Zwischen Kick und Kontrolle Hitzige Landtagsdebatte zur Teillegalisierung von Cannabis

21. März 2024, 21:34 Uhr

Einen Tag, bevor im im Bundesrat darüber abgestimmt wird, ob das sogenannte Cannabis-Gesetz in den Vermittlungsausschuss überwiesen wird, ist nicht nur die sächsische Staatsregierung gespalten. Auch im Landtag kochten die Emotionen hoch – von Ablehnung bis Beifall.

Eine gefährliche Substanz wird durch Legalisierung nicht ungefährlich, das ist die Meinung der Sachsen-CDU. Und deshalb bleibt sie bei ihrem Nein zu dem neuen Gesetz, das im Bundestag verabschiedet wurde und am Freitag durch die Länderkammer muss. "Keine der Hoffnungen werden eintreten," sagte CDU-Generalsekretär Alexander Dierks in der von seiner Partei beantragten aktuellen Debatte im Landtag.

Dierks verwies auf Gesundheitsprobleme, Sicherheitsrisiken im Straßenverkehr und Erfahrungen aus anderen Ländern. Seiner Gesundheitsminister-Kollegin Petra Köpping von der SPD warf er vor, "umgefallen" zu sein. Es gebe eine Unzahl von Gründen, den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anzurufen. Doch Köpping lehne das nun ab und habe sich von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mit einer nichtssagenden Protokollerklärung abspeisen lassen. Diese umfasst drei Punkte: eine verbesserte Prävention, die Verringerung der erlaubten Cannabis-Mengen sowie die Ausweitung des Abstandsgebotes zu Kitas und Schulen.

AfD: Ampelpolitik nur noch zugekifft zu ertragen

Ein klares Nein zur teilweisen Legalisierung von Cannabis kam auch von der AfD. Der gesundheitspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Frank Schaufel, erklärte, bisher habe sich der Umgang mit Drogen auf vier Säulen gestützt: Suchtprävention, Suchthilfe, Schadensreduzierung und Repression. Diese Säulen würden nun eingerissen. Sein Kollege Lars Kuppi fragte, ob Deutschland keine anderen Probleme habe. "Ich habe den Eindruck, die Legalisierung ist wichtig, weil man die Ampelpolitik nur noch zugekifft ertragen kann."

Cannabispflanzen
Erwachsene sollen künftig privat maximal drei Hanfpflanzen pro Kopf für den Eigenbedarf anbauen dürfen. (Symbolbild) Bildrechte: picture alliance/dpa/Christian Charisius

Der Graben innerhalb der Staatsregierung in der Teillegalisierungs-Frage zeigte sich auch in der Landtagsdebatte. Denn Fürsprecher fand das Cannabis-Gesetz bei den beiden Koalitionären Grüne und SPD sowie bei der Linken. Diese sieht in der Debatte einen "Kulturkampf", der die Gefahren von Alkohol und Nikotin zu übertünchen versucht. "Es wird nichts anderes getan, als das zu legalisieren, was bereits Millionen Menschen tun," sagte Linken-Fraktionschef Rico Gebhardt. Staatsregierung und CDU warf er Untätigkeit vor. Das Gesetz sei lange diskutiert worden; man hätte sich darauf vorbereiten können.

Kontrolle über den Schwarzmarkt gewinnen

"Es ist an der Zeit, sich der Realität zu stellen," verlangte die drogenpolitische Sprecherin der Grünen, Petra Cagalj Sejdi. Die Verbotspolitik sei gescheitert. Man brauche einen neuen Weg der Regulierung. Das Gesetz werde keinen Kontrollverlust bringen, sondern dafür sorgen, Kontrolle über den Schwarzmarkt zu gewinnen. Zudem seien darin Jugendschutz- und Suchtpräventionsmaßnahmen vorgesehen.

Ein Polizist zeigt einen positiven Drogen-Test auf THC (Cannabis) eines Autofahrers.
Viele Abgeordnete sehen Risiken für den Straßenverkehr. (Symbolbild) Bildrechte: picture alliance/dpa | Julian Stratenschulte

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Albrecht Pallas, warf der CDU vor, "Fake News" zu verbreiten. Sicherheitsprobleme würden durch das Gesetz nicht zunehmen, im Gegenteil: "Polizei und Justiz werden von vielen Fällen der Kleinstkriminalität entlastet, die sie jetzt auf dem Tisch haben." Dann hätten sie mehr Kapazitäten für den Kampf gegen den Schwarzmarkt und die Hintermänner. Auf dem Schwarzmarkt sei die Qualität von Cannabis nicht kontrollierbar. Auch das habe zu mehr Suchtfällen geführt.

Schuster hört "Ruf nach Verhandlungen"

Für die Staatsregierung ergriff Innenminister Armin Schuster (CDU) für die abwesende Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) das Wort. Er vertrat dabei die Linie seiner Partei: "Die Auswirkungen des Bundesgesetzes sind ausschließlich in den Ländern zu spüren," so Schuster. Mehrere Expertengremien wie Richterbund, Ärztekammern, Polizeigewerkschaften und die Innenministerkonferenz, aber auch eine Mehrheit der Bevölkerung lehnten das Gesetz in der derzeitigen Form ab. "So viele Mängelanzeigen sind ein Ruf nach Verhandlungen," sagte Schuster mit Blick auf die Bundesratssitzung am Freitag und die Möglichkeit, dass Sachsen für einen Verweis des Gesetzes in den Vermittlungsausschuss stimmen könnte.

Putin-Vergleich sorgt für Unruhe

Die SPD-Abgeordnete Sabine Friedel entgegnete, die CDU wolle nicht verhandeln, sie wolle, dass das Gesetz im Vermittlungsausschuss verschwinde und nie wieder herauskomme. "Ministerpräsident Kretschmer hat so viel mit Verhandlungen zu tun wie Putin mit Friedensverhandlungen." Innenminister Schuster forderte Friedel auf, sich für den Vergleich zu entschuldigen.

MDR (jku)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Radioreport | 21. März 2024 | 18:00 Uhr

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