Rückkehr nach 80 Jahren Gemäldegalerie Alte Meister Dresden zeigt zurückgekehrte Kriegsverluste

24. Oktober 2023, 04:00 Uhr

Die Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden zeigt ab Dienstag drei barocke Bilder, die bis vor Kurzem als Kriegsverluste galten. Die Werke "Campagna-Landschaft" von Jan Baptist Weenix, "Bildnis eines graubärtigen alten Herrn" von Balthasar Denner und Vincenzo Spisanellis "Ruhe auf der Flucht" kamen auf teils verschlungenen Wegen zurück nach Dresden. Nun werden sie in einer Kabinettschau präsentiert, die zugleich Forschungen rund ums Thema Kriegsverluste in der Kunst thematisiert.

  • Die Gemäldegalerie Alte Meister zeigt eine Kabinettausstellung mit drei Werken, die als Kriegsverluste galten und nun nach Dresden zurückgeholt werden konnten.
  • Zuletzt kehrte das Barockgemälde "Campagna-Landschaft" des Malers Jan Baptist Weenix zurück – wie bei vielen Bildern über große Umwege.
  • Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden vermissen seit dem Krieg noch Tausende Objekte, darunter Hunderte Gemälde Alter Meister.

Drei Kriegsverluste sind nach 80 Jahren in die Dresdner Gemäldegalerie Alte Meister zurückgekehrt. Eines dieser Bilder, die "Campagna-Landschaft" des Malers Jan Baptist Weenix aus dem 17. Jahrhundert, hat der niederländische Kunsthändler Willem Jan Hoogsteder aus Den Haag den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) geschenkt.

Er kam zusammen mit dem Botschafter der Niederlande, Ronald van Roeden, nach Dresden, um an der Feierstunde teilzunehmen. Es gebe ausgezeichnete Verbindungen zwischen Dresden und Den Haag, sagte van Roeden. Ohne die Vertrauensbasis zwischen Kunstexperten und -expertinnen in beiden Ländern wäre die feierliche Übergabe des Weenix-Gemäldes nicht denkbar gewesen.

Gemälde von Weenix: über USA und Niederlande nach Dresden

Das Landschaftsgemälde von Jan Baptist Weenix aus dem 17. Jahrhundert, berühmt als Vertreter des sogenannten Goldenen Zeitalters der niederländischen Malerei, gehörte ursprünglich dem sächsischen Kurfürsten und König von Polen, August III. Das Bild wurde 1742 von Johann Gottfried Riedel für die Königliche Gemäldesammlung erworben, die heutige Gemäldegalerie Alte Meister im Dresdner Zwinger. Als Leihgabe befand es sich seit 1937 in der damaligen Kreishauptmannschaft Chemnitz und wurde während des Zweiten Weltkrieges in Rübenau/Erzgebirge ausgelagert.

Es soll dann die Wohnung eines sowjetischen Generals geschmückt haben. Wenig bekannt ist, wie das Gemälde in die USA und dann über mehrere Stationen in die Niederlande kam. Es wurde mehrmals bei Christie's versteigert, berichtet der Kunsthändler Willem Jan Hoogsteder aus Den Haag:

"Und die ganze Zeit über ging man nicht von einer Verbindung zu Dresden aus – niemand", so Hoogsteder. Dann habe der letzte Eigentümer sich gemeldet und gefragt, ob man das Bild verkaufen könne: "Und wenn wir heutzutage ein Angebot hereinbekommen, ist es gängige Praxis, dass wir das Objekt auf Beutekunst überprüfen. Früher spielte die Frage nach Beutekunst überhaupt keine Rolle", ergänzte Hoogsteder.

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Noch Hunderte Gemälde Alter Meister vermisst

Die Provenienz des Bildes ließ sich anhand der Inventarnummer eindeutig nachweisen. Nach niederländischem Recht gehörte es aber dem letzten Besitzer, der es redlich erworben hatte. Also kaufte Willem Jan Hoogsteder das Bild und schenkte es den SKD zurück.

Uta Neidhardt, Oberkonservatorin der Gemäldegalerie Alte Meister, sucht ständig nach weiteren Bildern: "Es fehlen insgesamt ja noch über 400 Gemälde Alter Meister", erklärt sie. Die Mehrzahl seien Niederländer: "Das liegt auch am Format. Die kleinen niederländischen Bilder, die ließen sich gut wegtragen. Einen großen italienischen Altar hat man nicht so leicht entwendet."

Insgesamt vermissen die Museen der SKD 6.000 Objekte. Auf der anderen Seite wurden 5.000 Kunstwerke an frühere Eigentümer zurückgegeben, beispielsweise an die Nachfahren enteigneter jüdischer Kunstsammler. Die SKD sind führend in der Provenienzforschung.

Auch ein Bild von Balthasar Denner ist zurück in Dresden

Immer wieder tauchen auf dem internationalen Kunstmarkt Werke auf, die in der sogenannten "Lost-Art-Datenbank" aufgeführt sind. Auch das "Bildnis eines graubärtigen alten Herrn" von Balthasar Denner galt als Kriegsverlust – eine kleinformatige Charakterstudie des 1685 in Hamburg geborenen und 1749 in Rostock gestorbenen Malers. Durch die Kennzeichnung mit einer Nummer aus dem ältesten Dresdner Gemäldeinventar konnte auch dieses Bild eindeutig zugeordnet werden. Es gehörte seit 1722 zur Königlichen Sammlung Augusts des Starken und ging im Krieg verloren. Vor wenigen Tagen kam es zurück. 

Alleine die bedeutende Sammlung Bologneser Malerei, zu der auch Vincenzo Spisanellis "Ruhe auf der Flucht" gehört, beklagt noch immer 19 Kriegsverluste. Dieses Bild kehrte bereits im Juni 2023 nach Dresden zurück. Es zeigt die Heilige Familie nach der Geburt Jesu in Bethlehem auf dem Weg nach Ägypten. Dorthin fliehen Maria, Josef und das Jesuskind vor den Häschern des Königs Herodes – ein bekanntes Motiv in der christlichen Kunst. Vincenzo Spisanelli war ein Barockmaler, der die meiste Zeit seines Lebens in Bologna arbeitete und dort auch 1662 starb.

Barockgemälde von Vincenzo Spisanelli bei Auktion aufgetaucht

Nachweislich gehörte dieses Bild seit 1742 in die Königliche Gemäldesammlung Augusts III. von Polen. 1935 wurde es zusammen mit anderen Galeriebildern als Leihgabe ins Auswärtige Amt nach Berlin gebracht. Es sollte Diensträume schmücken, zum Beispiel der deutschen Botschaften in Rom und Paris. 1944 sollte "Die Ruhe auf der Flucht" wieder nach Dresden gebracht werden, traf hier aber nie ein. Erst 2022 meldete sich eine Privatperson, die das Gemälde bei einer Auktion erworben hatte. Nach Angaben der SKD gelang es, mit dem dänischen Besitzer eine gütliche Einigung zu erzielen.

Aus Anlass der Rückkehr dieser drei Kriegsverluste hat die Gemäldegalerie Alte Meister unter dem Titel "Willkommen zu Hause" eine kleine Kabinettausstellung eingerichtet, so Oberkonservatorin Uta Neidhardt. Dort würden die drei "Rückkehrer" präsentiert. Außerdem erkläre man in der Schau Fragen rund um Kriegsverluste und die anhaltenden Forschungen zu dem Thema.

Angaben zur Ausstellung "Willkommen zu Hause"

24. Oktober 2023 bis 1. September 2024

Gemäldegalerie Alte Meister,
Semperbau am Zwinger, Raum 123

Öffnungszeiten:
täglich außer montags, 10 bis 18 Uhr

Quelle: SKD, redaktionelle Bearbeitung: hki

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 24. Oktober 2023 | 07:40 Uhr

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