20.000 Besucher Erfolgreiche Nerly-Ausstellung in Erfurt wird in Teilen verlängert
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24. Februar 2025, 09:57 Uhr
Die Ausstellung zu Erfurts verlorenem Sohn, dem Landschaftsmaler Friedrich Nerly, war ein großer Erfolg. Etwa 20.000 Besucher haben sie gesehen. Daher wird die Schau nun neu konzipiert und verlängert. Vom 6. März bis zum 20. Juli wird nach Museumsangaben im ersten Galeriegeschoss eine Auswahl bedeutender Werke gezeigt. Der Künstler hat sich mit seinen spätromantischen Sichten auf Venedig weltweit einen Namen gemacht.
- In Erfurt wurde die bislang größte Ausstellung des Angermuseums "Friedrich Nerly – von Erfurt in die Welt" mit Werken des Spätromantikers gezeigt.
- Nerly hat die Sicht auf Venedig als Sehnsuchtsort weltweit geprägt.
- Die Schenkung von Bildern Nerlys ermöglichte einst die Gründung des Angermuseums.
Dass die Stadt Erfurt einen ihrer großen Söhne, den Landschaftsmaler und Romantiker Friedrich Nerly (* 1807 in Erfurt; † 1878 in Venedig), schlichtweg vergessen hat, wurde in den letzten Jahrzehnten immer wieder postuliert. Gern um den 24. November, an dem Nerly im Jahr 1807 als Christian Friedrich Ne(h)rlich in Erfurt geboren wurde. Sein Pseudonym legte er sich in Italien zu, Nerly residierte unter anderem 40 Jahre in Venedig.
2024 war zwar kein Nerly-Jubiläumsjahr, dennoch zeigte das Erfurter Angermuseum die große Schau "Friedrich Nerly – von Erfurt in die Welt". Sogar auf zwei Etagen – es war die größte Ausstellung, die das Haus je gezeigt hat.
Mond über Venedig
Und so schien an zentraler Stelle der neuen Ausstellung der Mond über Venedig variantenreich gleich mehrfach – durch etliche Leihgaben. Die berühmten venezianischen Mondschein-Szenen des Malers Nerly trugen ihm schließlich den Spitznamen "Mondschein-Nerly" ein. Ein Gang ins gegenüberliegende Kabinett offenbarte, zum großen Teil erstmals, den Erfurter Bestand an Nerlys nächtlichen Venedig-Studien auf blauem Papier.
Claudia Denk, Nerly-Spezialistin vom Lenbachhaus in München und externe Kuratorin der Schau, arbeitete innerhalb von drei Jahren gemeinsam mit dem Team des Angermuseums den Erfurter Nerly-Bestand auf. Ein mächtiger Katalog ist dabei entstanden, der als neues Standardwerk der Nerly-Forschung gilt, und der auch neue Bewertungen des Malers enthält, so Denk: "Nerly brachte die deutsche romantische Nacht nach Venedig und er knüpfte an die Schauerromantik der Engländer an."
Nerly brachte die deutsche romantische Nacht nach Venedig und er knüpfte an die Schauerromantik der Engländer an.
Nerly – Erfinder des Sehnsuchtsortes Venedig
So entdeckten Katalog und Ausstellung den Spätromantiker und Frühimpressionisten Nerly zudem als Erfinder des Sehnsuchtsortes Venedig: Nach der Besetzung in napoleonischer Zeit befand sich die Stadt in der Krise. Nerly kam zum richtigen Zeitpunkt nach Venedig, Goethes Italien-Leidenschaft im Gepäck, als Zeitgenosse von Carl Gustav Carus und Caspar David Friedrich mit der Landschaftsauffassung der Romantiker vertraut.
Nerly malte zahlreiche Sonnenuntergänge in der Lagune, wie die Schau bezeugte – und so auch demonstrierte, warum man im 20. Jahrhundert zu dem Spätromantiker etwas auf Abstand ging. In einer Vitrine hatte Claudia Denk Künstlerpostkarten aus Venedig versammelt, die demonstrierten, wie stark Nerlys Sichten am Anfang des bis heute währenden Venedig-Hypes standen.
Dass ein romantischer Maler aus Thüringen dabei eine gewichtige Rolle spielte, sich der Großteil seines Œuvres im Erfurter Angermuseum befindet, das gar damit begründet wurde, das ist über die Jahrzehnte hinweg fast vergessen worden. Was die Erfurter Schau nun hoffentlich geändert hat!
Barkarole fürs Auge
Die neue Ausstellung wurde liebevoll an ihrem Eingang im zweiten Obergeschoss des Angermuseums als Barkarole, als Lied aus der Gondel, fürs Auge inszeniert. Nerly malte in Venedig selbstredend auch im Boot, wie die Schau zeigte.
In ihrem Fortgang belegte sie eindrucksvoll den Erfurter Nerly-Bestand, für den es 2021 eine umfassende Förderung hauptsächlich der Ernst von Siemens-Kunststiftung brauchte, damit Erfurts erstes Kunstmuseum, das Angermuseum, den größten zusammenhängenden Werkbestand des Landschaftsmalers aufarbeiten konnte. Bis dahin hatte er zum größten Teil im Depot gelagert.
Ohne Nerly kein Angermuseum
Die Schenkung der Werke von Seiten der Familie anno 1883 gilt als Gründungakt des Hauses. Kai-Uwe Schierz, Direktor der Erfurter Kunstmuseen, betont: "Nerly ist für unser Haus identitätsstiftend. Wir haben die Corona-Schließzeit genutzt, um Anträge für Fördermittel zu schreiben. Es hat sich gelohnt."
Nerly ist für unser Haus identitätsstiftend.
Für die Nerly-Schau wurden im Angermuseum sogar Teile der ständigen Schau beiseite geräumt – ein Novum. Auf rotem Untergrund funkelten hier die güldenen, teils frisch restaurierten Rahmen der Nerly-Gemälde mit Tierszenen, hauptsächlich jedoch römischen und venezianischen Landschaften. Thomas von Taschitzky, Kurator Gemälde, lenkte den Blick auf Nerlys Öl-Studien zu seinen Landschaftsbildern, die die Kunstwissenschaft schon immer schätzte.
Zur Ausstellung ist ein 511 Seiten starker Katalog "Friedrich Nerly - von Erfurt in die Welt" erschienen. Er gilt als neues Standardwerk der Nerly-Forschung und kostet stolze 62 Euro, die jedoch gerechtfertigt sind.
Der deutsche Freilichtmaler Nerly hat in Erfurt die Würdigung erhalten, die ihm – schon lange – zusteht.
Die Ausstellung
Friedrich Nerly – von Erfurt in die Welt
Ausstellung
Ursprüngliche Ausstellung
17. November 2024 bis 23. Februar 2025
Verlängerte Ausstellung im ersten Galeriegeschoss:
6. März bis 20. Juli 2025
Gezeigt wird eine Auswahl bedeutender Werke des Künstlers.
Angermuseum Erfurt
Anger 18, 99084 Erfurt
Quelle: MDR KULTUR (Ulrike Thielmann)
Redaktionelle Bearbeitung: op
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 24. Februar 2025 | 08:30 Uhr