Bundestagswahl 2025 Donata Vogtschmidt: Mit kalten Füßen will die Linkspolitikerin gegen soziale Kälte angehen
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13. Februar 2025, 05:00 Uhr
In ihrer Band ist sie die Frontfrau. Auch auf der politischen Bühne will die 26-jährige Donata Vogtschmidt jetzt den nächsten Schritt gehen: Im nördlichen Thüringer Wahlkreis 188 kandidiert sie für die Linkspartei für den Bundestag.
- Wodurch Donata Vogtschmidt ihren Wahlkreis schon so gut kennt
- Welche Themen die Menschen beschäftigen
- Warum ihr die Musik so wichtig ist, obwohl wenig Zeit dafür bleibt
- Ob junge Frauen gerade in der Politik mit mehr Vorurteilen kämpfen müssen
Es ist richtig kalt an diesem Donnerstag auf dem Markt von Bad Frankenhausen. Selbst in der Sonne reiben die Menschen an den Verkaufsständen sich die Hände warm. Und der Wahlkampfstand der Linken steht im Schatten. Donata Vogtschmidt und ihre Mitstreiter lassen sich von den Minusgraden aber nicht beirren: "Bei diesen Temperaturen ist es schon ganz gut, dass der Wahlkampf etwas kürzer ist."
Kandidatin im Wahlkreis 188
Die 26-Jährige ist Direktkandidatin für die Linke in den Thüringer Nordkreisen Eichsfeld, Nordhausen, Kyffhäuserkreis für die Bundestagswahl. Mit der Region ist sie vertraut, war sie doch hier in den letzten drei Jahren als Landtagsabgeordnete unterwegs.
Eher ländlich ist die Gegend geprägt, doch es gibt mit Nordhausen auch einen Hochschulstandort. Und genau das mag Vogtschmidt auch besonders: "Es gibt eine ganz, ganz tolle Mischung von unterschiedlichen Leuten, aus verschiedenen Generationen, die einfach Hand in Hand hier oben leben."
Gerade deshalb will sie im Bundestag dafür sorgen, dass noch mehr Menschen hier in der Region eine Perspektive sehen, dass nicht mehr so viele wegziehen, sagt sie.
Nach der Wahl ist vor der Wahl
Und so, wie sie ihren Wahlkreis kennt, kennen die Menschen im Wahlkreis auch die Kandidatin. Für Feuerwehr und Katastrophenschutz war sie im Landtag vorrangig zuständig.
Als sie mit 23 Jahren als Mandatsnachfolgerin für Susanne Hennig-Wellsow in den Landtag kam, war sie deren jüngste Abgeordnete. Zu ihren Erfolgen dort zählt sie, dass die Rettungsleitstellenreform vorangetrieben wurde und dass die Feuerwehren mehr Förderungen bekommen.
"Ich bin unglaublich dankbar für diese Zeit der parlamentarischen Erfahrung und der basisnahen Gespräche mit Personen vor Ort, aus Ehrenamt, Politik und Gesellschaft, die sich über Parteigrenzen hinaus dem Schutz unserer Lebensgrundlage widmen."
Als Abgeordnete war sie viel unterwegs in der Region. "Ich würde auch sagen, dass Wahlkampf nicht nur direkt vor der Wahl stattfindet, sondern eigentlich immer. Also nach der Wahl ist vor der Wahl. Und als Landtagsabgeordnete war ich zwangsläufig auch in ganz, ganz kleinen Dörfern und den ganz tollen Verein, die dort auf die Beine gestellt wurden."
Ich muss doch da hingehen, wo ich gebraucht werde, wo die Leute mit mir sprechen wollen und wo einfach Hilfe vonnöten ist.
Für Donata Vogtschmidt geht Politik auch gar nicht anders. "Ich muss doch da hingehen, wo ich gebraucht werde, wo die Leute mit mir sprechen wollen und wo einfach Hilfe vonnöten ist."
Sie will gemeinsam mit den Menschen Politik machen, etwas verändern, nicht für die Menschen. "Das ist so hierarchisch. Ich bin ja kein besserer Mensch, nur weil ich in einem Mandat bin. Politik funktioniert nur Hand in Hand, gemeinsam mit allen."
Inflation und Lebenshaltungskosten bestimmen die Gespräche
In Bad Frankenhausen ist an diesem Donnerstag die Schlange am Fleischer-Wagen deutlich länger als die am Wahlkampfstand.
Aber die Themen, die die Menschen ansprechen, mit denen Vogtschmidt ins Gespräch kommt, haben auch damit zu tun. "Am Ende des Monats ist die Schlange kürzer, denn dann reicht das Geld nicht mehr aus. Die Lebenshaltungskosten sind durch die Inflation rapide gestiegen", sagt eine Frau.
"Die Miete steigt auch in vielen Städten", ergänzt ihr Begleiter, dessen Tochter gerade ein Studium in Erfurt aufgenommen hat. "Auf dem Land dagegen ziehen viele weg, man dividiert sich so ein bisschen auseinander."
Vogtschmidt bestätigt das. "Die Inflation und die Lebenshaltungskosten, die so hoch sind, dass ja man sich gar nichts anderes mehr leisten kann, dass sich viele Leute kaum noch die Bildung für ihre Kinder leisten können, die Lehrmaterialien beispielsweise. Von Urlaub ganz zu schweigen. Da liegt derzeit das Hauptthema."
Die Frau nimmt noch ein paar Kulis und Seifenblasen für die Enkel mit vom Wahlkampf-Stand. Einen der roten Linke-Beutel will sie nicht. "Das ist zu auffällig, nicht, dass ich noch Ärger kriege." Und auch seine Namen will das Paar nicht verraten.
Die Inflation und die Lebenshaltungskosten, die so hoch sind, dass ja man sich gar nichts anderes mehr leisten kann, dass sich viele Leute kaum noch die Bildung für ihre Kinder leisten können, die Lehrmaterialien beispielsweise. Von Urlaub ganz zu schweigen. Da liegt derzeit das Hauptthema.
Vogtschmidt als Frontfrau nicht nur in der Politik
Bundesweit bekannt wurde Vogtschmidt, als sie mit ihrer Band "Donata" ein Video gemeinsam mit Bodo Ramelow produzierte. Konfrontiert mit der Idee, war der damalige Ministerpräsident sofort dabei. "Und ich kann mir zum Beispiel bei anderen Ministerpräsidenten der Bundesrepublik nicht unbedingt vorstellen, dass sie ein glitzerndes Musikvideo machen", freut sich Vogtschmidt.
Musik sei generell sehr wichtig in ihrem Leben, erzählt sie. Auch wenn sie sehr wenig Freizeit habe. "Manchmal komme ich nach dem Plenum noch abends um neun in den Probenraum. Meine Band unterstützt mich da sehr. Wenn man in den Proberaum reinkommt, dann ist das eine kleine andere Welt." Abschalten könne sie da, aber sich auch auf eine ganz andere Art ausdrücken als in einer Rede.
Freizeit ist überhaupt ein schwieriges Thema für die junge Politikerin. Denn wie lang ihre Arbeitstage sind, kann sie gar nicht so genau sagen. "Aber was ich sagen kann, ist, dass es jedes Arbeitszeitgesetz sprengen würde."
Aber, so Vogtschmidt, sie wisse ja, wofür sie es macht. "Gerade als Mutter kann ich gar nicht anders, als jeden Tag zu kämpfen. Ich habe Visionen für dieses Land, weil ich es selber mitgestalten will."
Ziel: Kampf gegen soziale Kälte und für Gerechtigkeit
Zu den Linken ist Vogtschmidt als Studentin in Erfurt durch den Klimaschutz gekommen. Der ist für sie gleichzeitig eine soziale Frage. "Ich will dafür kämpfen, dass Menschen sich Wohnraum wieder leisten können, Reichtum endlich fair verteilt und Gesundheit keine Frage von Privilegien ist."
Wenn man sich die Wahlprogramme ehrlicherweise anschaut, hat die Linke mehr Umweltschutz drin als die Grünen an vielen Stellen.
Als "Parteisoldatin" würde sie sich nicht bezeichnen. Denn auch wenn die Linke einen Großteil ihrer eigenen Werte abdeckt - 100 Prozent Übereinstimmung hält sie für unrealistisch. "Wenn man sich die Wahlprogramme ehrlicherweise anschaut, hat die Linke mehr Umweltschutz drin als die Grünen an vielen Stellen."
Wie sie zu Beginn ihres kommunalpolitischen Engagements aufgenommen wurde von der Parteibasis, das begeistere Vogtschmidt heute noch.
Ich hatte da Mentorinnen, die mich an die Hand genommen haben, die mich gefördert haben, wofür ich unglaublich dankbar bin.
"Ich hatte da Mentorinnen, die mich an die Hand genommen haben, die mich gefördert haben, wofür ich unglaublich dankbar bin." Bis heute, so sagt sie, kann sie bei Fragen oder Problemen auf deren Rat vertrauen.
Frauen brauchen in der Politik ein "dickes Fell"
Und Solidarität und Unterstützung brauchen aus ihrer Sicht gerade junge Frauen in der Politik. Der Frauenanteil im Thüringer Landtag ist jetzt noch einmal zurückgegangen. Und wenn man sich die Hochrechnungen anschaut, werde der nächste Bundestag auch älter und vor allem auch männlicher werden, befürchtet Vogtschmidt.
Und auch sie habe gegen Vorbehalte ankämpfen müssen, erzählt sie: "Gerade auch, als ich Landtagsabgeordnete war und im Bereich Katastrophenschutz und Feuerwehr tätig war und wenn ich in die Dörfer gekommen bin, als junge Linke und doch sehr alternativ aussehende Frau."
Augen zu und durch. Warum soll man sich wegducken? Das sehe ich gar nicht ein.
Wenn man dann allerdings miteinander geredet hat und es um Fachthemen ging, habe sie ihr Gegenüber meist überzeugen können. Aber etwas anderes hat sie über die Jahre immer wieder beobachtet: "Es ist leider so: Egal, wo man redet, sei es im Landtag oder Bundestag oder auch im Gemeinderat oder Stadtrat, wenn man als Frau redet, ist es lauter. Da gibt es mehr Nebengespräche."
Einschüchtern lassen will Donata Vogtschmidt sich davon aber nicht. Es könne ja nicht die Lösung sein, dass Frauen deshalb weniger reden im Parlament. "Augen zu und durch. Warum soll man sich wegducken? Das sehe ich gar nicht ein."
Und damit packt die Bundestagskandidatin ihre leere Thermoskanne, Flyer, Broschüren und Kugelschreiber zusammen und macht sich auf den Weg nach Erfurt in eine Seniorenresidenz, wo am Nachmittag eine Diskussion zum Thema Pflege auf dem Programm steht. Ein so kurzer Wahlkampf lässt kaum Verschnaufpausen, aber wenigstens frieren wird Donata Vogtschmidt bei ihrem nächsten Termin nicht.
MDR (gh)
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