auskennen. Dafür ist dieses Rechtsgebiet aber auch am wenigsten reguliert."
Unterschied zwischen Waffenschein und Kleinem Waffenschein
Wer in Thüringen eine scharfe Waffe besitzen will, benötigt eine Waffenbesitzkarte oder einen Waffenschein. In Deutschland sind größtenteils Jäger und Sportschützen Waffenbesitzer. Nur sehr wenige Privatpersonen besitzen einen Waffenschein nach Paragraf 19 und damit die "Erlaubnis für gefährdete Personen, eine Waffe zu führen".
Dabei geht es um Menschen, die wegen ihrer exponierten Stellung im öffentlichen Leben mit Angriffen zu rechnen haben, eine rein abstrakte Gefahr (wie bei Taxi-Fahrern oder Geldtransportern) reicht dafür nicht aus. In Thüringen wurde dieser Waffenschein bisher noch nie ausgestellt.
Ein Kleiner Waffenschein wird ab 18 Jahren von der Polizei oder einer kommunalen Behörde erteilt. Waffenbehörden in Thüringen sind die Landkreise und kreisfreien Städte, geregelt ist das in der Thüringer Verordnung zur Durchführung des Waffengesetzes.
Der Kleine Waffenschein berechtigt zum Führen von zugelassenen Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen. Solche Waffen sind zwar weniger gefährlich, sie können aber schwere und sogar tödliche Verletzungen hervorrufen, wenn sie aus nächster Nähe abgefeuert werden.
Bevor man den Kleinen Waffenschein bekommt, prüfen die Behörden auch hier die persönliche Eignung und Zuverlässigkeit. Die Sachkunde- und Bedürfnisprüfung entfallen.
Verschiedene Waffenbesitzkarten in unterschiedlichen Farben
Die Erlaubnis zum Besitz einer Waffe wird meistens unbefristet erteilt. Die Waffenbehörde überprüft in regelmäßigen Abständen, ob der Besitzer oder die Besitzerin weiterhin zuverlässig und persönlich geeignet ist. Die Regelungen des Waffengesetzes gelten nicht für oberste Bundes- und Landesbehörden, Bundeswehr, Polizei und Zollverwaltung, erheblich gefährdete Hoheitsträger und Bedienstete anderer Staaten.
Für verschiedene Waffen gibt es verschiedene Waffenbesitzkarten. Diese Waffenbesitzkarten haben unterschiedliche Formate und Farben: zum Beispiel Rot für Sammler, Gelb für bestimmte Waffen von Sportschützen und Grün für Jäger und Sportschützen.
Erwerb von Waffen muss erlaubt werden
Um eine Schusswaffe legal zu kaufen, braucht man eine Erlaubnis zum Erwerb, dafür muss man die Waffenbesitzkarten vorlegen und die Waffen dort eintragen lassen. Dieser sogenannte "Voreintrag für den Erwerb einer Schusswaffe" ist allerdings in bestimmten Fällen nicht notwendig (zum Beispiel Paragraf 14, Absatz 6 im Waffengesetz).
Das Nationale Waffenregister
Im Nationalen Waffenregister werden schließlich alle Waffen und ihre Besitzer eingetragen. Dort kann man sich auch über erlaubte und verbotene Waffen informieren.
Geschosse aus Luftgewehr dürfen Grundstück nicht verlassen
Druckluftwaffen wie etwa Luftgewehre mit einer Geschossenergie bis 7,5 Joule benötigen keine Erlaubnis. Man darf sie kaufen und besitzen, allerdings nicht in der Öffentlichkeit mit sich führen. Die meisten DDR-Luftgewehre und ältere Modelle (vor 1. Januar 1970) fallen darunter.
Wenn man sie benutzt, muss allerdings sichergestellt sein, dass die Geschosse das Grundstück nicht verlassen können. Im Garten auf Büchsen oder Scheiben zu schießen, ist also durchaus problematisch.
Auch der Erbfall ist geregelt
Wenn man Waffen erbt, selbst aber keine Waffenberechtigungskarten hat, muss man das zunächst der Behörde melden und eine Erbwaffenbesitzkarte beantragen. Das muss binnen eines Monats erfolgen, nachdem die Erbschaft angenommen wurde.
Die Waffenbehörde darf die Waffen inzwischen sicherstellen oder eine Frist setzen, bis wann die Waffen unbrauchbar gemacht werden oder einer Person übergeben werden muss, die über die entsprechenden Berechtigungen verfügt. Beispielsweise, indem man sie verkauft.
Wenn der Erbe schon eine Waffenbesitzkarte hat, können die vererbten und erlaubnispflichtigen Schusswaffen dort eingetragen werden.
Zum Aufklappen: Drittes Waffenrechtsänderungsgesetz
Mit dem Dritten Waffenrechtsänderungsgesetz setzt Deutschland Änderungen der EU-Feuerwaffenrichtlinie um.
Die EU hatte die Richtlinie im Jahr 2017, zwei Jahre nach den Terroranschlägen in Paris, verschärft, um insbesondere für Extremisten den Zugang zu Waffen zu verhindern.
Im Februar 2020 waren bereits einige Änderungen wie die routinemäßige Überprüfung von Inhabern waffenrechtlicher Erlaubnisse sowie Antragstellern durch den Verfassungsschutz in Kraft getreten.
Seit September 2020 gilt das gesamte Gesetz. Danach gab es eine Übergangsfrist, in der Besitzer verbotener oder erlaubnispflichtiger Schusswaffen, Magazine oder Waffenteile diese straffrei abgeben oder Ausnahmen dafür beantragen konnten.
Erben, die keinen weiteren Bedürfnisnachweis erbringen (das bedeutet in der Regel den Nachweis einer Mitgliedschaft in einem anerkannten Schießsportverband oder eines Jagdscheins) müssen die geerbten Waffen grundsätzlich mit einem Blockiersystem sichern lassen. Solche Blockiersysteme verhindern, dass mit der Waffe geschossen werden kann, ohne die Waffe dadurch dauerhaft zu verändern.
Der Einbau und gegebenenfalls die Entsperrung darf nur durch zertifizierte Waffenfachhändler und Büchsenmacher erfolgen und muss schriftlich festgehalten werden.
Es sind verschiedene Blockiersysteme auf dem Markt erhältlich, die durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt geprüft und zugelassen sind. Das Problem dabei ist, dass nicht für alle Schusswaffen geeignete Blockiersysteme verfügbar sind. In diesem Fall kann auf Antrag von der Blockierpflicht abgesehen werden.
MDR (gh)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 15. September 2022 | 19:00 Uhr
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