Bundestag Das wollen junge sächsische Bundestagsabgeordnete von der Ampel-Koalition
Hauptinhalt
17. Oktober 2021, 13:30 Uhr
Fast drei Wochen nach der Wahl, haben sich die Spitzen von SPD, Grünen und FDP auf Koalitionsverhandlungen verständigt. Eine Ampel-Regierung rückt damit in greifbare Nähe. Das wäre ein Novum auf Bundesebene und ein Bündnis, in dem die Interessen einer jungen Generation deutlich mehr Gewicht bekommen könnten. Denn der Anteil junger Abgeordneter ist unter den Ampel-Parteien besonders hoch. Mit welchen Erwartungen blicken sächsische Neuparlamentarier auf ein Ampelbündnis?
Post abholen, Mails checken, netzwerken - das ist der neue Alltag von Merle Spellerberg. Über die sächsische Landesliste der Bündnisgrünen ist sie in den Bundestag eingezogen. An der TU Dresden studierte sie bis vor kurzem Internationale Beziehungen. Jetzt tauscht sie Hörsaal gegen Plenarsaal. Auf ihrem Stundenplan stehen Einführungsveranstaltungen zu den Fragen: Wie baue ich mein Abgeordnetenbüro auf? Wo finde ich Mitarbeiter? Was ist bei der Abgeordnetenentschädigung zu beachten? „Es hatte ein bisschen was von Ersti-Woche für diejenigen, die schon mal studiert haben,“ erzählt sie.
Bundestag so jung wie nie
Provisorisch hat Merle Spellerberg das bisherige Büro von Monika Lazar bezogen, die nicht mehr zur Wahl angetreten war. Zu ihren Herzensthemen gehören eine feministische Außenpolitik und Menschenrechte. Mit 24 Jahren ist Spellerberg eine der jüngsten Abgeordneten in einem Bundestag, der so jung ist wie nie. Mit 21 Prozent hat die Fraktion der Bündnisgrünen zudem den höchsten Anteil an unter 30-Jährigen, gefolgt von der SPD mit 13 Prozent und der FDP mit 7 Prozent.
Schon ein wenig wie die alten Hasen klingt Merle Spellerberg allerdings, wenn es um ihre Erwartungen an eine Ampelkoalition geht. Sie betont Gemeinsamkeiten, will nach außen keine roten Linien ziehen, vertraut in die Verhandelnden. Konkret wird sie nur beim Kernthema der Grünen – dem Klima.
Im Wahlprogramm haben wir ganz klar gefordert, dass wir 2030 aus der Kohle raus müssen. Damit gehen wir in die Verhandlungen.
Investitionen in Klimaschutz und Sozialpolitik
Tatsächlich soll der Kohleausstieg laut Sondierungspapier „idealerweise“ bis 2030 gelingen. Erreicht werden soll dies durch einen massiven Ausbau erneuerbarer Energien. Der Mindestlohn von 12 Euro, ein Anliegen das auch die SPD unterstützt, soll ebenfalls kommen.
Dies sei eines der wichtigsten Themen, meint Rasha Nasr, die von ihrem Büroleiterjob in Dresden für die Sozialdemokraten in den Bundestag wechselt. In den achtziger Jahren waren ihre Eltern aus Syrien nach Deutschland gekommen. Aufgewachsen ist die 29-Jährige in Dresden. Ihre Erfahrungen würde sie künftig am liebsten im Innenausschuss einbringen.
Eine junge Frau aus Ostdeutschland mit Migrationsbezug. Das ist bestimmt eine Perspektive, die noch nicht so häufig vertreten war.
Von einer Ampelkoalition erhofft sie sich vor allem Investitionen in Klimaschutz und Sozialpolitik. „Wenn wir jetzt nicht investieren und Geld reingeben, wird uns das später auf die Füße fallen.“
Konfliktlinie Steuer- und Finanzpolitik
Beim Thema Finanzen und Steuern verlaufen nicht nur bei den Verhandelnden einer Ampelkoalition die größten Konfliktlinien, sondern auch unter den jungen Abgeordneten. Schon im Wahlkampf warb Philipp Hartewig aus Lichtenau als FDP-Kandidat für mehr Generationengerechtigkeit. Den Sprung in den Bundestag hat der 26-jährige Rechtsreferendar geschafft und hofft nun, dass das Thema von einer möglichen Ampelkoalition „umfassend“ gesehen wird.
Die Schulden, die wir jetzt machen, müssen die kommenden Generationen bezahlen.
Wie seine Partei stehe er deshalb zur Schuldenbremse. Auch zusätzlichen Steuern oder Steuererhöhungen erteilt er eine Absage mit Verweis auf die ohnehin schon hohen Belastungen der Bürgerinnen und Bürger.
Weder das eine noch das andere sieht das Sondierungspapier vor. Knapp heißt es dort nur „Wir werden im Rahmen der grundgesetzlichen Schuldenbremse die nötigen Zukunftsinvestitionen gewährleisten.“ Offen bleibt also die Frage, wie all die Vorhaben finanziert werden können. Antworten werden SPD, FDP und Grüne in den Koalitionsgesprächen finden müssen. Wenn die Parteigremien grünes Licht geben, könnten die Ampelverhandlungen schon nächste Woche beginnen. Doch unabhängig von der neuen Regierungskonstellation, beginnt die Arbeit für die drei jungen Abgeordneten am 26. Oktober so richtig. Dann tritt der neue Bundestag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen.
Quelle: MDR
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | SACHSENSPIEGEL | 15. Oktober 2021 | 19:00 Uhr