Kommunalpolitik Wie entscheidet Pirna? Zweiter Wahlgang für Oberbürgermeisteramt

16. Dezember 2023, 05:00 Uhr

Im ersten Wahlgang hat in Pirna keiner der fünf Kandidatinnen und Kandidaten die absolute Mehrheit für den OB-Sitz erreicht. Die drei Kandidaten mit den besten Wahlergebnissen gehen in die zweite Wahlrunde am Sonntag. Dann wird sich zeigen, wer die Nachfolge des scheidenden parteilosen Oberbürgermeisters Klaus-Peter Hanke im Rathaus antritt.

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  • Drei Kandidaten treten zum zweiten Wahlgang an, darunter Tim Lochner für die AfD. Sein Erfolg hätte hohen symbolischen Wert.
  • Freie-Wähler Kandidat Ralf Thiele erreichte in der ersten Runde den zweiten Platz. Daher ließ sich der Unternehmer erneut aufstellen.
  • Für die CDU tritt Kathrin Dollinger-Knuth an. Andere Parteien sicherten ihr vor dem Sonntag Unterstützung zu.

Vor knapp drei Wochen hat sich kein OB-Kandidat in Pirna deutlich genug durchsetzen können. Die meisten Wähler-Stimmen erhielt der parteilose Tim Lochner, der für die rechtsextremistische AfD ins Rennen geht. Ihn wählte knapp ein Drittel der Urnengänger. Für den Sieg im ersten Wahlgang hätte er aber eine absolute Mehrheit gebraucht, also mehr als die Hälfte der Stimmen.

Beim zweiten Wahlgang am Sonntag reicht die einfache Mehrheit. Weil drei Kandidaten antreten, könnten dafür je nach Stimmverteilung schon 35 Prozent der Stimmen reichen. Die AfD hofft, dass das ihrem Kandidaten zugutekommt. Auch die anderen Parteien sind sich darüber bewusst.

AfD-Kandidat schweigt

Auf Anfrage von MDR SACHSEN war Lochner vor dem zweiten Wahlgang nicht für ein Interview bereit. Für die AfD hätte sein Erfolg einen hohen symbolischen Wert – bisher stellt die Partei in ganz Deutschland noch keinen Oberbürgermeister. Vergangenen Freitag war der AfD-Landesverband Sachsen als gesichert rechtsextremistisch eingestuft worden.

Tischlermeister Lochner war bereits vor sieben Jahren als unabhängiger Kandidat zur OB-Wahl angetreten und erzielte fast das gleiche Ergebnis. Damals lag Lochner damit aber deutlich hinter dem noch amtierenden Oberbürgermeister Klaus-Peter Hanke, der 2017 im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erzielte. Zur OB-Wahl konnte sich Hanke aufgrund einer Altersbegrenzung nicht wieder zur Wahl aufstellen.

Freie Wähler-Kandidat: Vom Katastrophenschutz über die Wirtschaft ins Rathaus

Zweitplatzierter mit rund 23 Prozent war im ersten Wahlgang der Vorsitzende der Freien Wähler im Kreistag Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Ralf Thiele. Auch sein Name wird am Sonntag auf den Stimmzetteln stehen. Thiele war 2002 zur Jahrhundertflut im Katastrophenschutz des Landratsamtes aktiv. Später wechselte er in die freie Wirtschaft und ist Inhaber mehrerer Hotels.

Vor dem zweiten Wahlgangs zeigte sich Thiele im Gespräch mit MDR Sachsen zuversichtlich: "Ich bin felsenfest überzeugt, dass es genügend Wähler gibt, die sowohl der AfD als auch dem Bündnis um die CDU herum nicht ihr Vertrauen schenken, sondern jemandem, der unabhängig aus der Mitte herauskommt."

Mit den Freien Wählern stehe er für einen kleinen Verein ohne Parteizentrale: "Wir machen nur, was für Pirna wichtig ist, sind frei und überparteilich. Das ist denke ich ist wichtig, dass wir nur den Pirnaern verpflichtet sind."

Wir haben hier keine Parteizentrale, wir machen das was für Pirna wichtig ist. Das ist, denke ich, ganz entscheidend: Dass wir frei und überparteilich sind und nur den Pirnaern verpflichtet sein wollen.

Breite Unterstützung für CDU-Kandidatin

CDU-Kandidatin Kathrin Dollinger-Knuth erzielte in der ersten Runde am 26. November mit mehr als 20 Prozent Stimmenanteil den dritten Platz. Trotzdem ließ sich die Vorsitzende des CDU-Stadtverbandes Pirna für den zweiten Wahlgang aufstellen – und erhält dafür breite Unterstützung. Nicht nur vom Ministerpräsidenten und Parteikollegen Michael Kretschmer, der in Pirna zwei Wahlkampfauftritte hatte.

Auch die OB-Kandidaten der ersten Wahlrunde in Pirna, Ralf Wätzig (SPD) und André Liebscher (parteilos), sagten Dollinger-Knuth ihre Unterstützung zu und verzichteten auf eine erneute Kandidatur. Zuletzt riefen auch die Grünen und der Stadtverband der Linken zur Wahl der CDU-Kandidatin auf.

Im Gespräch mit MDR SACHSEN sagte Kathrin Dollinger-Knuth, im Stadtrat gehe es um Zusammenarbeit: "Man braucht Mehrheitsbeschlüsse. Ein Oberbürgermeister im Rathaus braucht einen Stadtrat, der dann zu vorgeschlagenen Themen auch abschließt und zustimmt."

Dollinger-Knuth will positives Bild Pirnas vermitteln

Das habe zwischen den Parteien, die sie im Bündnis für sich vereint habe, in der Vergangenheit gut funktioniert. Pirna sei eine Stadt in Bewegung, das müsse sich bei der Wahl zeigen. "Wir sind die zehntgrößte Stadt in Sachsen. Wir haben unheimlich viel Potenzial. Wir haben eine tolle Innenstadt, Tourismus. Wir haben jetzt durch die Wahl eine Chance, ein positives Signal zu setzen."

Wir haben jetzt durch die Wahl eine Chance, ein positives Signal zu setzen. Ich möchte die Chance gerne nutzen, dass wir positiv ausstrahlen, vom Rathaus in die Bundesrepublik ausstrahlen und die ganze Welt, weil ich weiß, wie wir gerade angeschaut werden.

Wahlbeteiligung mitentscheidend

Wie der zweite Wahlgang ausgeht, dürfte auch von der Wahlbeteiligung der Pirnaer Bürger abhängen. Die lag im ersten Wahlgang bei rund der Hälfte der 31.000 Wahlberechtigten. Der Politikwissenschaftler Hans Vorländer schätzte in einem Interview mit der "Sächsischen Zeitung", dass CDU-Kandidatin Kathrin Dollinger-Knuth leichte Vorteile im Vergleich zum AfD-Kandidat Tim Lochner haben könnte. Unklar sei dagegen, was mit den Wählerstimmen des Freie Wähler-Kandidaten Ralf Thiele passiere.

MDR (crg/cst)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 15. Dezember 2023 | 19:00 Uhr

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