Arbeit und Kunst Ausstellung in Zwickau zeigt DDR-Kunst der Wismut
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10. April 2025, 03:00 Uhr
Im Kalten Krieg lieferte die Wismut aus Westsachsen und Ostthüringen waffenfähiges Uran an die Sowjetunion. Zugleich sammelte das Bergbauunternehmen Kunst. In der historischen Baumwollspinnerei in Zwickau ist nun die Ausstellung "Sonnensucher – Kunst und Bergbau der Wismut" zu sehen. 80 Gemälde und 150 grafische Arbeiten namhafter bildender Künstler aus der DDR zeigen vor allem das Sujet des arbeitenden Menschen. Ergänzt werden die Kunstwerke um Fotos, Bildmaterial und Dokumente. Die Schau ist ein Beitrag zur Kulturhauptstadt Chemnitz 2025.
- Das DDR-Unternehmen Wismut produzierte Uran – und sammelte und beauftragte Kunst.
- Die Ausstellung "Sonnensucher" zeigt die besondere Stellung des arbeitenden Menschen in der DDR.
- Die Kunstwerke, zum Teil aus der Leipziger Schule, sind noch heute identitätsstiftend.
Die deutsch-sowjetische Aktiengesellschaft Wismut war während des Kalten Krieges einer der größten Uranproduzenten weltweit. Zu ihrem Erbe gehört eine Kunstsammlung mit über 4.000 Werken. Ihr künstlerischer Wert ist umstritten, da den Künstlern von damals Staatsnähe vorgeworfen wurde. Vor diesem Hintergrund wird nun eine Auswahl der Kunstsammlung der Wismut in Zwickau gezeigt.
Der Titel der Ausstellung in den Räumen der historischen Baumwollspinnerei Zwickau lautet: "Sonnensucher – Kunst und Bergbau der Wismut". Der Begriff "Sonnensucher" bezieht sich auf die Bergarbeiter, die Wismut-Kumpel, die unter Tage schufteten, um für die Sowjetunion waffenfähiges Uran abzubauen. Das geschah zwischen 1950 und 1990, und parallel dazu legte die Wismut hier die umfangreichste Kunstsammlung an, die ein DDR-Unternehmen je besaß.
Darstellung des arbeitenden Menschen in der DDR
Doch die Menge der Kunst ist nicht das Besondere, wie Paul Kaise, Kurator der Ausstellung und Spezialist für Kunst aus der DDR, ausführt. Besonders sei zum einen, dass Kunstwerke von ostdeutschen und auch von sowjetrussischen Künstlern gesammelt worden seien, was in der Ausstellung zu sehen sei. Das Entscheidende aus kunsthistorischer Perspektive jedoch sei, dass bei der Wismut-Sammlung in einzigartiger Weise das Hauptsujet der bildenden Kunst in der DDR im Zentrum stehe, das der offiziellen Kunstpolitik: nämlich die Darstellung des arbeitenden Menschen.
Die Sammlung hat in einzigartiger Weise das Hauptsujet der bildenden Kunst in der DDR im Zentrum: Das der offiziellen Kunstpolitik, nämlich die Darstellung des arbeitenden Menschen.
Auf vielen der Gemälde, Druckgrafiken, Zeichnungen und Wandbildern sind Kumpel zu sehen: mit Helmen, Stirnlampen, verschmutzter Arbeitskleidung, oft unter Tage, oft als Brigade abgebildet oder in Gespräche vertieft. In Teilen des heutigen Kunstdiskurses, führt Paul Kaiser aus, sei die figurative Darstellung der sogenannten normalen Menschen, wenn sie nicht gleich "Unterschicht" genannt würden, eher ungewöhnlich. In den Museen sehe man das fast nur noch in den historischen Abteilungen der 20er- und 30er-Jahre.
Was die Brigadebilder über ihre Zeit verraten
In der DDR sei das ganz anders gewesen. Sie sei eine "arbeiterliche Gesellschaft" gewesen, die sich in den Bilderwelten niedergeschlagen habe. Dahin müsse man zurückkommen: "Wir müssen zurück zur Arbeit." Arbeitswelten müssten wieder selbstverständlich in der Kunst gezeigt werden. Und diese Ausstellung zeige, dass es das schon einmal gegeben habe. Heute hätten viele Menschen keinen elementaren Bezug mehr zur Arbeitswelt, so Kaiser.
Wir müssen zurück zur Arbeit.
Die Ausstellung verdeutlicht laut Paul Kaiser zudem den Aufstieg und Fall des Arbeiter-Projektes der DDR. Da sieht man in den Bildern Respekt, Solidarität und notwendige Stringenz der Arbeit, aber auch das Selbstbewusstsein der Akteure gerade in den Brigadebildern, die in den 70er-Jahren entstanden sind. "Das sind keinesfalls mehr Jubel-Bilder."
DDR-Kunst noch heute identitätsstiftend
Für Paul Kaiser ist die Popularität der einst als DDR-Kunst bezeichneten Werke von bildenden Künstlern vor allem auf die Darstellung des Lebensalltags der Menschen zurückzuführen. Dass "normale" Menschen damals in die Museen strömten, habe an den Bildgegenständen gelegen. Die Menschen hätten sich "gesehen" gefühlt, das werktätige Volk wertgeschätzt. Das habe zu einer Verschränkung zwischen Künstlern, Publikum und den Akteuren in den Betrieben geführt. Auch heute seien die Bilder noch Projektionsflächen für die Identität ganzer Landstriche.
Also hier (im Osten) stand man zu dieser Kunst, die in der DDR vom Unternehmen beauftragt oder angekauft worden war, und nahm es als Teil der eigenen Identität.
Leipziger Schule: Werke von Heisig und Tübke
"Die Wismut sammelte nicht irgendwen, sondern hat sich sehr früh ausgerichtet auf die Kunst der Leipziger Schule", sagt Paul Kaiser. Deshalb finden sich hier fast alle namhaften Künstler der ersten, zweiten und sogar dritten Generation der Leipziger Schule. Bernhard Heisig und Werner Tübke hätten früh enge Kontakte zur Wismut gehabt, doch der eigentlich erste große Wismut-Künstler sei heute nicht mehr bekannt: Heinrich Witz. Später ging es weiter mit Werner Petzold, Arno Rink, Reinhardt Minkewitz oder Frank Ruddigkeit.
Die Ausstellung soll zu einer Rückbesinnung auf die bindende Kraft in den Arbeitskollektiven der DDR beitragen und damit bei der Identitätsfindung helfen. Das sei gerade heute wichtig, meint Kaiser. Kritiker könnten an die unwürdigen Arbeitsbedingungen in der Wismut erinnern oder den vom Chemnitzer Künstler Michael Morgner 2011 geprägten Begriff der "Unkunst" verwenden, da die Wismut als Auftraggeber der Inbegriff des Stalinismus gewesen sei. Paul Kaiser sieht dem gelassen entgegen: Kritik sei "hochwillkommen" – schließlich fehle derzeit in der Gesellschaft wie im Feuilleton ein "Diskurs verschiedener ernsthaft vorgetragener, argumentativ gestützter Meinungen".
Informationen zur Ausstellung (zum Ausklappen)
"Sonnensucher. Kunst und Bergbau der Wismut"
10. April bis 10. August 2025
Wo?
Historische Baumwollspinnerei 1896, metaWERK AG
Pölbitzer Str. 9
08058 Zwickau
Wann?
Mittwoch bis Freitag 10-17 Uhr, Samstag bis Sonntag 10-18 Uhr, Ostern, auch Montag 10-18 Uhr
Quelle: MDR KULTUR (Anne Sailer)
Redaktionelle Bearbeitung: jb
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 10. April 2025 | 07:10 Uhr