Mary-Ellen Witzmann
Die Stadt Erfurt hatte die Gleichstellungsbeauftragte Mary-Ellen Witzmann Anfang November fristlos entlassen. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Arbeitsstreit Nach Rausschmiss von Gleichstellungsbeauftragter: Stadt Erfurt nun bundesweit in der Kritik

10. November 2023, 18:17 Uhr

Die Entlassung der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Erfurt stößt nun auch bei der Bundesarbeitsgemeinschaft auf Kritik. In einem Schreiben bittet die BAG, den Vorgang zu prüfen. Auch eine Klage wurde eingereicht.

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Der Umgang der Stadtverwaltung mit mutmaßlichen Missbrauchsfällen am Theater in Erfurt zieht weitere Kreise. Wie die "Deutsche Presse-Agentur" berichtet, zeigt sich die Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen (BAG) nun überrascht über das Vorgehen des Rathauses. In einem Schreiben an Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) habe die BAG am Freitag ihr Befremden über die fristlose Kündigung der Gleichstellungsbeauftragten Mary-Ellen Witzmann geäußert.

Vorwürfe um sexuelle Übergriffe und Machtmissbrauch am Theater Erfurt

In der Mitteilung hieß es, dass die BAG die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) darum bitten werde, den Vorgang zu prüfen. Zudem solle der Sachverhalt auch der Kommission für Gleichstellung des Deutschen Juristinnenbunds zur rechtlichen Prüfung vorgelegt werden.

Witzmann wurde fristlos entlassen, nachdem sie bereits Ende Oktober "abberufen und beurlaubt" worden war. Vorausgegangen war eine Auseinandersetzung mit der Stadtspitze: Witzmann hatte einer Zeitung gegenüber öffentlich gemacht, dass es die Vorwürfe um sexuelle Übergriffe und Machtmissbrauch in sechs Fällen am Theater Erfurt gebe. Die Vorfälle sollen teils aktuell sein, teils sollen sie vor mehreren Jahren stattgefunden haben. Oberbürgermeister Bausewein hatte Witzmann daraufhin unter anderem eigenmächtiges Handeln vorgeworfen.

Die Stadtverwaltung hat nach den Vorwürfen eine Anwaltskanzlei damit beauftragt, die Missbrauchsvorwürfe aufzuklären. Die Stadt ist Trägerin des Theaters.

Arbeitsschutzklage gegen fristlose Kündigung eingereicht

Ein Anwalt, der Witzmann in der Auseinandersetzung mit der Stadtverwaltung vertritt, hat der BAG zufolge bestätigt, unter anderem bereits eine Arbeitsschutzklage gegen die fristlose Kündigung Witzmanns am Arbeitsgericht Erfurt eingereicht zu haben. Eine außerordentliche und fristlose Kündigung komme immer nur als letzte Möglichkeit für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in Betracht.

Sowohl das Thüringer Gleichstellungsgesetz als auch das Allgemeine Antidiskriminierungsgesetz deckten das Vorgehen der Erfurter Gleichstellungsbeauftragten. "Die Kündigung sendet ein fatales Signal - sowohl an Betroffene sexueller Gewalt als auch an die Gleichstellungsbeauftragte, und auch in Richtung Täter", hieß es weiter in der BAG-Mitteilung.

Thüringer Gleichstellungsbeauftragte äußert sich nicht

Die stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte des Landes Thüringen, Helga Herzfeld, wollte sich nicht zum Umgang der Stadtverwaltung mit der Gleichstellungsbeauftragten äußern.

Zur der Auseinandersetzung zwischen der Stadtspitze und der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten in Erfurt seien keine weiteren Details bekannt. Da den Berichten nach ein arbeitsrechtliches Verfahren im Raum stehe, wolle sie - wie bei laufenden Verfahren üblich - dies nicht kommentieren, so Herzfeld.

Stadtratssitzung Mitte November geplant

Das Vorgehen der Stadtverwaltung in der Sache hatte bereits zu viel Kritik auch aus der Politik geführt. So hatten die Stadtratsfraktionen von CDU, Linke, Grünen und Mehrwertstadt in einer gemeinsamen Erklärung geschrieben: "Wir werden den Umgang mit der Gleichstellungsbeauftragten hinterfragen. (...) Es ist für uns nicht nachvollziehbar, warum nach der Suspendierung der Gleichstellungsbeauftragten noch eine Kündigung erfolgt."

Derweil teilte die Grünen-Fraktion im Stadtrat am Freitag mit, dass sie zur Stadtratssitzung am 15. November eine Aktuelle Stunde zu dem Thema beantragt habe. Stadträtin Laura Wahl sagte, drei Wochen nach den Vorwürfen sexueller Übergriffe und Machtmissbrauch am Theater gäbe es mehr Fragen als Antworten.

So finden von Gewalt Betroffene Hilfe und Rat:

Sie sind selbst von körperlicher Gewalt oder einer anderen Form von Missbrauch betroffen oder suchen persönlichen Rat? Die Ökumenische Telefonseelsorge Erfurt berät kostenfrei unter 0800-111 0 111 und 0800 -111 0 222.

Auch die Telefon-Hotline des Opferschutz-Vereins
"Weißer Ring" ist täglich von 7 bis 22 Uhr zu erreichen. Anonym und kostenlos unter 116 006. Weitere Kontaktmöglichkeiten finden Sie im folgenden Link:

MDR (jn)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 10. November 2023 | 19:00 Uhr

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