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Zeitzeuge 13. Februar: Flucht durchs Kellerfenster in die Brandnacht
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13. Februar 2025, 08:00 Uhr
Der alliierte Luftangriff auf Dresden am 13. Februar 1945 ist für tausende Menschen in der Stadt eine Katastrophe. Wer überlebt, ist dankbar dafür, das Inferno überstanden zu haben. Aber die Existenz unzähliger Menschen liegt in Scherben. Hans Weiß aus Laußnitz hat die Schreckensnacht als Kind miterlebt. Mit Mutter und Bruder sitzt er in der Nähe des Hauptbahnhofes in einem Keller, als die Bomben fallen.
Je länger der 13. Februar 1945 zurückliegt, desto weniger Zeitzeugen gibt es, die die Bombardierung Dresdens selbst miterlebt haben. Der 88 Jahre alte Hans Weiß aus Laußnitz zählt zu dieser Generation. Er hat die Ereignisse noch lebhaft in Erinnerung. "Mittlerweile ist es 80 Jahre her. Aber man denkt daran, als wäre es vor zwei oder drei Jahren gewesen", beschreibt Weiß seine Wahrnehmung.
Harmonischer Wintertag mit Sonnenschein
Im Februar 1945 lebt er gemeinsam mit seiner Mutter und seinem zwei Jahre älteren Bruder in einer Hinterhauswohnung in der Gutzkowstraße nahe des Hauptbahnhofs. Der Vater ist als Soldat im Krieg, sodass die Familie allein klarkommen muss. Wenn Hans Weiß heute an den 13. Februar zurückdenkt, erinnert er sich zunächst an einen ruhigen, harmonischen Tag.
Wir haben nicht damit gerechnet, dass es diesmal so schlimm wird.
"Es war ein herrlicher Tag mit Sonnenschein. Meine Mutter hatte Wäsche gewaschen und wir Kinder sind auf dem Hof herumgerannt." Weil Faschingsdienstag war, seien auf der Straße immer wieder Kinder in Faschingskostümen vorbei gelaufen. "Das ging die ganze Zeit so - bis zum Abend."
Obwohl sich das mitten im Zweiten Weltkrieg wie ein normaler Alltag anfühlt, erinnern spätestens die Sirenen am Abend daran, dass die Lage ernst ist. "Wir waren es ja gewöhnt. Fliegeralarm gab es schon lange. Wenn die Sirenen erklangen, ist man in den Keller gegangen." Von daher sei der 13. Februar zunächst nicht anders als andere Tage gewesen. "Wir haben nicht damit gerechnet, dass es diesmal so schlimm wird."
Reichlich 40 Menschen suchen Schutz im Keller
Er und sein Bruder hätten in dieser Zeit wegen des häufigen Fliegeralarms immer zeitig ins Bett gemusst. "In der zehnten Stunde kam dann unsere Mutter plötzlich ins Zimmer und sagte: 'Schnell raus, die Sirenen gehen. Wir müssen in den Keller'." Gemeint ist der Keller des Vorderhauses in der Gutzkowstraße Nummer 6. "Dort suchten jeweils 15 bis 20 Menschen aus dem Vorderhaus und aus dem Hinterhaus Schutz", sagt Weiß.
Ängstliche Blicke an die Kellerdecke
Je lauter es draußen wird, desto stiller ist es im Keller. "Kaum jemand sagte etwas. Wir haben nur ständig die dumpfen Geräusche der Flieger gehört, bevor es dann knallte, wenn die Bomben einschlugen." Ängstlich hätten alle auf die Zimmerdecke geblickt. Jeder habe Sorge gehabt, dass die Decke reißt. "Für kurze Zeit war dann auf einmal Ruhe. Meine Mutter und meine Tante sind kurz raus aus dem Keller und haben gesehen, dass bei uns im Hinterhaus schon alles brannte."
Kellertür in Flammen - Ausstieg übers Fenster
Wenig später habe es die nächste Angriffswelle gegeben. Als auch diese vorüber ist, sollen die Bewohner den Keller verlassen. Aber die Kellertür steht in Flammen. "Wir mussten deshalb zum Fenster raus auf die Straße. Jeder wurde nacheinander rausgezogen", lässt Hans Weiß die heikle Situation noch einmal Revue passieren.
Feuerroter Himmel und Funkenregen
Eindrucksvoll ist auch der Blick zum Himmel: "Er war feuerrot und es gab einen Funkenregen, als ob es schneien würde." Die sogenannten Christbäume, mit denen die Bomber das Zielgebiet markiert haben, sieht Hans Weiß hingegen nicht. "Aus Gesprächen weiß ich, dass man die vor allem außerhalb von Dresden gesehen hat."
Vorbei an der brennenden Schule
Mit befeuchtetem Mundschutz fliehen Hans Weiß, sein Bruder und seine Mutter anschließend Richtung Beutlerpark. "Das war etwa nachts um zwei oder halb drei. Dort haben wir uns kurzzeitig niedergelassen." Weil seine Tante eine Wohnung in Nickern hat, fällt die Entscheidung, da unterzukommen. "Vorbei an meiner brennenden Schule sind wir zur Teplitzer Straße gelaufen und von dort gen Nickern. Das war ein ordentlicher Fußmarsch. Wir waren bestimmt zwei Stunden unterwegs."
Als Kind hat hat man das nicht so gespürt. Ich habe nicht groß über die Erlebnisse rund um den Bombenangriff nachgedacht, sondern einfach funktioniert.
Traumatisiert haben diese Erlebnisse Hans Weiß in diesem Moment nicht. "Als Kind hat hat man das nicht so gespürt. Ich habe da nicht groß drüber nachgedacht, sondern einfach funktioniert", blickt Hans Weiß zurück. Ein neues Zuhause findet die Familie in Laußnitz bei Ottendorf-Okrilla, wo seine Mutter herstammt. Hans Weiß lernt nach dem Krieg den Beruf des Pressglasmachers und gründet eine eigene Familie.
Zeitzeuge will Erinnerung wachhalten
Jahrzehntelang führt er ein normales Leben. Der Alltag zieht ein. Nur einmal im Jahr um den 13. Februar ist alles ein wenig anders. "Die Angriffe auf Dresden haben mich lange beschäftigt. Jedes Jahr, wenn der Tag kommt, ist alles wieder sehr präsent." Er habe sich viel mit dem Thema beschäftigt und auch Videos dazu gekauft. "Ich finde es wichtig, das Gedenken an den 13. Februar wachzuhalten", sagt Hans Weiß mit Blick darauf, dass es in einigen Jahren keine Zeitzeugen des 13. Februars mehr geben wird.
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Dresden | 13. Februar 2025 | 09:30 Uhr