Raphael Schreibauer und Elisabeth Kaiser zeigen SPD-Flyer.
Elisabeth Kaiser und Raphael Schreibauer sind bereit für den Tür-zu-Tür-Wahlkampf. Bildrechte: MDR/Carmen Fiedler

Bundestagswahl 2025 Die Bundestagsabgeordnete beim Klinken putzen - Elisabeth Kaiser von der SPD

13. Februar 2025, 06:39 Uhr

Elisabeth Kaiser sitzt seit 2017 für die SPD im Bundestag, auch diesmal will die Geraerin wiedergewählt werden. Ihre Themen sind soziale Gerechtigkeit, Demokratiebildung und die Förderung ihrer Heimatregion Ostthüringen.

MDR Redakteurin Carmen Fiedler
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Konzentriert steht Elisabeth Kaiser in einem schokoladenbraunen Strickkleid und passender Daunenweste vor einer Ausstellungswand im Museum für Angewandte Kunst in Gera. Sie hört Sigrid Müller und Regina Scheler vom Förderverein "Freunde des Ferberschen Hauses" zu, die ihr alles über die Ausstellung "Ein Brief aus Haifa" erzählen.

Demokratiebildung als wichtiges Thema

Kaiser wirkt präsent und zugewandt. Sie stellt Nachfragen. Insgesamt nimmt sie sich eine ganze Stunde Zeit. Dabei ist es gerade knapp mit ihrer Zeit: Kaiser steckt mitten im Wahlkampf. In einem Wahlkampf, der ohnehin viel kürzer ist als üblich und deshalb umso enger getaktet. Doch falls Kaiser deshalb gestresst sein sollte: Man merkt es ihr nicht an.

Geschichte wiederholt sich nicht, aber man muss aus den Ereignissen lernen.

Elisabeth Kaiser SPD

Die Ausstellung thematisiert die Verfolgung von Jüdinnen und Juden in der Zeit des Nationalsozialismus, aber auch die Freundschaft zwischen Familien und den Verlust von Heimat.

Elisabeth Kaiser steht mit zwei anderen Frauen vor einer Ausstellungstafel.
Elisabeth Kaiser (Mitte) mit Sigrid Müller (links) und Regina Scheler im Museum für Angewandte Kunst in Gera. Bildrechte: MDR/Carmen Fiedler

"Die Ausstellung hat einen aktuellen Bezug. Es geht darum, wie wir leben wollen, welche Lehren man aus der Vergangenheit zieht", erklärt Sigrid Müller. "Geschichte wiederholt sich nicht, aber man muss aus den Ereignissen lernen", erwidert Elisabeth Kaiser.

Kaiser seit über sieben Jahren im Bundestag

Demokratiebildung ist eines ihrer Themen. Seit 2017 sitzt die 36-Jährige für die SPD im Bundestag. Sie hat Verwaltungswissenschaften studiert, ist verheiratet und hat eine kleine Tochter. Nach eigenen Angaben macht sie sich stark für Angebote zur politischen Bildung "fern von Fakenews und populistischer Stimmungsmache".

Elisabeth Kaiser lächelt in die Kamera. 9 min
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9 min

Elisabeth Kaiser tritt für die SPD im Wahlkreis 193 in Ostthüringen an. Im Interview erzählt sie, was sie erreichen will und wie sie zur Migrations-, Klima- und Sozialpolitik steht.

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Staatssekretärin im Bundesbauministerium

Ein anderes Thema, für das sie sich einsetze, sei "gutes und bezahlbares Wohnen". Seit 2023 ist sie Staatssekretärin im Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen.

Dazu passt der nächste Termin, der ein paar Hundert Meter vom Museum für Angewandte Kunst entfernt ansteht, ganz gut: Kaiser will mit ihrem Parteigenossen Raphael Schreibauer aus Jena Tür-zu-Tür-Wahlkampf in der Geraer Innenstadt machen. Das heißt, sie wollen bei Bürgerinnen und Bürgern klingeln, sich vorstellen, ins Gespräch kommen.

Klinken putzen

Ihre Ausrüstung: Flyer, Türhänger, Kugelschreiber, Lippenpflegestifte und Feuerzeuge, die in einem roten SPD-Baumwollbeutel stecken. Auch Kekse haben sie dabei. Kaisers Mutter hat sie gebacken, inzwischen habe sie wohl schon 300 - 500 Stück beigesteuert. "Im Einsatz mit Herz und Kompetenz" steht unter einem Bild von Elisabeth Kaiser auf den Kekstüten.

Es wird nichts eingehalten, deswegen wähle ich nicht.

Bürgerin aus Gera

Auf das erste Klingeln hin tönt aus der Sprechanlage ein knappes "Ja?" "Guten Tag, hier ist Kaiser, ich würde gerne Informationen zum Bundestagswahlkampf abgeben", sagt die Bundestagsabgeordnete. Die Antwort kommt prompt: "Es wird nichts eingehalten, deswegen wähle ich nicht." Dann nichts mehr.

Es ist nicht leicht, in den Wohnblocks im Zentrum Geras mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. An diesem Wochentag sind die Wenigsten zuhause. Oder sie machen nicht auf. An diesen Wohnungstüren verteilt Kaiser Türhänger mit ihrem Konterfei.

Raphael Schreibauer und Elisabeth Kaiser warten vor einer Wohnungstür.
Elisabeth Kaiser und Raphael Schreibauer warten vor einer Wohnungstür: Wird jemand öffnen? Bildrechte: MDR/Carmen Fiedler

Endlich öffnet jemand. Der Bewohner ist aufgebracht, lässt Kaiser nicht ausreden. "Zweimal Wahlbetrug in Thüringen" ruft er. Kaiser fragt, was er damit meine. Doch der Mann schließt seine Tür. Später wird er sie erneut öffnen und laut weiterschimpfen.

Im Stockwerk darunter öffnet sich die nächste Tür. "Ich wollte Sie fragen, was ein wichtiges Thema für Sie ist", sagt Kaiser. Der Bewohner antwortet: "Was wichtig ist? Die allgemeine Ordnung und Sicherheit." "Können Sie sich vorstellen, die SPD zu wählen?", fragt Kaiser weiter. "Ich kann mir vieles vorstellen", kommt als Antwort.

Wir versuchen so viel, wie wir können. Aber wir machen da keinen Wettkampf draus.

Elisabeth Kaiser SPD

Im Schnitt öffnet an diesem späten Januarnachmittag einer von neun Bewohnern seine Tür. "Das ist ungefähr das, womit wir rechnen", sagt Elisabeth Kaiser. Dennoch sei der Tür-zu-Tür-Wahlkampf der erfolgreichste Wahlkampf.

Man komme mit den Menschen ins Gespräch, manche erkennen sie, Plakate mit ihrem Foto hängen überall in der Stadt. "Wir versuchen so viel, wie wir können. Aber wir machen da keinen Wettkampf draus."

Endlich kommt eine positive Reaktion. Bärbel Neitsch wählt die SPD und freut sich, dass ihre Kandidatin vor ihrer Tür steht: "Sehr schön, sonst sieht man Sie immer bloß auf den Plakaten. Da freuen wir uns." Kaiser sagt hinterher: "Das motiviert dann wieder für andere Türen."

Intensiver Wahlkampf

Dieser Wahlkampf sei härter als die bisherigen. Erstens musste alles schneller gehen als sonst, es blieb kaum Zeit zur Vorbereitung. "Wir sind im Organisieren und im Umsetzen parallel und das macht es für alle anstrengend." Heißt, Leute mobilisieren, Finanzen zusammenbekommen, plakatieren.

Ein runder Tisch mit Wahlkampfflyern.
Flyer, selbstgebackene Kekse, Kugelschreiber, Feuerzeuge, Lippenpflegestifte - kleine Geschenke gehören zum Wahlkampf dazu. Bildrechte: MDR/Carmen Fiedler

Zweitens ist er sehr viel kürzer als üblich. Drittens findet er im Winter satt. "Es wird abends schneller dunkel, es ist kalt." Die Bürgerinnen und Bürger wollen bei diesem Wetter nicht lange an Wahlkampfständen stehenbleiben. Ihr Wahlkreis 193 umfasst Gera, Greiz und das Altenburger Land.

"Von der Frequenz kommen viel weniger als im Sommer", sagt Kaiser. Aber die Resonanz sei trotzdem okay. Was auffalle: "Viele fragen nach dem Wahlprogramm, mehr als sonst."

44.000 Euro koste ihr Wahlkampf. "Den größten Teil gebe ich selbst mit rein", sagt Kaiser. 5.000 Euro bekäme sie vom Bundesverband, der Rest seien Spenden. Sie steht auf Platz 2 der Thüringer Landesliste ihrer Partei. Als eine von gerade mal zwei Frauen.

Ich wähle nicht die SPD, ich sag's ganz klar.

Bürger aus Gera

Die Menschen, die ihr heute ihre Türen öffnen, sind ausschließlich ältere Menschen, Rentner. Einer sagt: "Mein Thema ist die Gesundheit." Aber reden will er darüber nicht, er ist in Eile, muss zu einem Termin.

Nur das sagt er noch im Weggehen: "Ich wähle nicht die SPD, ich sag's ganz klar." Es ist kalt, das Thermometer zeigt vier Grad, gefühlt ist es eisig. Aus einem Auto, das vor dem Haus geparkt ist, dröhnt ein Böhse-Onkelz-Song.

Anderthalb Stunden klingeln sich Kaiser und Schreibauer durch die Wohnblocks. Dann beginnt der letzte Termin für heute: SPD-Frauen haben im Geraer Kulturhaus Häselburg zu einer Diskussionsveranstaltung geladen, das Thema: "Brauchen wir noch Feminismus?".

Elisabeth Kaiser erzählt etwas in einer Frauenrunde.
In der SPD-Frauenrunde erzählt Elisabeth Kaiser von ihren Erfahrungen als Frau in der Bundespolitik. Bildrechte: MDR/Carmen Fiedler

Auch Heike Taubert, bis vor einigen Wochen noch Thüringens Finanzministerin, ist gekommen. "Ich unterstütze Elisabeth Kaiser hier vor Ort", sagt sie. Und erzählt, dass auch sie Kekse backe, 150 seien inzwischen schon zusammengekommen. Zeitlich sei das ja jetzt möglich.

Auch Elisabeth Kaisers Mutter ist hier. Alles in allem sind ungefähr ein Dutzend Frauen gekommen. Keine von ihnen zweifelt daran, dass der Feminismus noch gebraucht wird. Die Frage des Abends ist eine rhetorische.

Kaiser ist als Gast geladen, sie soll als Frau in der Politik aus ihrer Perspektive berichten. Die Themen, die diskutiert werden, sind vielfältig: Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Gender Pay Gap, Rollenbilder, Rente, Betreuungsstrukturen, Hass im Netz gegen Frauen, Femizide, Schönheitsideale, Stadtentwicklung.

Zu allem kann Kaiser etwas sagen. Gegen 20 Uhr ist die Veranstaltung zu Ende.

Zwei Wochen später erzählt die Bundestagsabgeordnete, dass viele Wahlkämpfende krank seien. Die Grippewelle ist in Thüringen angekommen, auch das gehört zum Wahlkampf im Winter dazu.

Deutscher Bundestag, 191. Bundestagssitzung: Elisabeth Kaiser, SPD
Elisabeth Kaiser spricht als Abgeordnete im Bundestag. Bildrechte: picture alliance / dts-Agentur

Inzwischen hat das große Thema Migrationspolitik den Wahlkampf gekapert, die CDU ist eine Woche zuvor mit ihrem Gesetzentwurf zur Verschärfung der Migrationspolitik gescheitert.

Kaiser sagt, es sei schade, dass man den Wahlkampf nutze, um Ängste und Sorgen zu instrumentalisieren und zu suggerieren, dass man mit noch schärferen Gesetzen an der aktuellen Situation so viel ändern könne.

Probleme anpacken

Stattdessen müsse man die Probleme anpacken, die die Menschen unmittelbar betreffen. Die Schuldenbremse müsse reformiert werden. Dann könne man in die Wirtschaft, die Infrastruktur, die Gesundheitsvorsorge, bezahlbare Pflege und die Bildung investieren sowie die Menschen steuerlich entlasten. Wichtig seien außerdem gute Löhne und günstigere Preise für Strom und Lebensmittel.

"Das ist, glaube ich, die wesentliche Aufgabe, die jetzt vor uns steht", sagt Kaiser.

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MDR (caf)

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